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Die Frau mit dem Muttermal - Roman

Die Frau mit dem Muttermal - Roman

Titel: Die Frau mit dem Muttermal - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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Stadt. Es würde nur eine Frage der Zeit sein, wann er es zu fassen bekam. Den Mörder packte.
    Verdammt noch mal!, dachte er und nahm einen vorsichtigen Schluck Bier. Langsam habe ich die Dinge nicht mehr im Griff. Wenn ich nicht bei der Polizei wäre, wäre ich vermutlich selbst ein Mörder geworden.
    Das war natürlich nur ein flüchtiger Gedanke, aber irgendwo, in irgendeiner obskuren Windung seines Gehirns, begriff er, dass dieser Gedanke mehr Bedeutung enthielt, als zuzugeben gut war. Da war etwas dran an der Jagd …
    Zumindest anfangs.
    Eigentlich nur anfangs. Irgendwann im Laufe der Zeit kam immer der Wendepunkt, der Umschwung, und wenn er dann allmählich – oft erst viel, viel später – mit der Beute, dem Täter, dastand, gab es nur noch das Gefühl von Abscheu und Ekel, das sich seiner bemächtigte.

    In Gedanken ging er zurück zu den Ereignissen des Nachmittags. Der Alarm war genau in dem Moment eingegangen, als er nach Hause gehen wollte. Um 16.30 Uhr. Er selbst und Münster waren eine Viertelstunde später in der Weijskerstraat an Ort und Stelle gewesen, fast gleichzeitig mit dem Spurendienst und dem Notarzt. Rickard Maasleitner hatte ganz genauso dagelegen wie Ryszard Malik damals … wie lange war das eigentlich her? Knapp zwei Wochen? Ja, das stimmte.
    Dass hier derselbe Täter am Werk gewesen war, davon war er bereits beim ersten Augenschein überzeugt gewesen. Und dass die Vorgehensweise dieselbe gewesen war. Klingeln an der Tür und unmittelbares Losfeuern, sobald die Tür aufging.
    Gute Methode, hatte Rooth gesagt.
    Zweifellos. Wenn’s vorbei war, musste man nur noch die Tür zumachen und weggehen. Wie lange dauerte so ein Mord? Zehn Sekunden? Vermutlich reichte das aus. Vier Schüsse mit einer Berenger abschießen, das konnte man in der Hälfte der Zeit, wenn es denn sein musste.
    Er leerte sein Glas.
    Und seitdem?
    Ja, seitdem war die Sache natürlich am Laufen. Absperrung, Durchsuchung und sich um die arme Tochter kümmern, die ihn gefunden hatte. Fragen über Fragen.
    Aber wenn man das Ganze näher betrachtete, dann gab es einen großen Unterschied zwischen den beiden Morden. Draußen bei Malik war die Chance, entdeckt zu werden, für den Täter äußerst gering gewesen. Bei der gestrigen Tat hätte es genügt, wenn jemand seinen Müll runtergebracht oder nur mal durch den Türschlitz geguckt hätte.
    Sicher, es war Nacht gewesen, aber dennoch.
    Ergo: Entweder es gab einen Zeugen. Oder es gab auch hier keinen. Vielleicht, und das war nur zu hoffen, hatte also jemand (oder mehrere) den Mörder bei einer der beiden Gelegenheiten, als er das Haus aufgesucht haben musste, bemerkt – beim Fummeln am Schloss oder in Zusammenhang
mit der Tat selbst. Als er dorthin ging oder von dort kam.
    Oder irgendwo stand und wartete?
    Entweder – oder, also. Wenn Reinhart und deBries ihren Job gut machten, wusste man es morgen. Und auch wenn dabei nichts herauskam, war noch nicht alles verloren. Gegen zehn Uhr war eine Pressemitteilung hinausgeschickt worden, die in allen wichtigen Zeitungen und in den Morgennachrichten von Rundfunk und Fernsehen wiederzufinden sein würde. Alle, die glaubten, irgendetwas gesehen zu haben, oder die sich auch nur am Mittwochabend gegen Mitternacht in der Nähe der Weijskerstraat aufgehalten hatten, wurden aufgefordert, sich umgehend bei der Polizei zu melden.
    Es gab also Hoffnung.
    Als Van Veeteren in seinen Überlegungen so weit gekommen war, gab er nach und zündete eine Zigarette an. Es war an der Zeit, sich mit der Hauptfrage zu beschäftigen. Verflucht noch mal, welchen Grund gab es, einfach herumzulaufen, an der Tür zu klingeln und denjenigen, der öffnete, niederzuschießen?
    Was war das Motiv?
    Was hatten Ryszard Malik und Rickard Maasleitner gemeinsam? Und weiter: Was wäre passiert, wenn jemand anderes die Tür geöffnet hätte? Konnte der Mörder mit hundertprozentiger Sicherheit wissen, wer öffnete? War das alles das Ergebnis eines minutiösen Plans, oder war es eher Zufall?
    Es gibt keine Zufälle, hatte Reinhart gesagt, und das war sicher an und für sich auch richtig. Aber es gab einen himmelweiten Unterschied zwischen bestimmten Gründen und anderen. Zwischen einem Motiv und dem anderen.
    Warum waren ausgerechnet Malik und Maasleitner Opfer des Mörders geworden?
    Die Musik verstummte, und Van Veeteren spürte die Müdigkeit. Er drückte die Zigarette aus und zog sich aus dem Sessel hoch. Dann stellte er den CD-Player ab und ging ins Bett. Die

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