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Die Frau, für die ich den Computer erfand

Die Frau, für die ich den Computer erfand

Titel: Die Frau, für die ich den Computer erfand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Christian Delius
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Rechnung über Flattereigenschaften. Es waren die Flatterfachleute, die meine Rechner brauchten   … Rudi, eine schöne Flasche Riesling hätten wir gern. Die beste, die ihr habt im Keller. Möglichst Mosel, sonst ein solider Rheinhesse   … Also hab ich den Flatterfachleuten ein Spezialmodell entwickelt, mit Relais, Binärsystem, Schrittschaltern, da wurden diese Rechnungen vollautomatisch gemacht. Das Ding hat zwei Jahre lang Tag und Nacht gearbeitet   … Ich seh Sie schon unruhig werden. Natürlich, das Bomben-Argument, die altehrwürdige Wissenschaft der Ballistik. Ich seh schon an Ihrer Nasenspitze, Sie wissen nicht genau, ob Sie mir das nun vorhalten sollen, dass dies Spezialmodell für fliegende Bomben gebaut war und nicht für Flugzeuge. Dabei würde ich es Ihnen wirklich nicht übelnehmen, wenn Sie jetzt danach fragen. Wer wird denn auf seine alten Tage noch Schuldgefühle hegen! Oder, was noch schlimmer ist, sich welche einreden lassen. Wissen Sie, ich hab mir abgewöhnt, da lange drumherum zu reden. Das Gerät für die Flügelvermessunghat hauptsächlich zur Entwicklung ferngesteuerter Bomben gedient, zum Schiffeversenken, fertig, Punkt, aus. Vielleicht haben wir damit die Alliierten bei ihrer Landung in Italien oder Frankreich etwas aufgehalten, ein oder zwei Stunden oder drei. Genügt Ihnen das? Ja, das einzige Gerät mit einem direkten militärischen Nutzen, das ich gebaut habe. Natürlich hat es auch zur Verbesserung der allgemeinen Flugsicherheit beigetragen   … Also, Sie dürfen mir ruhig ein wenig dankbar sein, wenn uns hier auf dieser schönen Terrasse kein Flugzeug auf den Kopf fällt und wenn Sie da oben auf Ihren Reisen nach Berlin oder Alaska oder meinetwegen nach Singapur ziemlich sicher unterwegs sind, ohne das große Flattern   … Nein, ich werd Ihnen jetzt keinen Vortrag halten über den Krieg als Vater aller Dinge. Sie erinnern sich, was die Militärs meinten, als ich Ihnen meine Angebote vorlegte: Was glauben Sie, wann wir den Krieg gewonnen haben?   … Die amerikanischen und englischen Computer-Pioniere haben bei den Bomben auf Deutschland geholfen, ich als der einzige Deutsche auf diesem Sektor war beteiligt auf unserer Seite, wir wollen nicht aufrechnen   … Das müssen Sie mir nicht sagen   … Hitler hat angefangen, nicht ich. Ich habe ganz zivil angefangen, aus eigener Initiative   … Und meine Verluste   … Nein, ich werd mir den schönen Abend nicht verderben mit der Klage über die Kreuzberger Trümmerhaufen   … Richtig, wahrscheinlich wäre mehr aus mir geworden in Friedenszeiten.Aber ich konnte mir meine Zeit nicht aussuchen, junger Mann   … Darauf antworte ich nicht, das hab ich immer gesagt, auf Fragen zur Atombombe antworte ich nicht, bevor meine amerikanischen Kollegen sich nicht offen dazu geäußert haben   … Und beim nächsten dieser Spezialrechner, auch für Henschel, kam plötzlich König Zufall vorbei, vielleicht war es auch Herr Mephisto, und schon war wieder was gelungen. Eine Erfindung, ja, von der spricht man selten heute, eine bahnbrechende, bahnbrechend ist eigentlich ein zu milder Ausdruck: die erste Prozess-Steuerung, der erste Prozessrechner der Welt! Mit Analog-Digital-Wandlern! Kein Mensch hat sich dafür interessiert anno Vierundvierzig – heute finden Sie keine Fabrik mehr ohne solche Maschinen. Nur mit Ada hab ich das etwas zweifelhafte Glück geteilt: Das Problem der sich selbst steuernden Maschine ist gelöst! Herr Mephisto war dabei, den spürte ich im Nacken, den hörte ich flüstern: Diesen Draht noch, und dann steuern die Daten das Programm, dann regieren die Maschinen über die Maschinen und nicht mehr die Menschen und nicht du, du kleiner Wicht, du Möchtegern-Faust! Ich hab Ada in die Augen geschaut und den Draht nicht gelegt. Das haben dann später andere gemacht, ohne Skrupel. Das Gerät ist ein einziges Mal gelaufen, in einem ausgelagerten Henschel-Werk weit weg im Sudetenland. Plötzlich kam der Befehl zur Demontage, da hieß es Hals über Kopf abhauen, die Russen rückennäher, also das gute Stück dem Feind überlassen, nur die Konstruktionsunterlagen gerettet   … Ich greife vor, verzeihen Sie   …

(Die Alten reden zu wenig)
     
     
     
    Wissen Sie, manchmal denk ich, warum erzähle ich Ihnen das alles? Bestimmt sehe ich in Ihren Augen in jeder Stunde mehr wie ein alter Angeber aus, der am Ende seines Lebens noch einmal die große Leier schlägt und sich auf die Brust klopft. Dabei hat man mir früher

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