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Die Frau die nie fror

Die Frau die nie fror

Titel: Die Frau die nie fror Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Elo
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hält – immer noch da, nachdem Krieg, Hungersnot und Pest längst ausgeflogen sind. Unter gar keinen Umständen werde ich zulassen, dass sich dieser kleine Hoffnungsschimmer auf irgendeine Weise an Johnny Oster knüpft. Das wäre echt krank.
    »Wenn’s zu Hause so schlecht läuft, warum lässt du dich dann nicht einfach scheiden?«, will ich wissen.
    »So einfach ist das nicht. Kinder und der ganze Scheiß.«
    »Ja, das hab ich schon mal gehört.« Ich wechsele den Hörer ans andere Ohr.
    »Hey, leg nicht auf. Ich wollte dich noch was fragen. Hat sich dieser Kerl noch mal bei dir gemeldet? Dieser Larry-Typ?«
    Interessant, dass du das fragst. »Du meinst den, über den wir neulich gesprochen haben?«
    »Genau. Hat er noch mal versucht, dich zu erreichen?«
    »Irgendwie interessiert er dich, mhm?«
    »Hat er angerufen?«
    »Nein. Worum geht es denn?«
    »Ich will nur ein bisschen mit ihm plaudern. Der Kerl ist schwer zu finden. Sag mir Bescheid, wenn du von ihm hörst, okay?«
    »Klar, Johnny. Hey, woher wusstest du eigentlich, dass ich am Hafen bin?«
    »Die Möwen.«
    »Klar. Pass auf dich auf.«
    »Du auch, Pirio. Verwähl dich bald mal wieder.«
    Ich stopfe das Telefon in meine Tasche und verfolge Welle um Welle von Bostonern, die mit großen Schritten an mir vorüberziehen. Sie sehen ganz normal aus und wirken auf angenehme Weise beschäftigt. Die meisten von ihnen sind wahrscheinlich verheiratet. Ich muss den Tatsachen ins Auge sehen: Ich bin dreißig und allein. Eine unterschwellige Angst, die mich neuerdings immer wieder mal erfasst, ist, dass ich langsam, still und heimlich unsichtbar werde, unwichtig und belanglos in den ­Augen der Welt.
    Denk nicht zu viel nach , sage ich mir, lebe einfach .
    Ein Teenager düst auf seinem Skateboard an mir vorbei. Völlig unbekümmert, Ohrhörer auf dem Kopf, die karierten Hemdzipfel flattern im Wind. Ich stehe auf und folge ihm mit entschiedenen Schritten Richtung Stadt. Wenn ich so darüber nachdenke, bin ich mir ziemlich sicher, dass die Telefonnummer von Larry Sowieso immer noch in der Tasche des Mantels steckt, den ich auf der Beerdigung anhatte.
    *
    Wozniak. Das ist der Name, der auf den Zettel gekritzelt ist.
    Er meldet sich beim zweiten Klingeln.
    »Warum haben Sie mir nicht erzählt, dass Sie als Ermittler für Jackson Hartwell Marine Insurance arbeiten?«
    Pause. »Wer ist da?«
    »Pirio Kasparov. Die Frau, die Sie auf Ned Rizzos Beerdigung kennengelernt haben. Die Überlebende.«
    »Oh ja, richtig. Ich erinnere mich. Wie geht’s Ihnen?« Er spricht langsam, so als würde er gerade sehr schnell nachdenken.
    »Ich bin neugierig. Ich wüsste gerne, warum Sie neulich mit mir über den Untergang der Molly Jones sprechen wollten.«
    Längere Pause. »Wie haben Sie herausgefunden, dass ich als Ermittler für eine Versicherung arbeite?«
    »Ein kleines Vögelchen hat’s mir gezwitschert.«
    Die nächste Pause ist so lang, dass ich mich irgendwann frage, ob er noch in der Leitung ist. »Vielleicht sollten wir uns mal unterhalten.«
    »Ich dachte, das tun wir gerade.«
    »Von Angesicht zu Angesicht, meine ich.« Plötzlich in Eile, nennt er mir die Adresse eines Cafés und sagt, er werde in einer halben Stunde dort sein.
    Ich bin tief beeindruckt. So schnell und persönlich ist eine Versicherungsgesellschaft noch nie auf meine Wünsche eingegangen.
    *
    Jeder im Café La Roche in der Beacon Street sieht aus wie ein Spion oder wie ein kreatives Möchtegern-Genie. Es ist einer dieser Läden, in denen die Tassen klein sind, kein Mensch Kuchen isst und wo selbst die Kinder in ernst aussehende Bücher vertieft sind.
    Larry Wozniak ist schon da und sitzt an einem Tisch an der Wand. Er trägt einen alten, grauen Pullover, schwarze Jeans und seine hippe schwarze Brille. Sein lockiges Haar ist zurückgekämmt und an den Schläfen leicht ergraut. Er steht auf, als ich näher komme, und fragt, was ich trinken möchte. Ich hätte gern einen großen Latte macchiato, mit doppeltem Espresso, aber ohne Zucker.
    Er geht zur Theke, um zu bestellen, und ich nehme Platz. Er steht an und wartet auf den Kaffee. Er versucht, mich nicht anzustarren. Ich versuche, ihn nicht anzustarren. Es ist alles etwas angestrengt.
    »Wie haben Sie herausgefunden, dass ich Ermittler bin?« Er stellt zwei Tassen auf den Tisch.
    »Ich erzähle Ihnen, wie ich herausgefunden habe, dass Sie Schadensermittler sind, wenn Sie mir verraten, wieso Sie das nicht sagen wollten«, sage ich.
    »Die Leute meinen,

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