Die Frau, die niemand kannte: Thriller (German Edition)
nicht. Deshalb liegt das Geld ja hier, in Luxemburg. Wo es dem Bankgeheimnis unterliegt.«
»Das ist also der Grund, weshalb wir hier sind?
»Im Grunde ja.«
»Wo wir gerade beim Thema sind – können wir wieder nach Hause zurück? In die Staaten?«
»Ja, natürlich.«
»Aber …«
»Aber wir sollten keine größeren Beträge auf einem Konto bei einer amerikanischen Bank haben. Und wir sollten nie mehr als zehn Riesen auf einmal von einem Konto auf ein anderes überweisen. Wir sollten keine Immobilien dort kaufen und keine größeren Beträge ausgeben. Wir sollten in den Staaten auch kein Einkommen haben, deshalb sollten wir unser Haus in Washington auch nicht verkaufen, sondern es weiterhin vermieten. Wir sollten nichts tun, um das Finanzamt irgendwie auf uns aufmerksam zu machen.«
Kate verstand. Sie mussten sich vor dem Finanzamt verstecken, um dem FBI nicht in die Hände zu fallen. »Und der Mann, von dem du es gestohlen hast, der Colonel«, fuhr Kate fort. »Gibt es eine Möglichkeit, dass er dich eines Tages findet?«
»Er sucht nicht nach mir. Ich habe einen Sündenbock gefunden. Einen Mann, der im Verdacht stand, es getan zu haben. Auch er war ein serbischer Exmilitär und Kriegsverbrecher.«
»Und was ist mit ihm passiert?«
»Er ist auch ein Verbrecher, der die Strafe bekommen hat, die er verdient.«
Welche Fragen waren sonst noch offen? »Und dieses Konto mit den fünfundzwanzig Millionen? Die Zahl ist so glatt. Du bekommst keine Zinsen dafür?«
»Nein.«
»Weil du nicht willst, dass du den Gewinn daraus beim Finanzamt angeben musst. Nicht einmal hier.«
»Genau. Weil wir unser hiesiges Einkommen dem amerikanischen Finanzamt melden müssen.«
»Für immer?«
»Für immer. Solange wir amerikanische Staatsbürger bleiben, wird sich daran nichts ändern.«
»Und was können wir dagegen unternehmen?«
»Wir werden unser Einkommen auf das beschränken, was ich mit meinen Investments verdiene, völlig legitim. Was aber noch lange nicht heißt, dass wir uns in unseren Ausgaben einschränken müssen.«
»Sieht dein Plan vor, dass wir das gestohlene Geld ausgeben? Oder wolltest du es nur jemandem wegnehmen, den du hasst?«
»Ich habe geplant, dass wir es ausgeben.«
Kate ließ die Worte einen Moment auf sich wirken. »Und wann?«
»Wenn es sicher ist. Schätzungsweise dann, wenn das FBI uns in Ruhe lässt.«
In diesem Moment, in dieser Flut aus Informationen, klang die Bemerkung durchaus logisch. Erst sehr viel später bemerkte Kate den logischen Fehler in seinen Ausführungen: Wenn Dexter darauf wartete, dass das FBI sie in Ruhe ließ, hatte er bereits gewusst, dass sie ihn auf dem Radar hatten. Und zwar schon bevor sie ihm davon erzählt hatte.
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»Erzähl mir von dem Bauernhaus.«
»Es ist eine offizielle Adresse. Das Haus ist sehr abgelegen. Und es lässt sich nicht überwachen, ohne dass es jemand mitbekommt.«
Notfalls wäre es der perfekte Unterschlupf. Aber Dexter dachte eher an Dinge wie offizielle Adressen. Die Frage nach einem sicheren Unterschlupf war eher Kates Spezialgebiet.
»Du hast ein Auto gemietet, um hinzufahren. Als du behauptet hast, du fährst nach Brüssel.«
»Der Deal stand unmittelbar bevor. Deshalb musste ich für eine Woche eine ganze Reihe neuer Konten eröffnen, um das Geld dorthin überweisen zu können. Die Unterlagen kamen mit der Post. Ich musste sie abholen. Um sie verschwinden zu lassen.«
»Verstehe. Um diese Zeit hast du die Zugangsdaten in der Kommode der Jungs versteckt. Richtig?«
Er wirkte beschämt. »Das war nach der … äh … Transaktion. Als es noch wichtiger wurde, dass keiner von diesem Konto erfährt.«
Kate konnte sich noch genau an den Abend erinnern. »Das war der Tag, als Julias Vater aus heiterem Himmel auftauchte, stimmt’s? Als wir mit ihnen essen waren.«
»Ach ja? Ich erinnere mich nicht mehr daran.«
Das erschien ihr höchst unwahrscheinlich, um nicht zu sagen, völlig ausgeschlossen. Wieder spürte Kate Zweifel in sich aufsteigen. Argwohn. Misstrauen. »So?«
Er zuckte mit den Achseln.
»Und wer war er deiner Meinung nach wirklich?«, fragte sie. »Lester hieß der Typ, stimmt’s?«
»Wahrscheinlich ihr Boss. Oder ein Kollege.«
Einen Moment lang saßen sie schweigend da, jeder für sich in seine Grübeleien über ein und dasselbe Problem versunken.
»Wieso bewahrst du die Konteninformationen nicht in deinem Büro auf? Oder in diesem Bauernhaus?«
»Weil ich nicht erst irgendwo hinfahren wollte, falls
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