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Die Frau, die niemand kannte: Thriller (German Edition)

Die Frau, die niemand kannte: Thriller (German Edition)

Titel: Die Frau, die niemand kannte: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Pavone
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Waffenschieber sich vor einem Lieferanten verstecken kann, der es auf ihn abgesehen hat. Aber nach ein paar Monaten tauchte er in Brighton Beach auf, was ziemlich idiotisch von ihm war. Kennst du Brighton Beach?«
    »New York City. Das Viertel, das fest in russischer Hand ist.«
    »Exactement. Jedenfalls tauchte er dort auf, entweder zu Besuch oder um sich dort niederzulassen, keine Ahnung. Fest steht, dass er letzten Freitag gegen elf Uhr abends in Begleitung von zwei Männern, beide mittleren Alters, wie er, aus einem Restaurant kam. Eine billige Pinte, in der nur Einheimische essen.«
    Wieder nippt Bill an seinem Wein. Kate fällt auf, dass Julia ihr Glas noch nicht angerührt hat.
    »Der Colonel war noch nie besonders attraktiv, aber er hatte die längste Zeit seines Lebens viel Geld und große Macht. Meistens reicht das aus, um Frauen anzuziehen und sie eine Weile bei der Stange zu halten. Aber ohne Geld läuft leider überhaupt nichts. Also standen er und seine ähnlich unattraktiven Kumpels vor dem Restaurant auf der Brighton Beach Avenue und versuchten, zwei junge Mädchen anzumachen, die auf ein Taxi warteten, um nach Manhattan zu fahren. Sie wollten in einen Club, um sich auf Kosten eines reichen Hedgefondsmanagers mit Champagner zu betrinken und anschließend einen Profibasketballspieler abzuschleppen. Die Mädels waren echt heiß und behaupteten, einundzwanzig zu sein, also werden sie wohl siebzehn oder achtzehn gewesen sein.«
    »Also spielten sie nicht in der Liga des Colonel und seiner Kumpels.«
    »Nicht mal ansatzweise. Aber sie ließen nicht locker. Die Kellnerin beobachtete das Ganze von drinnen und überlegte, ob sie einige ihrer Kollegen bitten sollte, rauszugehen und für Ordnung zu sorgen, oder ob sie sogar die Polizei rufen sollte. Plötzlich tauchte ein weißer Transporter auf, dessen Seitentür noch im Fahren aufgerissen wurde. Zwei maskierte Männer sprangen heraus, und peng-peng , eine Kugel für jeden der beiden Freunde des Colonel, mitten in die Stirn. Das Blut spritzte in hohem Bogen und traf die Mädchen, die sich vor Angst beinahe in die Hose machten. Die Kellnerin fing an zu schreien. Es war das reinste Chaos.«
    »Und der Colonel?«
    »Bekam erst mal eins in die Fresse, dann zerrte ihn jemand in den Transporter, schlug die Tür zu, und der Wagen raste mit quietschenden Reifen davon.«
    »Und ich nehme an, der Transporter hatte kein Kennzeichen.«
    »Rien.«
    »Und dann?«
    »Nichts. Das ganze Wochenende über.«
    »Ein ziemlich langes Wochenende für den Colonel.«
    »Vraiment.«
    »Was soll dieses ständige Französisch, Bill?«, unterbricht Kate.
    »Ich finde, es ist so eine schöne Sprache.«
    »Und?«, fragt Dexter ungeduldig nach.
    »Und auf diese Weise verbessere ich mich.«
    »Nein, nicht Und-was-kannst-du-mir-noch-über-Französisch-erzählen, du Idiot, sondern Und-was-ist-dann-mit-dem-Colonel-passiert?«
    »Schon klar. Am Montagmorgen weigerte sich ein großer Labrador-Retriever, der ohne Leine am Strand herumlief, wieder unter den Holzpfählen herauszukommen.«
    »Der Colonel.«
    Bill nickt. »Seine Arme?«, sagt er. »Abgeschnitten.«
    Kate schnappt nach Luft.
    »Und die Beine auch.«
    »Mein Gott.«
    »Nichts als ein Oberkörper mit einem Kopf dran. Und die Augen?«
    »Ja?«
    »Offen.« Bill nippt an dem teuren Rotwein. »Du weißt, was das bedeutet?«
    Alle wissen es, aber keiner spricht es aus.
    »Er musste zusehen«, sagt Bill. »Der Colonel musste zusehen, wie ihm die Arme und Beine abgetrennt wurden.«

28
    Dexter las Kates Notiz, dann sah er sie an und schließlich auf den Wecker. Es war 04:06 Uhr früh; die Nacht vor dem Abendessen in dem Gourmettempel.
    Kate hatte sich diesen Augenblick stets mit widersprüchlichen Gefühlen ausgemalt – sie hatte ihn hinausgezögert und ihn gleichzeitig herbeigesehnt. Und nun, da er endlich gekommen war, zögerte sie. Weil ihr bewusst war, dass ihr Leben nie wieder so sein würde wie vor dieser Unterhaltung. Und weil sie nicht die leiseste Ahnung hatte, wie es danach aussehen würde.
    Langsam ging sie die Treppe hinunter. Sie biss sich auf die Lippe, plötzlich den Tränen nah. In all den Wochen, in denen sie diese Unterhaltung im Geiste geführt hatte, waren Angst und Wut die dominierenden Gefühle gewesen. Nicht Traurigkeit.
    Würde es nach dieser Nacht überhaupt noch ein gemeinsames Leben für sie geben? Oder war dies das Ende? Würde sie ihre Sachen packen, die Jungs schnappen, zum Flughafen fahren und in die erste

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