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Die Frau, die niemand kannte: Thriller (German Edition)

Die Frau, die niemand kannte: Thriller (German Edition)

Titel: Die Frau, die niemand kannte: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Pavone
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Treppe hinauf. Als das Paar ins Treppenhaus trat, sah Kate auf und mimte ein überraschtes Lächeln. »Bonjour«, sagte sie.
    »Bonjour«, sagte der Mann, ehe die Frau sie ebenfalls leise grüßte. Die beiden blieben oben stehen, um Kate vorbeizulassen.
    »Est-ce que je peux vous aider?«, erkundigte sich der Mann.
    Kate sah ihn ausdruckslos an, obwohl sie ihn ganz genau verstanden hatte.
    Er versuchte es auf Englisch.
    »Oh!« Kate lächelte. »Nein danke. Ich besuche Bill Maclean.«
    Der Mann lächelte verkniffen, während die Frau schwieg.
    Kate schob sich an ihnen vorbei. »Danke.«
    Ihr Herz raste. Und das war noch der einfachste Teil gewesen.
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    Bills Büro befand sich in der obersten Etage hinter einer von zwei Türen in einem kurzen, gut beleuchteten Korridor. An der ersten Tür befand sich kein Schild. Bills Tür war, wie erwartet, verschlossen. Sie trat ans Fenster am Ende des Flurs und öffnete es – sämtliche Fenster in Luxemburg waren seitlich und oben mit Scharnieren versehen und funktionierten nach demselben Prinzip.
    Sie beugte sich hinaus und suchte die Fenster und Fensterbretter nach einer Möglichkeit zum Einsteigen ab. Der Innenhof war mit zahlreichen immergrünen Bäumen bepflanzt, hinter denen das Nachbarhaus nicht zu erkennen war.
    Kate kehrte in den mit Steinkacheln gefliesten Korridor zurück. Vor Bills Tür lag eine Fußmatte, neben der Tür befanden sich ein Messingschild mit seinem Firmennamen sowie ein Türsummer. Es gab drei Schlösser, eines davon ein ziemlich aufwendiges, wie es schien. Das Licht stammte von zwei nach oben gerichteten Wandleuchten und dem breiten, vorhanglosen Fenster. Auf den ersten Blick konnte Kate nirgendwo eine Überwachungskamera ausmachen.
    Sie ging in die Knie, griff in ihre hintere Tasche und zog ein abgenutztes Ledersäckchen heraus, das von einem Gummiband zusammengehalten wurde und eine Auswahl Minischraubenzieher, Bolzen mit Gummigriff und Zangen enthielt. Sie beugte sich vor und machte sich an die Arbeit. Mit den beiden ersten Schlössern würde sie sich gar nicht erst herumschlagen – sie waren primitiv und dienten mehr zur Abschreckung, als dass sie nennenswerten Schutz böten.
    Auch wenn sie hier oben für sich war und den Luxus hatte, ungestört arbeiten zu können, hatte sie nicht ewig Zeit. Und Schlösserknacken war noch nie ihre Stärke gewesen. In Lateinamerika spielten Schlösser eine eher untergeordnete Rolle – alles, was es dort zu schützen galt, war so wertvoll, dass man einen bewaffneten Wachmann davor postierte.
    Dafür war das Kartenlesen umso wichtiger gewesen. Aus diesem Grund war sie eine wahre Meisterin darin. Dasselbe galt für Waffen. Reinigen, Reparieren und Abfeuern – das waren ihre Spezialgebiete. Sie hatte eine ganze Reihe spanischer Dialekte lernen müssen, auch Slang und ganz besonders die vielen vulgären Ausdrücke für die menschlichen Genitalien. Sie war in einer Küstenstadt in Connecticut aufgewachsen, die unter dem massiven Einfluss lateinamerikanischer Einwanderer zunehmend heruntergekommen war. Was zumindest den Vorteil gehabt hatte, dass sie auf der Straße jede Menge mieses Spanisch lernen konnte. Anständiges Spanisch hingegen hatten ihr all die schlecht bezahlten Babysitter beigebracht, die ihre Eltern sich anfangs noch hatten leisten können, damit sie sich nach der Schule um Kate und ihre Schwester kümmerten. So hatten kleine, stämmige Frauen namens Rosario oder Guadeloupe sie in Empfang genommen, als sie, damals in der ersten und dritten Klasse, um drei Uhr nachmittags nach Hause gekommen waren.
    Gelegentlich hatte Kate auch einen zivilen Hubschrauber oder kleine Propellermaschinen fliegen müssen. Sie hatte zwar gelernt, beide Typen zu bedienen, im Zuge ihrer paramilitärischen Standardausbildung jedoch nur die Grundkenntnisse erworben.
    Sie hatte kleine Mengen Kokain aus verschiedenen geografischen Regionen geschnupft und einen Joint geraucht, außerdem wusste sie, wie es sich anfühlen würde, wenn jemand versuchen sollte, ihr einen Roofie oder eine Dosis LSD unterzujubeln.
    Sie konnte sich jede zehnstellige Zahl merken, nachdem sie sie einmal gehört hatte.
    Sie konnte einen Menschen töten.
    Nur dieses Schloss knacken, das konnte sie nicht, und sie wollte auch keine Zeit mit etwas vergeuden, das ohnehin hoffnungslos war.
    Sie näherte sich der zweiten Tür, an der sich derselbe Messingtürknauf und derselbe Türsummer befanden. Kein Firmenschild, keine Fußmatte. Sie fuhr mit dem Finger

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