Die Frau im Rueckspiegel
keine falsche Bescheidenheit«, widersprach Rebecca. »Daß ich dich in den letzten zwei Tagen an meiner Seite hatte, war mir eine große Hilfe.«
»Ja, aber ich habe dir nicht geholfen, weil ich eine Gegenleistung erwartet habe.«
Rebecca hob zu einer Erwiderung an, doch Christiane war schneller. »Ich weiß, daß du der Meinung bist, die Dinge funktionieren so«, griff sie Rebecca vor. »Doch ich habe dir schon einmal gesagt, daß du dich irrst.«
»Aber ich möchte mich revanchieren.«
»Weil du glaubst, mir was schuldig zu sein.«
»Nein, es ist einfach nur . . . ich möchte dir auch was Gutes tun. Als Dank. Warum sträubst du dich so dagegen?«
Christiane neigte leicht den Kopf, schaute Rebecca prüfend an. »Du verstehst mich nicht, stimmt’s?«
Rebecca zuckte mit den Schultern. »Nein«, gab sie zu.
Christiane seufzte. »Wie willst du dich für die Sorgen, die ich mir gemacht habe, revanchieren? Mit einer Prämie? Mit einer Woche Extraurlaub? Hast du an so was gedacht?«
Rebecca schwieg irritiert.
»Tja«, meinte Christiane. »Eben. Stell dir vor, es ist mir genug zu wissen, daß alles so weit in Ordnung ist. Und ich gehe sofort, wenn wir dieses Wünsch-dir-was-Thema nicht beenden.«
»Schon gut!« Rebecca hob die Hände, stand auf und ging zur Kaffeemaschine. Sie stand jetzt mit dem Rücken zu Christiane, stützte die Hände auf den Küchentisch. »Ich habe verstanden. Es . . . ist eben nur ungewohnt für mich . . . so etwas wie eine Freundin zu haben.« Rebecca öffnete einen Schrank, nahm zwei Tassen heraus, drehte sich um. Sie blickte Christiane an, stellte die Tassen auf den Tisch. »Gib mir etwas Zeit, mich daran zu gewöhnen.«
Diesmal war es Christiane, die Schwierigkeiten mit dem Gehörten hatte. Freundin?! Hatte sie das richtig verstanden? Rebecca hatte Freundin gesagt? Na gut, sie hatte »so etwas wie« gesagt und es damit relativiert – aber trotzdem.
Christiane brauchte zwei, drei Sekunden, um sich zu fangen. »Ja . . . si. . . sicher«, stotterte sie. »Ich werde auch etwas Zeit brauchen.«
»Warum du auch?« Rebecca setzte sich wieder. »Immer noch skeptisch?«
»Kannst du mir das verdenken?«
Rebecca lächelte. »Nein. Ich weiß, ich kann ein ziemlicher Besen sein. Und diese Eigenheit werde ich wohl auch nicht ablegen.«
»Das wäre auch nicht gut, denn sie macht einen wesentlichen Teil von dir aus. Und ich . . .« Christiane brach ab. Ich mag gerade diesen Teil, den forschen, manchmal recht störrischen, aber immer ehrlichen Teil.
»Ja?«
»Ich weiß mich zu wehren.«
Rebecca hob scherzhaft warnend den Finger. »Du hattest von Anfang an nicht den nötigen Respekt. Das . . .«
»Du erinnerst dich?« unterbrach Christian Rebecca. Sie hielt gespannt den Atem an.
Rebecca zögerte. »Ich glaube. Bruchstücke jedenfalls. Oder es liegt daran, daß du mir davon erzählt hast. Ich weiß nicht recht.« Sie runzelte die Stirn, stand auf, holte den mittlerweile fertigen Kaffee und goß ein. Die Kanne setzte sie zurück auf die Heizplatte.
»Erinnerst du dich an etwas, was ich nicht erzählt habe?« forschte Christiane weiter.
Rebecca kam zurück zum Tisch und sank wieder auf den Stuhl. Sie fuhr sich durchs Haar. »Nein«, sagte sie schließlich enttäuscht. »Wahrscheinlich reime ich mir also diese Bruchstücke auch nur zusammen.«
»Mach dir keinen Streß. Hafner sagte, es könne einige Tage dauern.«
»Ja.« Rebecca starrte in ihre Kaffeetasse. »Aber es ist ziemlich störend. Um nicht zu sagen höchst irritierend.«
Christiane schwieg bedrückt.
»Kommst du mit ins Wohnzimmer?« Rebecca nahm ihre Tasse. »Dort wartet es sich bequemer.«
Im Wohnzimmer setzte sich Rebecca auf eines der Sofas. Christiane nahm Rebecca gegenüber auf dem anderen Platz. Ihre Tassen stellten sie auf den Tisch zwischen sich. Nach kurzem Schweigen begann Rebecca laut zu denken. »Da fragt man sich doch: Hat man alles richtig gemacht? War es das wert?«
Christiane blinzelte fragend. »Was war was wert?«
»Den ganzen Aufwand. Die Arbeit, den Streß . . . das Betrogenwerden und Auf-der-Hut-Sein. Vielleicht sollte man sich lieber mit einem Tisch, einem Stuhl und einem Bett zufriedengeben, nichts, was Neid bei anderen erweckt. Dann passiert einem so was nicht. Daß man dich in die Klapse stecken will, um dir deine Firma abzunehmen.«
Christiane dachte einen Augenblick nach und schüttelte schließlich mit dem Kopf. »Wenn alle nur Tisch, Bett und Stuhl besäßen, ginge der
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