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Die Frau in Rot: Roman (German Edition)

Die Frau in Rot: Roman (German Edition)

Titel: Die Frau in Rot: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margot S. Baumann
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verdrehten sich. Dann fiel sie und fiel …

    »Sie kommt zu sich. Gott sei Dank!« Marie legte Bernhardine die Hand auf die Stirn. »Und das Fieber ist auch gesunken.«
    Bernhardine öffnete mühsam die Augen. Sie fühlte sich schwach, hatte Durst und rasende Kopfschmerzen. Eine Gestalt im Hintergrund murmelte unverständliche Worte. Der Verwalter! Grundgütiger, man hatte den Quacksalber in ihre Gemächer gelassen!
    »Nein, nicht!«, krächzte sie und schirmte ihre schmerzenden Augen mit der Hand ab. Dabei bemerkte sie den blutgetränkten Verband in ihrer Armbeuge. Sie fing an zu schluchzen.
    »Ruhig, Dinchen, ganz ruhig«, flüsterte Marie und hielt ihr Handgelenk fest. »Es wird schon wieder.«
    »Marie, nicht den Meier!«, bettelte Bernhardine. »Schick ihn weg!«
    Marie seufzte, wandte sich zu dem Verwalter um und wies mit dem Kopf zur Schlafzimmertür, worauf der Mann die Augenbrauen zusammenzog, nickte und sich entfernte. Die Amme setzte sich auf die Bettkante und strich Bernhardine eine feuchte Locke aus dem Gesicht.
    »Du hast drei Tage lang geschlafen, Dinchen. Wir hatten schon Angst, dass du …« Sie brach ab und wischte sich über die glanzlosen Augen.
    Drei Tage? Bernhardine erschrak. Was war geschehen? Sie erinnerte sich an die Messe für Désirée, den kalten Friedhof, den Streit mit Johannes, danach war nur noch Leere in ihrem Kopf.
    »Wie geht es den Zwillingen? Sind sie wohlauf?«, fragte sie und warf einen ängstlichen Blick zum Spiegel. Dem Himmel sei Dank, er war mit keinem Tuch verhängt!
    Marie trat zum Waschtisch, nahm einen Becher und setzte sich wieder aufs Bett. Sie schob ihre Hand unter Bernhardines Kopf und hob ihn sanft an.
    »Trink, und mach dir keine Sorgen! Es geht ihnen nicht schlechter als vorher. Wenn ich nur wüsste, was den armen Würmchen fehlt.« Sie seufzte und trocknete Bernhardine vorsichtig den Mund mit ihrer Schürze ab. »Ich wünschte, wir wären in Bern.«
    »Das wünschte ich mir auch«, erwiderte Bernhardine mit erstickter Stimme und ließ sich wieder in die Kissen fallen. Sie war so unsäglich müde, dass sie nur noch schlafen wollte.
    »Ich muss dir noch etwas mitteilen«, sagte Marie und seufzte tief. »Dein Schwager ist wieder hier.« Ihr runzeliges Gesicht hatte sich vor Furcht zusammengezogen wie ein Bratapfel über dem Feuer.
    Bernhardine versuchte sich aufzusetzen. Jäher Schwindel erfasste sie. Sie schnappte nach Luft. »Aber … er ist doch zurück auf die Trostburg geritten!«
    Marie warf einen ängstlichen Blick zur Tür. »Der Meier hat mir berichtet, dass er gar nicht so weit gekommen ist«, flüsterte sie, »sondern nur zwei Dörfer weiter. Er war die ganze Zeit über bei einem Allerweltsliebchen.«
    »Der heilige Gerold ein Hurenstecher?«, stieß Bernhardine fassungslos hervor. Marie bekreuzigte sich.
    Dieser Unmensch!, schoss es Bernhardine durch den Kopf. Und so einer hielt ihr Vorträge über das Fegefeuer? Und war womöglich sogar ein Mörder? Sie musste aufstehen! Keine Sekunde durfte sie länger darniederliegen. Nicht auszudenken, was er während ihres unfreiwilligen Bettaufenthalts an Üblem ausgeheckt hatte.
    »Marie, lass Wasser heiß machen – ich will ein Bad nehmen. Und lege mir mein schönstes Gewand parat. Das rote Taftkleid. Rot wie die Liebe … und wie die Hölle!«

17
    Seengen, 2010
    A nouk erwachte mit einem Gefühl, wie sie es während ihrer Kindheit immer am Weihnachtsmorgen gehabt hatte. Eine Mischung aus Erwartung, Vorfreude und Aufregung. Max schlief noch, daher huschte sie leise ins Bad und betrachtete sich im Spiegel.
    »Ölpumpe«, hatte er gestern Nacht nur genuschelt, als sie ihn nach dem Verbleib seines Wagens gefragt hatte. Eine Panne also, deshalb hatte sie während Kurator Ruflis Attacke auch kein Motorengeräusch gehört. Max war zu Fuß gekommen. Sie wäre nach seiner gestrigen Erklärung am liebsten nochmals aufgestanden, um das Bild holen zu gehen. Ihr war nicht wohl bei dem Gedanken, dass es unbewacht in einem Pannenfahrzeug lag. Rufli kannte Max’ Wagen. Nicht auszudenken, was passieren würde, wenn er das Bild in seine Hände bekäme. Doch Max war sofort eingeschlafen. Und allein hatte sie sich nicht mehr in die Nacht hinausgewagt. Schon gar nicht mit Tatis Wagen. Wenig später war auch sie von der Müdigkeit übermannt worden.
    Doch jetzt war sie hellwach und voller Tatendrang. Es war erst sieben Uhr. Sonntagmorgen. Sollte sie Max wecken? Nein, die Ruhe würde ihm und seinem malträtierten Körper

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