Die Frau, die niemand kannte: Thriller (German Edition)
abgezogen«, fuhr Dexter fort, »aber der, den ich im Auge hatte, war ein besonders großer. Diesmal waren es Afrikaner, geradezu grotesk fiese Typen. Das war die perfekte Gelegenheit für mich. Genau die Art komplizierte Transaktion, auf die ich gehofft hatte. Der Colonel hatte eine Flotte MiGs von einem sowjetischen Exgeneral gekauft, die er dann an eine Truppe kongolesischer Revolutionäre weiterverhökerte. Du weißt von dem Krieg, der im Kongo tobt?«
Massaker in der Dritten Welt hatten einst zu Kates Spezialgebiet gehört. Sie war heilfroh, dass sie sich damit nicht mehr zu befassen brauchte. Aber das bedeutete noch lange nicht, dass sie nicht auf dem Laufenden war. Sie würde wohl für den Rest ihres Lebens ein Politjunkie bleiben. »Der tödlichste Konflikt seit dem Zweiten Weltkrieg«, sagte sie. »Mehr als fünf Millionen Opfer.«
»Ganz genau. Deshalb erforderte dieser Deal das volle Vertrauen des Generals, Ivan Velten, das der Colonel sich im Lauf mehrerer Jahrzehnte erarbeitet hatte. Und er erforderte mehrere nahezu zeitgleiche Transaktionen an dem Tag, an dem die MiGs geliefert wurden. Was rein zufällig an Thanksgiving der Fall war.«
Kate nickte. Deshalb hatte Dexter an diesem Tag nicht zu Hause sein können.
»Am Morgen der Transaktion schickten die Kongolesen die Anzahlung an den Colonel, der die Hälfte davon an Velten weiterüberwies. Daraufhin wurde die Hälfte der Jets zu einem Flughafen in der Nähe der angolanischen Grenze gebracht. In der Nacht wurden sie aus Sambia dorthin geflogen, wo der General sie gebunkert hatte, seit er sie von einem Stützpunkt in Kasachstan gestohlen hatte. Nach der Auslieferung sollte der Colonel die zweite Rate an den General überweisen. Er bereitete alles vor, und das Geld wurde von seinem Konto abgebucht. Nur dass das Geld niemals auf das Konto des Generals gelangte.«
»Weil du es auf dein eigenes überwiesen hast.«
»Genau. Folglich schuldete er dem General fünfundzwanzig Millionen Euro, die er nicht hatte. Natürlich versuchte er herauszufinden, was passiert war. Er rief seine Bankberaterin an, aber sie hatte ein Protokoll über das Gespräch, in dessen Verlauf er die Überweisung auf ein Konto bei derselben Bank bestätigt hatte. Sowohl der General als auch der Colonel hatten ihre Konten bei der SwissGeneral, und Überweisungen innerhalb desselben Instituts sind sofort wirksam, weil die Bank ja nachvollziehen kann, dass das Geld tatsächlich existiert. Und ich hatte ebenfalls ein Konto bei der SwissGeneral.«
»Aber konnte die Bank denn nicht nachvollziehen, dass das Geld auf deinem Konto eingegangen war?«
»Doch, konnten sie, und ich bin sicher, dass sie das auch getan haben. Sie fanden ein leeres Konto, das irgendein Typ vor über einem Jahr eröffnet hatte. Aber niemand kannte meinen Namen oder hatte je mein Gesicht gesehen. Und ich habe das Geld auf der Stelle auf ein Konto bei einer anderen Bank überwiesen.«
»Aber konnten sie diese Überweisung denn nicht auch nachverfolgen?«
»Doch, normalerweise ginge das schon. Aber an diesem Tag brach jemand in das Sicherheitssystem der Zentrale in Zürich ein. Monate zuvor hatte ich dort ein Bankschließfach eröffnet. An dem Tag, als der Colonel das Geld überwies, fuhr ich in die Filiale. Man führte mich in einen Konferenzraum und ließ mich allein, damit ich die Kassette öffnen konnte. Darin lag ein WAP – das ist ein kleines Gerät, das als Schnittstelle für die elektronische Kommunikation eingesetzt wird und das wie ein Stromkabel aussieht –, das ich in den Router unter dem Konferenztisch steckte. Dann ging ich wieder. Der Router gewährleistet den Zugang zum Hauptrechner, und das WAP sendete ein Signal aus, das es mir erlaubte, von außen darauf zuzugreifen.«
»Aber wieso hast du nicht gleich im Konferenzraum auf das System zugegriffen?«
»Hätte ich die terrestrische Leitung genutzt, hätte mich der Administrator mit einer Fangschaltung innerhalb kürzester Zeit genau lokalisieren können. Außerdem wollte ich es nicht tun, weil ich dachte, dass sie sofort das Gebäude sperren, wenn sie merken, dass jemand in ihr System eingedrungen ist.«
»Und haben sie es getan?«
»Ja, aber zu diesem Zeitpunkt saß ich bereits wieder in meinem Hotel direkt nebenan. Mein Zimmer ging auf die Straße hinaus. Deshalb konnte ich die Antenne so positionieren, dass ich das WAP-Signal empfangen konnte.«
»Und wie hat das funktioniert, rein technisch, meine ich?«
»Ich hatte es bei einer
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