Die Frau die nie fror
zufrieden an. »Pirio, du erinnerst dich doch an Max, oder?« Es liegt ein Mix aus festlicher Häuslichkeit und viel gutem Sex in der Luft. Selbst die Samstagmorgensonne, die durchs Fenster fällt, strahlt heute besonders hell.
Ich komme mir vor wie eine sauertöpfische Jungfer, denn meine erste Reaktion ist Ungläubigkeit, meine zweite Misstrauen und meine dritte Weltuntergangsphantasien. Da hilft es auch nicht, dass ich vorbeigekommen bin, um ihr die letzten Neuigkeiten über verdächtige Zahlungen, geheim gehaltene Fahrten und verlogene Versicherungsagenten zu erzählen. Ganz abgesehen von der Sache mit der US Navy, von der sie noch gar nichts weiß.
Ich begrüße Max so höflich ich kann.
Thomasina zieht einen Stuhl heraus. »Setz dich doch!«
In der Bratpfanne spritzt das Öl. Max dreht die Hitze ab und schiebt die Pfanne auf eine kalte Platte. Die Tür zu Noahs Zimmer ist geschlossen.
»Schau mal!« Thomasina setzt sich neben mich und zeigt mir die zierliche Kette, die sie um den Hals trägt. Den kleinen Diamanten hält sie zwischen zwei Fingern, damit ich ihn ausreichend bewundern kann. »Ist er nicht zauberhaft?«
Ich sage, er sei reizend, obwohl wir beide wissen, dass sie wesentlich eindrucksvollere Stücke in ihrem Schmuckkästchen hat und eine Halskette mit einem Diamantanhänger sie nie interessiert hätte. Bis heute.
»Wir brennen darauf, endlich zusammen zu verreisen. Stimmt’s, Max?«
Er ist in ihr Schlafzimmer verschwunden und kommt ein paar Sekunden später zurück, wobei er sich ein T-Shirt über den Kopf zieht. Er sieht besser aus als neulich in der ungesunden, verräucherten Atmosphäre von Murphy’s Pub. Seine hohen Wangenknochen und die roten Lippen verleihen seinem Gesicht etwas Feminines und stehen in einem reizvollen Kontrast zu seinem straffen, muskulösen Körper. Er und Thomasina sind gleich groß, erinnern dadurch ein wenig an Geschwister.
»Wollen wir nicht zusammen wegfahren, Max?« Es scheint ihr sehr wichtig zu sein, von Max eine Bestätigung zu hören. Als würde sie das in meinem Kopf als Pärchen legitimieren. Oder in ihrem. Oder vielleicht seinem.
Er sagt, er würde wahnsinnig gern mit ihr wegfahren und hätte das ganze Jahr noch keinen Urlaub genommen. Er lächelt ins Blaue hinein.
»Nur ihr zwei?« Ich frage mich, wo Noah dann wohl bleibt. Aber die Antwort liegt auf der Hand: bei mir.
Thomasina hängt sich rein. »Nun, wir müssen mal sehen. Wir können auch noch gar nicht richtig planen. Max bekommt sowieso noch nicht frei. Fürs Erste hatten wir auch nur an etwas ganz Einfaches gedacht, zum Beispiel ein Wochenende im Foxwoods Resort.« Sie schenkt ihm ein strahlendes Lächeln.
Er murmelt eine vage, ergebene Einwilligung, und ich stehe wieder einmal fassungslos vor dem unerklärlichen Chaos trauter Zweisamkeit. Thomasina hasst das Glücksspiel. Lange vor ihrem einundzwanzigsten Geburtstag wurde sie ständig von ihrem spielsüchtigen Vater in Kasinos mitgeschleift, der sie vorher aufdonnerte und dann hineinschmuggelte. Und bevor er sie als Erwachsene ausgeben konnte, ließ er sie einfach mit einer Horde viel zu großer Stofftiere, die ihr Gesellschaft leisten sollten, allein im Hotelzimmer zurück. Daher ist ein Resort wie Foxwoods so ziemlich der letzte Ort, an den sie gern gereist wäre. Aber urplötzlich scheint sie von der Idee völlig begeistert und will jetzt Max überzeugen. Dabei kommt er mir wie jemand vor, der normalerweise geradezu versessen darauf wäre, sich in das schicke Leben dort zu stürzen.
Thomasina schenkt mir Kaffee ein, und Max widmet sich wieder den Pfannkuchen und dem Speck. Er erzählt von seiner Arbeit im Massport: Mit anderen Worten, er ist so was wie ein Hafen-Bulle. Kannte Ned seit Jahren und ist gut befreundet mit Johnny Oster. »Wir sind alle ganz dicke, wir Wasser-Ratten«, meint er witzelnd. Er schwingt den Spatel und wendet die Pfannkuchen mit großem Geschick. Ich vermute, Thomasina hat ihm von den Papieren der Molly Jones erzählt, die sie gefunden hat. Sie ist nicht besonders gut darin, interessante Details für sich zu behalten. Max schiebt die Teller über den Tisch und setzt sich. Thomasina tut, als wäre sie ganz überwältigt, beugt sich vor und küsst ihn in den Nacken, was ihm die Röte ins Gesicht treibt.
Ich nehme meine Gabel. »Kommt Noah zum Frühstück?«
Er habe schon gegessen, wird mir gesagt.
Die Unterhaltung verlagert sich auf Fernsehserien. Max und Thomasina erzählen ganz aufgeregt und quasi mit
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