Die Frau mit dem Muttermal - Roman
herausgefunden?«, fragte Van Veeteren.
»Hrrm … es gibt eine Übereinstimmung.«
»Und welche?«
»Im Juni 1976«, erklärte Heinemann. »Am 8. Juni hebt Malik von seinem Sparkonto bei der Cuyverbank 10 000 Gulden ab. Am 9. hebt Maasleitner die gleiche Summe bei der Sparkasse ab. Und zum gleichen Datum wird Innings bei der Landbank ein Kredit über 12 000 gewährt …«
Van Veeteren überlegte einen Augenblick.
»Gut, Heinemann«, sagte er dann. »Und was meinst du, worauf das hindeutet?«
»Das kann man nie so genau sagen«, antwortete Heinemann.
»Jedenfalls ist es nicht ausgeschlossen, dass es sich um eine Erpressung handelte.«
Van Veeteren überlegte erneut.
»Dir ist klar, dass du weitermachen musst?«
Heinemann seufzte.
»Ja«, sagte er dann. »Das muss ich wohl.«
»Du musst herauskriegen, ob es in der Gruppe noch andere gibt, die zur gleichen Zeit ähnliche Transaktionen gemacht haben.«
»Genau«, bestätigte Heinemann. »Ich mache mich gleich morgen dran.«
»Nun kling mal nicht so betrübt«, sagte der Kommissar. »Du kannst mit denen anfangen, die im Norden wohnen, vielleicht reicht das schon … wenn du mit Münster redest, kriegst du morgen ganz früh eine Liste.«
»Allright«, sagte Heinemann. »Jetzt muss ich mich aber um die Kinder kümmern.«
»Kinder?«, fragte der Hauptkommissar überrascht. »Deine Kinder sind doch wohl erwachsen.«
»Enkelkinder«, sagte Heinemann und seufzte noch einmal.
Ja, ja, dachte Van Veeteren, als er aufgelegt hatte. Die Schar verkleinert sich. Die Schlinge zieht sich zu.
Er holte ein Bier aus dem Kühlschrank. Stellte die Goldbergvariationen an und sank auf seinem Sessel nieder. Legte die Fotos auf seine Knie und begann sie mit einem leichten Gefühl der Verwunderung zu betrachten.
Fünfunddreißig junge Männer.
Sieben tot.
Drei davon durch diese Frau.
Diese verhalten lächelnde Frau mit der dunklen Baskenmütze und dem hellen Mantel. Ein wenig über einen Grabstein gebeugt. Ein kleiner Leberfleck auf der linken Wange, daran konnte er sich von dem Phantombild nicht mehr erinnern, aber er war auch nicht größer als der Fingernagel des kleinen Fingers.
Klaarentoft hatte eine ausgezeichnete Vergrößerung gemacht, in jeder Hinsicht, und während er so dasaß und ihr Gesicht betrachtete, schien ihm mit einem Mal, als würde sie ihren Blick ein kleines bisschen heben. Ihn gerade eben über den Rand des Steins heben und ihn ansehen.
Etwas trotzig, schien ihm. Außerdem eine Spur spöttisch, aber gleichzeitig ernsthaft.
Und sehr … sehr entschlossen.
Wie alt bist du eigentlich?, überlegte er.
Und wie viele stehen auf deiner Liste?
32
Die Annahme, dass der Fall kurz vor der Aufklärung stünde, erwies sich in den folgenden Tagen als etwas übereilt. Der Täter konnte nicht näher eingekreist werden, und die Arbeit der Polizei schien im Sande zu verlaufen.
»Wir treiben ab«, stellte Reinhart am Donnerstagmorgen fest. »Kein Land mehr in Sicht!«
Und der Hauptkommissar konnte nicht anders als ihm recht geben. Die »Zugspur«, der gemäß Maria Adler mit dem 18.03-Uhr-Zug vom Maardamer Hauptbahnhof Richtung Norden abgefahren war, konnte weder bestätigt noch verworfen werden. Pfeffenholtz’ an und für sich überzeugende Zeugenaussage stand für sich. Der bonbonlutschende Skinhead hatte sich nicht gemeldet. Und auch kein anderer aufmerksamer Fahrgast. Vielleicht hatte Frau Adler sich wirklich irgendwohin nördlich von Rheinau begeben, vielleicht aber auch nicht.
Aber selbst wenn sie es getan hatte, wie Reinhart bemerkte, was, zum Teufel, sprach dafür, dass sie immer noch dort war? Und dass sie mit ihrem Standortwechsel genau die Absichten verfolgte, die sie sich einbildeten?
Überhaupt nichts, beantwortete er selbst seine rhetorische Frage. Am Dienstagnachmittag suchten Jung und Moreno noch einmal den Kellner Ibrahim Jebardahaddan auf. Der junge Iraner konnte nicht mit Sicherheit sagen, ob einer der Männer auf den Fotos mit Innings an diesem bewussten Freitag zusammen war. Er suchte aber fünf Personen aus der Stabsgruppe heraus, die möglicherweise in Frage kamen.
Als der Hauptkommissar die Namensliste bekam, war er nicht besonders zufrieden mit dem Resultat, weshalb Jebardahaddan sich am Donnerstag noch einmal für eine neue Fotodurchsicht im Polizeipräsidium einfinden durfte.
Dieses Mal hatten sie die betreffenden Fotos mit denen vollkommen unbeteiligter Personen gemischt, und es zeigte sich,
dass der Zeuge jetzt nur
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