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Die Frau, die vom Himmel fiel: Roman (German Edition)

Die Frau, die vom Himmel fiel: Roman (German Edition)

Titel: Die Frau, die vom Himmel fiel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Mawer
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herzustellen. Wir wissen nicht genau, wie schnell sie sich bewegen. Vielleicht mit einem Zehntel der Lichtgeschwindigkeit. Die damit einhergehende Energie ist riesig. Wir sprechen von Elektronenvolt. Jedes Uranatom, das sich so spaltet, setzt zweihundert Millionen Elektronenvolt Energie frei. Das ist …« Er schien zu überlegen, wie er es am besten ausdrücken sollte. »Ach, winzig, nutzlos, reicht gerade mal, um ein Sandkorn zu bewegen. Du kannst nichts damit anfangen, das heißt in praktischer Hinsicht. Aber jedes Kilogramm Uran enthält eine gewaltige Zahl von Atomen – stell dir eine Fünfundzwanzig vor mit dreiundzwanzig Nullen dahinter, das ist die Zahl. Wenn alle Atome sich in dieser Kettenreaktion nacheinander spalten, musst du die Energiemenge, die jeder Kern freisetzt, mit der Gesamtzahl von Atomen multiplizieren. Du hast schlagartig eine ungeheure Energiemenge. Verstehst du, was ich meine? Sie ist potenziell unbegrenzt.«
    Sie dachte daran, wie Clément versucht hatte, ihr seine Arbeit zu erklären. Das ist genau wie bei unserem Kriegsspiel, hatte er gesagt: mit unvollständigen Informationen im Unsichtbaren herumtasten und hoffentlich herausfinden, was möglich ist. Und möglich war eine Art Bombe. Sie dachte an das allerletzte Mal, das sie zusammen gewesen waren, an Ostern in Paris, mit ihrem Vater und Ned, kurz nach ihrem siebzehnten Geburtstag. Sie waren eng nebeneinander spazieren gegangen. Dann und wann hatten sich ihre Hände berührt. Du musst keine Angst haben, hatte er gesagt.
    »Du hörst nicht zu, stimmt’s?«, sagte Ned. »Du passt nicht auf.«
    »Doch, tu ich.«
    »Entscheidend ist, dass du eine ausreichend große Menge Uran hast. Darauf kommt’s an. Erinnere dich, was ich vorhin gesagt habe: Atome sind in der Hauptsache rein gar nichts. Die Kerne sind wie Staubpartikel in einem leeren Raum, schwer zu treffen und zu weit auseinander. Neutronen können lange rumfliegen, bis sie mit einem zusammenstoßen, und wenn du nicht genug Masse hast, verschwinden die Neutronen einfach, ehe sie wirklich andere Atome treffen. Francis Perrin, der auch zu Joliots Team gehörte, hat eine Schätzung aufgestellt, wie viel Uran nötig wäre, um eine Kettenreaktion auszulösen. Er nannte das die masse critique . Er schätzte diese kritische Masse auf vierundvierzig Tonnen. Oder mit einer Ummantelung, durch die die verschwindenden Neutronen wieder in die Masse zurückgeworfen werden, bloß dreizehn. Er hat seine Berechnungen in den Comptes Rendus veröffentlicht, also für jedermann zugänglich. Alles, was ich dir erzählt hab, ist vor dem Krieg veröffentlicht worden, sodass jeder es lesen und selbst weiter daran forschen konnte. Aber kurze Zeit später hat Joliots Gruppe bei der Caisse Nationale de la Recherche Scientifique ein geheimes Patent mit dem Titel »Perfectionnements aux charges explosives« angemeldet. Es ist das Patent für die Herstellung einer Atombombe.«
    Es war ein schöner Tag. Er hätte kalt und trist sein müssen, ein Unwetter erahnen lassen. Doch stattdessen schien die Sonne, und das Laub glänzte im Licht.
    »Und diese ganze Arbeit wurde in Paris geleistet?«
    »Ausschließlich in Paris. Am Collège de France und in ihrem anderen Labor in Ivry. Du bist mal mit Papa ins Collège gekommen, weißt du noch?«
    »Natürlich. Wir haben dich und Clément zum Mittagessen abgeholt.«
    »Die Stimmung beim Essen war nicht die beste.«
    »Du hast dich wegen jeder Kleinigkeit aufgeregt.«
    »Ich hab mich darüber aufgeregt, wie Clément um dich rumscharwenzelt ist.«
    Damals hatte sie nicht gewusst, wie ihr geschah, aber jetzt verstand sie Neds komplizierte und verschachtelte Eifersuchtsgefühle. Nach dem Essen hatten sie einen Spaziergang am quai gemacht, wo Künstler Bilder mit den üblichen Motiven verkauften: die Kathedrale direkt gegenüber am anderen Ufer der Seine und der Eiffelturm und nostalgische Ansichten von den Gassen in Montmartre. Clément war ihr nicht von der Seite gewichen, während Ned dazu verdonnert gewesen war, mit ihrem Vater vorauszugehen. Er hatte sich zu ihnen umgedreht und ärgerlich »Beeilt euch!« gerufen. »Wir müssen zurück ins Labor.«
    Clément hatte ihn nicht beachtet, sich nah zu ihr gebeugt, um mit ihr zu reden, hatte mit ihr gelacht, sie geneckt. »Ich nehm dich gern auf den Arm«, sagte er, und sie hatte verschämt gedacht, wenn er sie doch nur mal in den Arm nehmen würde.
    »Und welche Rolle hat Clément bei alldem gespielt?«
    »Er hat an dem Problem mit

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