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Die Frau in Rot: Roman (German Edition)

Die Frau in Rot: Roman (German Edition)

Titel: Die Frau in Rot: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margot S. Baumann
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war schon einmal in eurem Garten und hat dabei wahrscheinlich seine Kette verloren, und als der Kurator auf der Bildfläche erschienen ist, ist es verschwunden. Habe ich das richtig verstanden?«
    »Genau. Ich fand den Kristall bei den Büschen, gleich nachdem ich das Kind zum zweiten Mal gesehen hatte, und dachte natürlich, er gehöre ihm.« Sie drehte den Anhänger zwischen den Fingern hin und her und verstaute ihn dann wieder in der Nachttischschublade. Anouk fühlte sich erbärmlich. Max half ihr, wann immer er konnte, brachte sich dabei selbst in Gefahr und schenkte ihr jede freie Minute seines Tages, und sie hatte ihm nichts von dem Kind erzählt. »Ich …«, fing sie an, doch er winkte ab.
    »Aha, sogar dreimal gesehen. Du machst es mir wirklich nicht leicht«, sagte er, und seine Stimme klang müde. »Wirklich nicht leicht.«
    Sie stellte die Tasse auf den Nachttisch, ging zu ihm hinüber und griff nach seiner Hand.
    »Es tut mir leid. Ich habe dir dieses Kind … diese Erscheinung nicht böswillig verheimlicht. Wie es aussieht – und Ruflis Reaktion hat mir das eben noch einmal bestätigt –, sehe ja nur ich sie. Ich wollte daher … ach, ich weiß auch nicht. Etwas hielt mich eben zurück. Wie mich auch etwas davon abgehalten hat, dem Kurator von dem Bild zu erzählen.«
    »Du wolltest ihm gegenüber das Porträt erwähnen?« Max schnappte nach Luft.
    Anouk schüttelte den Kopf. »Nein, also ja, das heißt … ich habe mir gedacht, da er ja anscheinend alles über die von Hallwyls weiß, weiß er vielleicht auch etwas über die Frau in Rot. Aber wie sich vorhin zeigte, ist Rufli nicht mehr ganz richtig im Kopf! Ich habe dir heute ja außerdem schon gesagt, dass Tati Valerie mir eine Geschichte über den Professor erzählen wollte, die sich während ihrer Jugendzeit ereignet hat, aber leider nicht mehr dazu gekommen ist. Aus ihrer verkniffenen Miene konnte ich jedoch herauslesen, dass es sich dabei um nichts Lustiges gehandelt haben kann.«
    Max runzelte die Stirn. »Verstehe. Und du glaubst also wirklich, dass dieses Mädchen Désirée ist? Dieselbe Désirée, die im Stammbaum der Hallwyls aus dem achtzehnten Jahrhundert aufgeführt ist?«
    Anouk wiegte den Kopf hin und her. »Ich weiß, dass das verrückt klingt, aber es würde immerhin passen. Ihr Alter ebenso wie ihre Sprache – früher haben die Adligen Französisch miteinander gesprochen – und die Frage nach ihrer Mutter.«
    »Aber du sagtest doch, dass diese Viktoria nicht identisch mit unserer Dame sein kann.« Max zog Anouks Hand an seine Lippen und küsste ihre Handfläche. »Ich finde es übrigens nach wie vor unglaublich, dass du dich einfach so ins Schloss hineingeschlichen hast … ohne mich!«
    Anouk lächelte zaghaft. Er schien nicht mehr böse auf sie zu sein. »Nein«, versicherte sie ihm, »die Gräfin kann unmöglich Désirées leibliche Mutter gewesen sein. Die beiden gleichen einander wie Himmel und Hölle. Ich vermute, dass die Zinnengängerin ihre wirkliche Mutter war.«
    Max hauchte kleine Küsse auf ihre Fingerspitzen, was Anouk wohlige Schauer über den Rücken jagte.
    »Das würde aber bedeuten, dass die Ahnengalerie unvollständig ist. Wenn dem tatsächlich so ist, müsste man wiederum in Erfahrung bringen, von wem und aus welchem Grund Désirée einer falschen Mutter untergejubelt wurde. Und sich außerdem die Frage stellen, weshalb unsere Dame eigentlich in keiner Chronik verzeichnet ist. Sie sieht ja nicht gerade wie eine dahergelaufene Magd aus, oder?«
    Anouk schüttelte den Kopf und seufzte. »Nein, ganz und gar nicht. Es ist alles so undurchsichtig. Und wie dann auch noch Rufli mit dem Ganzen zusammenhängt, ist mir völlig schleierhaft.«
    Max schnalzte zustimmend mit der Zunge. Anouk stand auf, ohne seine Hand loszulassen, zog ihn zum Bett und legte die Arme um seinen Hals.
    »Wissen Sie eigentlich, Herr Doktor, dass Sie verdammt gut riechen?«
    Sie schnupperte an seinem Hals, fuhr mit der Zunge langsam an seiner Kehle hoch und küsste ihn. Er schmeckte nach Pfefferminzkaugummi und dem Amaretto, den sie ihm vorhin angeboten hatte. Zuerst hatte er sich auf seinen Notfalldienst berufen, aber nachdem sie ihm die Vorgeschichte von Ruflis Attacke im Garten erzählt hatte, hatte er doch noch einen großen Schluck direkt aus der Flasche genommen.
    »Danke für das Kompliment, Frau Morlot. Ich kann Sie auch gut riechen.« Max hob seinen gesunden Arm und strich ihr eine Locke aus dem Gesicht. »Du hast

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