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Die Frau im Tal

Die Frau im Tal

Titel: Die Frau im Tal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ketil Bjørnstad
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ein.«
    »Tatsächlich?«
    »Ja. Sie fragte, ob ich nicht auf einen Trip nach Oslo Lust hätte. Ich könnte im Elvefaret wohnen.«
    »Erzählte sie, daß sie geheiratet hatte?«
    »Nein, das war das seltsame. Sie sprach von dir nur als ihrem Freund. Sei nicht böse deshalb. Vielleicht hatte sie einen Grund.«
    »Und welcher sollte das sein?«
    Darauf antwortet sie nicht.

    »Ich habe nie gemacht, was Marianne wollte«, sagt Sigrun nach einer Weile. »Vielleicht der Komplex der kleinen Schwester. Aber es war untypisch für sie, mich einzuladen. Ich begriff, daß es ihr wichtig war. Daß du ihr wichtig warst.«
    »Was erzählte sie über mich?«
    »Daß du dumm und häßlich und träge bist, was sonst. Daß du sie ausnützt, daß …«
    »Meinst du, ich bin schon stark genug für derartige Späße?« Ich versuche zu lächeln.
    »Sie hat nicht viel erzählt«, sagt sie wieder ernst. »Aber ich verstand, daß du eine zentrale Rolle in ihrem Leben spielst. Daß da etwas war, was sie mir zeigen wollte.«
    »Vielleicht wollte sie dir nur zeigen, wie sie an der Dekke hängt.«
    »Sag so etwas nicht«, sagt sie.»Warum bist du eigentlich hier?« frage ich. »Müßtest du nicht arbeiten?«
    »Doch ja, aber ich habe heute morgen lange mit Eirik gesprochen. Wir sollten dir Gelegenheit geben, noch mal gründlich zu überlegen, was du tun willst. Eirik befürchtete, daß er dich mit seinem Vorschlag überfallen hat.«
    »Keine Sorge, hat er nicht.«
    »Aber ist es wirklich klug von dir, all diese Konzerte abzusagen?«
    »Ach, darum geht es«, sage ich erleichtert. »Ich dachte schon, er hat es sich anders überlegt und will mich nicht hier haben.«
    »Natürlich will er dich hier haben. Aber er will nicht, daß du deshalb auf dumme Gedanken kommst.«
    Ich liege im Bett und höre ihre Stimme. Sie hat recht. Aber ich ertrage den Gedanken nicht, jetzt von hier wegzufahren, neue Menschen zu treffen, all das Destruktive in mir auflodern zu lassen.
    »Ich verstehe, was du meinst«, sage ich.
    »Du sagtest, daß du gewöhnlich hältst, was du versprichst.«
    »Aber momentan schaffe ich es allein einfach nicht. Du mußt mich krank schreiben.«
    »Ich bin nicht dein Hausarzt.«
    »Solange ich hier wohne, bist du es.«
    Sie lacht. »Ja, da hast du recht. Da muß ich allerdings mit deinem bisherigen Arzt sprechen. Wer war dein Arzt in Oslo?«
    »Gudvin Säffle. Der Psychiater.«
    »Warum Psychiater?«
    Ich will nicht darüber reden. Will nicht, daß sie von meinem Selbstmordversuch im Fluß erfährt.
    »Sie hatten wohl nach Mariannes Tod Angst um mich«,sage ich. »Ich war sehr dünnhäutig. Ich bin jetzt sehr dünnhäutig. Am liebsten würde ich mit dir Brahms spielen.«
    »Du wirst Brahms mit mir spielen«, lacht sie und gibt nach. »Du stellst alles auf den Kopf. Aber es handelt sich um die vierzehntägige Tournee. Danach kommst du hierher. Dann wirst du merken, wie lange ein Winter in Pasvik sein kann.«
    Ich nicke. Sie meint es nur gut mit mir. Ich bin ihr dankbar. Aber ich habe Angst vor der Tournee. Habe Angst davor, immer wieder zur Flasche greifen zu müssen. Habe Angst vor den Hotelzimmern.
    »Ich sehe, daß dich etwas quält«, sagt sie.
    »Ja. Der Gedanke an all die Tage des Alleinseins quält mich. Ich bin noch nie auf Tournee gewesen.«
    »Wenn es dir ernst ist mit deiner Karriere als Pianist, dürfte es nicht das sein, was dir am meisten Angst macht!« sagt sie fast wütend. »Herrgott, es sind nur ein paar Konzerte!«
    Ich weiß nicht, was ich antworten soll.
    »Du erinnerst mich jetzt an meine Mutter«, sage ich.
    »Das klingt nicht nach einer besonders netten Erinnerung. Ich bin im übrigen zu jung, um deine Mutter zu sein. Ich kann dir höchstens eine Freundin sein.«
    »Wunderbar. Dann sei das. Sag das Richtige.«
    »Die Menschen warten auf dich. Komm jetzt mit mir nach Kirkenes. Ich habe im Krankenhaus Dienst. Dann kannst du weiterfahren auf deine Tournee. Du ahnst gar nicht, was für eine phantastische Tour dich erwartet. Die Menschen werden so dankbar sein.«
    »Ich werde einen Tag zu spät kommen.«
    »Hier oben im hohen Norden macht das nicht soviel. Dein Manager wird dir sicher behilflich sein, die Veranstalter zu benachrichtigen. Du wirst ein paar Wochenunterwegs sein und für Menschen spielen, denen deine Musik Freude macht. Anschließend kommst du hierher zurück, gestärkt von der Begegnung mit anderen Menschen. Dann können wir zusammen Brahms spielen.«
    Die Worte wirken. Allein der Gedanke, mit ihr Brahms

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