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Die Frau die nie fror

Die Frau die nie fror

Titel: Die Frau die nie fror Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Elo
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wandern ständig durch den Raum, kehren immer mal wieder zu mir zurück und nehmen dann sofort wieder Reißaus, als hätten sie einen Fehler begangen. Vielleicht hat er ja eine neue heiße Geliebte und will mich nicht mehr. Aber noch beunruhigender ist die Tatsache, dass er so problemlos meiner Bitte nachgekommen ist und mich gleich ins Vertrauen zieht. Vielleicht ist die ganze Operation erheblich lockerer, als Parnell und ich dachten.
    »Du hast es gut«, sagt er. »Kein Ehemann, keine Kinder. Kannst tun und lassen, was immer du willst. Darum beneide ich dich.« Die Kellnerin kommt, und als sie sein frisches Bier auf den Tisch stellt, wandert sein Blick ihren schlanken Arm hinauf zu ihrem Gesicht. »Warum hat das so lange gedauert, Schatz? Ein Mann kann an Durst sterben.«
    Er wartet, dass sie geht. »Wer weiß sonst noch von den Walen?«
    »Niemand. Thomasina und ich, sonst keiner.«
    »Bist du sicher?«
    »Klar.«
    »Lüg mich nicht an.«
    »Ich lüge nicht, Johnny.«
    Er zupft sorgfältig einen Fussel von seiner Jeans, und ich muss an die winzigen Dinge denken, die er zu Hause macht. »Rizzo hätte den Mund halten sollen. Aber ich bin nicht überrascht, dass er’s nicht getan hat. Ich bin ziemlich sicher, von den andern Typen haben auch ein paar geredet. So eine Sache kann man nicht lange geheim halten. Sind einfach viel zu viele Leute daran beteiligt. Aber jetzt spielt das auch keine Rolle mehr. Die ganze Sache wird uns sowieso bald um die Ohren fliegen. Ich spür’s einfach. Jaeger wird zu protzig, und seine Kumpel werden zu routiniert, fühlen sich zu sicher. Sie gehen viel zu viele Risiken ein. Hall will aussteigen, aber ihm fehlt der Mumm, und er hat Angst, dass die Firma den Bach runtergeht. Ganz merkwürdige Sachen sind in letzter Zeit passiert, Leute tauchen an den merkwürdigsten Orten auf. Wie nennt man noch mal dieses Gesetz, über das in der Physik geredet wird? Das besagt, alles wird am Ende zu Scheiße?«
    »Entropie.«
    »Ja.« Er lacht. »Genau das. Hey, du hast es mir mal erklärt. Weißt du noch? Meinst du, du kannst das noch mal tun?«
    »Du hast es doch gerade selbst gesagt, Johnny. Alles wird am Ende zu Scheiße.«
    »Genau. Das Entropiegesetz. Ich wusste, so was gibt’s. Wird irgendwie amtlich, sobald es einen Namen hat.« Er streckt die Hand aus und schnappt sich die neue Flasche, trinkt jedoch nicht. »Dann befindet sich unsere kleine Operation momentan auf der Entropie-Seite der Dinge. Ich denke, nach dieser Fahrt ist es an der Zeit, Kassensturz zu machen. Man muss immer wissen, wann man aufhören muss, stimmt’s? Got to know when to fold ’em  … wer hat das gesungen? Johnny Cash?«
    »Kenny Rogers.«
    »Verdammt. Hätte schwören können, es wäre von Johnny Cash.«
    »Könnte sein. Ich weiß nicht.«
    »Und warum sagst du dann Kenny Rogers?«
    »Ich dachte, es wäre von ihm. Ja, tatsächlich ist es auch von ihm.«
    »Aber du bist nicht sicher.«
    »Ich weiß es nicht, Johnny. Wen interessiert’s denn?«
    »Tu nicht so, als wüsstest du es, wenn du es gar nicht weißt. Mehr sag ich doch gar nicht.«
    »Okay. Ich habe es vernommen.«
    Er legt die Fingerspitzen vor seinem Gesicht gegeneinander. »Wenn du jemals irgendwem auch nur ein Sterbenswörtchen darüber erzählst, was wir da draußen machen, wirst du es bereuen. Das ist dir klar, richtig?«
    »Ja.« Ich halte seinem Blick stand, versuche, mir meine wahren Gefühle nicht anmerken zu lassen.
    Er strahlt eine unheimliche Ruhe aus, die so tief sitzt wie eine gesunkene Galeone, als hätten wir schließlich den dunklen, verborgenen Teil seines Herzens erreicht.
    »Ich meine, du wirst es schwer bereuen, Pirio. Mehr sage ich nicht dazu. Du weißt, wovon ich rede, ja?«
    Ich nicke.
    »Du musst mir jetzt sagen, dass du gehört hast, was ich ge­rade gesagt habe. Sag, du hast es ganz klar gehört. Sprich es aus.«
    »Ja, ich hab’s kapiert, Johnny.« Der Rücken meiner Bluse ist schweißdurchtränkt.
    »Gut. So, sollten wir jemals deswegen aneinandergeraten, kannst du nicht so tun, als hättest du nichts gewusst.« Sein Lächeln ist trocken. Er nimmt lange, tiefe Züge aus seiner Flasche. »Du bist schon ganz aufgeregt, hm? Du denkst, das wird sogar noch besser als Moby Dick .«
    Mein Haar ist offen, schlängelt sich über meine Schulter. Ich streichle es, als wäre es eine Katze. Ich versuche zu lächeln. »Ich weiß nicht. Wie ist es denn, Johnny?«
    »Du meinst, das Töten?«
    »Ja.«
    »Tja, du bist ein blutrünstiges kleines

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