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Die Frau, die niemand kannte: Thriller (German Edition)

Die Frau, die niemand kannte: Thriller (German Edition)

Titel: Die Frau, die niemand kannte: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Pavone
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hatten Kate und Dexter an einer vom American Women’s Club organisierten Weinprobe teilgenommen, ein Schulfest besucht und waren im Kino und im Theater gewesen. Sie waren bei anderen Familien zum Abendessen gewesen und hatten sie zu sich nach Hause eingeladen. Inzwischen hatten sie eine Handvoll Bekannte. Aber eigentlich waren es Kates Bekannte, und Dexter war als ihr Ehemann mitgekommen. Bill Maclean hingegen war Dexters Freund, und Kate wollte ihm diese Freundschaft nicht wegnehmen. Er sollte nicht einmal den Verdacht bekommen.
    Zweitens wollte sie nicht zugeben, dass ihre Neigung, anderen Leuten im Internet nachzuschnüffeln, das Ergebnis ihres jahrelangen Misstrauens gegenüber anderen war; eine Angewohnheit, die darauf zurückzuführen war, dass sie um ihre eigene mangelnde Vertrauenswürdigkeit wusste.
    »Oh, oh.« Bill grinste verschmitzt. »Jetzt hast du mich erwischt.«
    »Wobei?«
    Und drittens durfte Dexter unter keinen Umständen erfahren, dass Bills sexuelle Anziehungskraft ebenfalls ein Grund dafür war, dass sie den Macleans auf den Zahn fühlen wollte.
    »Na ja, meine Frau ist verreist. Sie ist heute Morgen nach Brüssel gefahren.«
    Also hatte Kate beschlossen, Dexter nichts von der Phantomexistenz der Macleans zu erzählen, zumindest so lange nicht, bis sie Genaueres über sie in Erfahrung gebracht hatte. Oder bis ihr Versuch, mehr herauszufinden, ins Leere führte, was wiederum einiges aussagen würde.
    »Deshalb mache ich einen kleinen Spaziergang« – Bill trat einen Schritt näher, dann noch einen – »und suche mir eine Frau, mit der ich den Tag im Bett verbringen kann«, flüsterte er ihr ins Ohr.
    Kate fiel die Kinnlade herunter.
    Bills Lächeln wurde noch breiter. Er fing an zu lachen. »Das war ein Witz«, erklärte er und schwenkte eine kleine Einkaufstüte. »Ich habe etwas aus dem Computergeschäft gebraucht.«
    Sie verpasste ihm einen – nicht allzu heftigen – Schlag auf die Brust. »Mistkerl!« Sie musterte ihn neugierig, und er hielt ihrem Blick mit provozierender Offenheit stand. Das Ganze könnte durchaus nett werden. Vielleicht würde es Kate und Bill ja guttun. Vielleicht sogar allen vieren. Ein harmloser kleiner Flirt. So etwas tat schließlich jeder.
    »Das war ja eine ziemlich scharfe Nummer, die du da in Paris abgezogen hast«, sagte sie. »Sehr mutig. Und so männlich.«
    »Ach.« Immer noch scherzhaft. »Das war doch gar nichts.«
    »Wo hast du das gelernt?«
    »Ich habe gar nichts gelernt«, gab er zurück. »Das waren einfach meine blitzschnellen Reflexe.«
    Das schien nicht ganz der Wahrheit zu entsprechen, doch Kate war klug genug, nicht weiter nachzubohren. »Ist Julia wirklich in Brüssel?«
    »Ja. Sie wollte sich mit einer alten Freundin treffen, die gerade dort ist. Keine Ahnung, wie die Leute auf die Idee kommen, ausgerechnet nach Brüssel zu fahren.«
    »Eine alte Collegefreundin?«
    »Nein.«
    »Wo war Julia eigentlich auf dem College?« Kate blickte Bill forschend in die Augen, sah jedoch keinen Hinweis darauf, dass er ihr auszuweichen versuchte.
    »University of Illinois.«
    »Und du? Welche ist deine Alma Mater?«
    »Wow.«
    »Was denn?«
    Bill sah nach links, dann nach rechts. »Mir war nicht bewusst, dass ich mitten in einem Bewerbungsgespräch stecke, hier, auf offener Straße. Wie du weißt, war ich nur auf der Jagd nach einem kleinen Flirt.« Er grinste. »Aber wo wir schon mal dabei sind, muss ich natürlich fragen – wie viel ist Ihnen diese Position denn wert?«
    »Das«, gab Kate zurück, »hängt von einer ganzen Reihe von Faktoren ab.«
    »Zum Beispiel?«
    »Zum Beispiel davon, wo du deinen Abschluss gemacht hast.«
    Ein Anflug von Verwirrung – vielleicht sogar Besorgnis – flackerte in seinen Augen auf und zog flüchtig über seine Stirn. Doch das Lächeln um seine Lippen war wie festbetoniert. »Chicago.«
    »Uni?«
    »Genau.«
    »Nicht übel. Hauptfach?«
    »Flexibel.«
    Sie zog eine Augenbraue hoch.
    »Sagen wir einfach, das Studium war interdisziplinär.«
    »Hmm. Verstehe. Letzte Position?«
    »Seniorpartner in einer kleinen Währungshandelsfirma.«
    »Weshalb bis du dort weggegangen?«
    »Die Firma ging pleite«, sagte er mit einem Anflug von Endgültigkeit in der Stimme, der verriet, dass dieser Teil des Spielchens vorüber war. Trotzdem lag noch immer dieses leicht blasierte Lächeln auf seinen Zügen, dieser Ausdruck höchster Selbstzufriedenheit, wie man ihn an Männern beobachten kann, die einfach alles beherrschen –

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