Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Frau, die niemand kannte: Thriller (German Edition)

Die Frau, die niemand kannte: Thriller (German Edition)

Titel: Die Frau, die niemand kannte: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Pavone
Vom Netzwerk:
Julia und Bill richtig lag, würden sie ihr auf die Schliche kommen. Bill könnte Dexter fragen oder Julia die Telefonrechnung überprüfen oder die Wahlwiederholungstaste drücken, wenn Kate weg war.
    Also musste der Anruf echt sein. Und um der Glaubwürdigkeit willen – Julia, Dexter und sich selbst gegenüber – hatte Kate tatsächlich überstürzt das Apartment verlassen und die Schlüssel und ihr Telefon auf dem Küchentresen liegen gelassen.
    »Bonjour. Dexter Moore.«
    »Hi«, sagte Kate. »Ich habe die Schlüssel zu Hause vergessen. Könnten wir uns kurz zu Hause treffen?«
    »Herrgott noch mal, Kat.«
    Sie hatte gewusst, dass er sauer sein würde. Genau darauf hatte sie gesetzt. Er war bereits um sieben Uhr früh aufgebrochen, weil er viel zu tun hatte. Ein wichtiger Tag, hatte er gesagt. Deshalb hatte sie sich ja ausgerechnet diesen Tag ausgesucht. Damit er wütend werden und sie »Musst du mich so anschnauzen, Dexter?« sagen, die Augen verdrehen und den Finger heben konnte, als bitte sie um Nachsicht, ehe sie ins Gästezimmer ging und die Tür hinter sich schloss, um bei der Auseinandersetzung mit Dexter keine Zeugen zu haben.
    Kate sah sich um – das Bett war gemacht, aber nicht perfekt. Eines der vier Kissen war knittrig und zerknautscht, als habe jemand darauf geschlafen, es aber anschließend nicht aufgeschüttelt.
    »Ich habe meine Schlüssel doch nicht mit Absicht vergessen«, sagte Kate.
    Ein Buch lag auf dem Nachttisch neben dem Bett, ein Taschenbuch mit einer weitläufigen Landschaft, einem weiblichen Autorennamen und einem nichtssagenden Titel. Frauenunterhaltung. Daneben ein Wasserglas. Eine Schachtel Papiertaschentücher. Lippenbalsam.
    Julia schlief hier. In diesem Bett. Nicht im Ehebett.
    »Ich wollte mich gerade auf den Weg machen«, sagte Dexter, »zu einem Termin.«
    Der Schreibtisch war klein und aufgeräumt, der Laptop zugeklappt. Nirgendwo lagen Unterlagen herum, abgesehen von zwei Umschlägen, adressiert an eine Straße in Limpertsberg und an eine Firma namens WJM, S. A. – die Abkürzung von société anonyme , dem Äquivalent der GmbH oder dem englischen Ltd. William J. Maclean, Inc., vermutete Kate.
    Der Schreibtisch hatte eine Schublade, die sie jedoch nicht öffnen konnte, weil sie unmöglich eine plausible Erklärung dafür liefern könnte, falls Julia sie erwischte.
    In der Ecke stand ein Kombigerät aus Scanner, Fotokopierer und Drucker. Auf dem Schreibtisch lagen mehrere Visitenkarten. Kate zog ein Taschentuch aus ihrer Hosentasche und ging die Karten mit seiner Hilfe durch, ohne dass ihre Finger sie berührten. Darunter war eine von einem Tennisclub. Julia spielte kein Tennis. Bill hingegen schon. Kate nahm sie mit dem Taschentuch vorsichtig hoch und schob sie in ihre Tasche.
    »Das verstehe ich ja, Dex, tut mir leid.«
    Sie ging zum Nachttisch, griff mit dem Taschentuch nach dem Lippenbalsam und ließ ihn ebenfalls in ihre Tasche fallen.
    Sie fragte sich, womit sie es hier zu tun hatte. War die Ehe der beiden unglücklich, litt Julia unter chronischer Schlaflosigkeit, hatte sie sich eine Erkältung eingefangen und wollte ihren Mann nicht stören?
    Oder war die Erklärung viel ungewöhnlicher?
----
    »Und Dexter kommt erst spät«, sagte Kate. »Er verspätet sich grundsätzlich, wenn er Termine hat. Es dauert alles immer länger als erwartet, deshalb brauchen wir nicht vor ein Uhr zurück zu sein.«
    »Okay«, rief Julia aus dem Badezimmer. Kate wusste, dass Julia ohne perfektes Make-up keinen Fuß vor die Tür setzte.
    Kate trat an das Fenster, durch das man den Palast sehen konnte. Es war keine Fahne gehisst, also war kein Mitglied der Adelsfamilie zu Hause. Der Palasthof war ebenfalls leer, bis auf eine einzelne Wache, die sichtlich gelangweilt mit dem Gewehr auf der Schulter am hinteren Tor stand. Dieses Fenster war ein hervorragender Aussichtspunkt.
    Der Anfang war nie das Problem. Weder bei einem Banküberfall noch bei einer außerehelichen Affäre. Hinein kam man leicht. Entscheidend war, dass man wieder herauskam.
    »Wollen wir?« Sie und Julia würden in ein Einkaufszentrum fahren, um den Vormittag herumzubringen.
    »Ja.« Kate drückte einen kleinen Knopf auf ihrer Armbanduhr, wandte sich von dem Fenster ab, das auf die Rue de l’Eau hinausging, und folgte Julia aus dem Apartment. Sie betraten die winzige Aufzugkabine und fuhren sechs Stockwerke nach unten in die Garage, wo sie in Julias Mercedes stiegen. Die Parkgarage führte auf eine andere Straße

Weitere Kostenlose Bücher