Die Frau im Kühlschrank
ein paar Schritte vorwärts, unsicher, ob meine Beine mich tragen würden.
Der Polizist in der Küchentür sagte scharf: »Wohin wollen Sie?«
Der andere tauchte hinter mir auf. Das Gesicht war jetzt genauso bleich wie das Haar. »Bleiben Sie hier«, sagte er. »Das hier muß …« Er brach ab und wandte sich an den Kollegen. »Ruf auf der Wache an. Um das hier sollen sich die andern kümmern.«
Der große, sehnige nickte. Frau Eliassen kam durch den Flur herein mit einem betretenen Gesicht. Der Polizist fragte: »Kann ich hier irgendwo telefonieren?«
Sie nickte und trocknete ihre Hände an der Schürze ab. »Ich werd Sie nach unten begleiten.«
Sie verschwanden. Der helle Polizist und ich starrten uns an. Keiner von uns sagte ein Wort. Es gab nichts zu sagen.
Nach einer Weile kam der andere wieder herauf. »Bertelsen kommt selbst. Wir sollen warten, hat er gesagt. Und aufpassen, daß nichts berührt wird.«
Ich ging zum Fenster und starrte hinaus. Ich fühlte ihre Augen im Rücken, aber ich drehte mich nicht um. Eine ältere Dame ging vorbei, in einem schwarzen Mantel, mit einer braunen Tragetasche und einem aufgespannten Regenschirm mit blau-grünem Muster. Sie ging vorsichtig über das glatte Pflaster und trat breitbeinig auf, um das Gleichgewicht zu halten. Ich folgte ihr mit dem Blick, bis sie am oberen Ende der Straße verschwand.
Ich blieb am Fenster stehen, bis zwei weitere Wagen vor dem Haus hielten. Polizisten in Zivil sprangen heraus und starrten zu mir herauf, bevor sie ins Haus gingen. Der Mann, der zuerst ins Zimmer kam, hatte ein langes, schmales Gesicht und trug einen hellen, beigen Mantel. Er nickte kurz den zwei Wachtmeistern zu und sah mich eine oder zwei Sekunden lang forschend an. Ich stand jetzt mit dem Rücken zum Fenster, und es tropfte noch immer von meinen nassen Haaren.
Er war ein Mann von ungefähr Ende Vierzig. Die Lippen waren schmal, die Augen blickten kalt und prüfend, und das hagere Gesicht wirkte wie versteinert. Sein Sprachstil war knapp, der Tonfall knochentrocken. Er fragte einen der Wachtmeister: »Na, wo ist es?«
Der Wachtmeister zeigte mit dem Finger zur Küche. Mehrere andere kamen jetzt ins Zimmer.
»Johansen, du kommst mit. Fredriksen – bleib hier.« Der Mann mit dem schmalen Gesicht blickte zu mir herüber, um Fredriksen zu verstehen zu geben, warum er dableiben sollte.
Fredriksen war ein etwas dicklicher, krummnackiger Kerl, der unsymmetrisch gewachsen war, so daß die ganze Figur etwas von einer Birne hatte. Johansen war ein unruhiger, dünner Typ mit dunklem Haar und kärglichen Bartstoppeln.
Der Mann, der die Befehle erteilte, trug das Haar gerade über den Schädel gekämmt, mit einem zarten Scheitel direkt über dem linken Ohr. Das Haar schnitt dem länglichen Gesicht die Spitze ab, so daß es ein langgestrecktes U bildete. Er und Johansen verschwanden in der Küche.
Fredriksen kam zu mir herüber, und ich sagte: »Ich nehme an, das war Bertelsen?«
Fredriksen sah mich ungerührt an. »Genau.«
Ein kleiner Mann mit dunkler Hornbrille, Fliege und Schnauzer kam mit einer kleinen, schwarzen Tasche in der Hand herein. »Was höre ich da?« fragte er in den Raum hinein. »Fredriksen – ist das wahr?«
Fredriksen zuckte die Achseln. »Ich weiß überhaupt nich, worum es geht. Sie sind da drinnen.« Er nickte zur Küche hin, und der Mann mit der Tasche verschwand hinein. Es mußte dort jetzt ziemlich voll sein. Nur Fredriksen, der Bleichblonde und ich waren im Wohnzimmer geblieben. Frau Eliassen hatte sich nicht wieder gezeigt. Vielleicht war ihr nicht ganz wohl.
Fredriksen betrachtete mich neugierig. »Bist du niedergeschlagen worden?«
Ich nickte.
»Hast du gesehen, wer’s war?«
Ich schüttelte den Kopf. »Es ging viel zu schnell, und Frau Eliassen – die Wirtin – sagt, sie waren maskiert.«
»Also sie hat sie gesehen?« sagte er in fast enttäuschtem Ton.
»Ja. Und ich spür sie noch – am Hinterkopf.«
Ein paar der anderen Polizisten kamen langsam zurück ins Wohnzimmer. Die Leiche war kein Lacherfolg. Alle sahen gleichermaßen erschüttert aus. Zum Schluß waren nur noch Bertelsen, Johansen und der Mann mit der schwarzen Tasche in der Küche.
Frau Eliassen tauchte wieder auf, mit einer Thermoskanne in der einen und ein paar Tassen in der anderen Hand. Die Tassen klirrten, und als sie sah, wie viele Leute es waren, schüttelte sie ratlos den Kopf. »Du meine Güte«, seufzte sie, und ihr Blick suchte das einzige bekannte Gesicht im
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