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Die Frau die nie fror

Die Frau die nie fror

Titel: Die Frau die nie fror Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Elo
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und Briefe lagen oben darauf, und tatsächlich auch ein hübsch gerahmtes Foto von Ned und Noah. Dicht aneinan­dergelehnt, Hotdogs in der Hand, im Hintergrund das grüne Monster aus dem Fenway Park, Noah mit einem Senfbart und einem fetten Grinsen im Gesicht. Thomasina steckte das Bild in ihre Handtasche und setzte dann die Suche nach weiteren Aufnahmen fort. Die mittlere Schublade war voller Kram. Sie fing an, darin herumzuwühlen, fand ein paar weitere Fotos. Ein wirklich süßes Bild von Ned, der Noah als Baby auf dem Arm hält. Fast hätte sie geheult. Sie fand sogar ein Foto von sich im Bikini und mit einem großen Strohhut auf dem Kopf, während sie lachend mit einem schleimig aussehenden Stück Seetang nach dem Fotografen schlägt. Die streitlustige Thomasina. Im Rückblick vielleicht zu streitlustig. Dann nahm sie einen großen braunen Umschlag heraus, auf dem Bootskram stand, und öffnete ihn aus einer Laune heraus.
    »Aus einer Laune heraus? Wirklich?«, hake ich nach.
    Sie seufzt. »Ich dachte, es wäre vielleicht eine Versicherungspolice oder so. War’s aber nicht.«
    Stattdessen fand sie alle erforderlichen Dokumente, um in Massachusetts ein Boot registrieren zu lassen: die Eigentums­urkunde, den Kaufvertrag, einen Nachweis über die Zahlung der Mehrwertsteuer, einen Bleistiftabdruck der zwölfstelligen Se­riennummer auf der oberen rechten Seite des Heckbalkens und schließlich den vollständig ausgefüllten Antrag. Alles war da, bis auf die Quittung für die bezahlten Gebühren. Von Rechts wegen hatte Ned nach Erwerb des Bootes zwanzig Tage Zeit, um die Papiere einzureichen. Er war gerade über den Stichtag, als er mitsamt seinem Schiff unterging.
    »Glaubst du, er hatte das Geld nicht?«
    »Nein. Ich glaube, er hat’s einfach nur rausgezögert, zum Registrierungsbüro zu gehen. Er hat viele Dinge auf die lange Bank geschoben.«
    Plötzlich hämmerte jemand recht ungestüm an die Tür. Als sie aufblickte, sah sie draußen vor dem Panoramafenster flackerndes Blaulicht. Es waren zwei Streifenwagen – einer blockierte in der Einfahrt ihren Wagen, der andere stand auf der Straße. Sie unternahm nicht mal den Versuch zu fliehen. Wo sollte sie hin und warum? Also stopfte sie nur die Fotos und den Umschlag in ihre Tasche, ließ die Cops ins Haus und versuchte ganz vernünftig zu erklären, wer sie war und was sie dort machte. Sie war keine Kriminelle. Nein, nur eine frühere Freundin und die Mutter seines Sohnes und so weiter. Aber die Geschichte gefiel ihnen nicht, genauso wenig wie die nächtliche Uhrzeit, das zerbrochene Kellerfenster und die Tatsache, dass Nachbarn angerufen und einen Einbruch gemeldet hatten. Sie legten ihr Handschellen an und verfrachteten sie in einen Streifenwagen. Einer von ihnen hat sie abgetastet. Sie war kurzfristig in Panik geraten, weil sie meinte, ein oder zwei Gramm Koks in der Handtasche zu haben, das sie finden würden. Aber als dann die Cops auf dem Polizeirevier den Inhalt der Handtasche direkt vor ihr auskippten, lag auf dem Tisch nichts Illegales.
    »Gott sei Dank«, seufzt sie. »Die ganze Geschichte wäre noch viel schlimmer ausgegangen, wenn ich was dabeigehabt hätte.« Die ganze Zeit hat sie aus dem Fenster gestarrt, aber jetzt sieht sie mich mit traurigen Augen an. Sie hofft auf ein bisschen Mitleid wegen dieser Tortur.
    Damals auf der Gaston School sind Thomasina und ich nur so aus Spaß in verschlossene Räume eingedrungen. Entweder durchs Fenster oder mit Hilfe eines gestohlenen Schlüssels oder indem wir die Schlösser einfach geknackt haben. Wir haben vorzugsweise Prüfungsaufgaben oder persönliche Dinge von den Schreibtischen der Lehrer geklaut. Uns hat der Krempel überhaupt nicht interessiert; meistens haben wir einfach alles weggeworfen, selbst die Examensaufgaben, die schon genauso langweilig waren, bevor sie gestellt wurden, wie in den eigentlichen Tests. Aber wenn wir was mitnahmen, haben wir uns stark und mächtig gefühlt.
    Also überrascht mich Thomasinas Einbruch nicht wirklich. Auf eine verquere Art hat er sogar etwas Nettes, weil sie es Noah zuliebe getan hat. Was mich allerdings stört, ist ihr Versuch, bei der ganzen Sache doch noch gut dazustehen, nur weil sie keine Drogen bei sich hatte. Als wäre es wichtiger, in diesem Punkt gerade noch mal davongekommen zu sein, als die Tatsache, dass sie Noah allein gelassen hat. Es gehört zurzeit zu Thomasinas generellem Irrsinn, dass sie nichts, was sie tut, vernünftig beschreibt. Sie wirft

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