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Die Frau ohne Gesicht

Die Frau ohne Gesicht

Titel: Die Frau ohne Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pekka Hiltunen
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Brust, damit niemand die Spuren sah.«
    Sarah hatte nie mehr gewagt, sich im Badeanzug zu zeigen. Im Traum spürte sie manchmal immer noch, dass ihr Körper von Blutergüssen übersät war. Im Lauf der Jahre hatte sie sich daran gewöhnt, dass sie jederzeit Prügel beziehen konnte.
    Ein paarmal war es so schlimm, dass sie beinahe das Bewusstsein verloren hatte und in ein Frauenhaus geflohen war. Bei diesen Anlässen war Fried betrunken und wütend gewesen. Der Grund seiner Wut war das schwache Abschneiden seiner Partei oder einfach nur, weil er nicht in den Kirchenrat seiner Gemeinde gewählt worden war.
    Einmal hatten sie in Italien Urlaub gemacht, sie waren mit dem Auto durch die Toskana gefahren. Kurz bevor sie die Stadt Volterra erreichten, war Fried aus heiterem Himmel in Rage geraten.
    »Er hat am Straßenrand gehalten und angefangen, mich zu schlagen. Nicht ins Gesicht, immer auf den Körper. Ich wollte aussteigen, aber er hat mich mit der einen Hand festgehalten und mit der anderen zugeschlagen.«
    Sarah sei wie benommen, entgeistert und wütend gewesen. Sie habe nicht fassen können, dass ihr Mann selbst im Urlaub ausrastete. Völlig wehrlos sei ihr Kopf dann durch die Wucht eines Schlages so heftig nach hinten geschleudert worden, dass sie ein Krachen im Nacken gespürt habe. Sie habe gedacht, hier gehe die Qual nun also zu Ende, an einer italienischen Landstraße. Sie würde Volterra nicht mehr sehen und auch keinen anderen Ort.
    Urplötzlich habe Fried aufgehört, Sarah befohlen, mit dem Weinen aufzuhören, und den Motor angelassen. Sie seien nach Volterra gefahren und hätten Sehenswürdigkeiten besichtigt, an die Sarah keine Erinnerung hatte.
    »Am Abend im Restaurant nahm Arthur Braten mit Trüffelsauce zu sich und ich starke Schmerzmittel.«
    Sarah merkte, dass Lia schauderte.
    »Hast du jemals mit Gewalt in der Familie zu tun gehabt? Nein? Ich könnte dir einen langen Vortrag darüber halten. Es ist ein seltsames Schauspiel, in dem sich die Ereignisse wiederholen und immer wieder versprochen wird, alles würde sich ändern. Aber es ändert sich nichts. Weißt du, Lia, ich habe anfangs denselben Fehler gemacht wie viele Frauen: Ich dachte, die Schuld läge auch bei mir. Arthur würde aufhören, wenn ich ihn nur innig genug liebte. Ich war wie gelähmt, dass ausgerechnet mir so etwas geschah – durch meinen eigenen Mann! Erst nach zwei, drei Jahren begriff ich, dass es nicht so war.«
    Es war ein Fall wie aus dem Lehrbuch.
    »Arthur war krank. Er hatte eine Persönlichkeitsstörung.«
    Sarah habe erkannt, dass Arthur Fried im sozialen Umgang zwar sehr geschickt, aber vollkommen kalt gewesen sei. Er habe sich selbst für den Mittelpunkt gehalten und es genossen, andere zu unterwerfen.
    Es stellte sich heraus, dass Sarah nicht die einzige Frau gewesen war, die er so behandelt hatte. Von Beginn der Ehe an war er zu Prostituierten gegangen. Das war aber erst ans Licht gekommen, als er Sarah bereits regelmäßig geschlagen und sich nicht mehr die Mühe gemacht hatte, seine Besuche bei Huren zu verheimlichen. Er hatte sich nicht mit sadomasochistischen Spielchen abgegeben, sondern die Frauen wirklich geschlagen.
    »Er musste sich ihr Schweigen erkaufen. Einmal hat er eine Frau so schwer verletzt, dass er eine Riesensumme blechen musste. Ich habe gehört, wie er die Sache mit seinem Parteisekretär regelte.«
    »Mit Tom Gallagher?«
    »Nein, damals war es Bob Hewitt. Ein widerlicher Typ. Aber er hat den Job nur zwei Jahre gemacht. Es ist nicht leicht, unter Arthur zu arbeiten, es hat immer häufigen Wechsel gegeben.«
    Sarah erfuhr, dass für Fried manche Formen der Gewalt sexuell stimulierend waren. Er habe zum Beispiel verlangt, dass Sarah beim Sex seine Leistung lobte.
    »Eine Riesenwaffe«, habe sie sagen müssen. Und: »Erschieß mich.«
    Es sei für Sarah undenkbar gewesen, ihren Mann bei der Polizei anzuzeigen. Sie habe zu große Angst gehabt. An manchen Tagen habe sie das Haus nicht verlassen können, habe ihre Arbeit aufgeben müssen. Als sie Fried kennengelernt habe, habe sie als Gewerkschaftssekretärin gearbeitet, aber nach den ersten Ehejahren sei es damit vorbei gewesen.
    »Ich war so kaputt. Ich bekam immer wieder Weinkrämpfe.«
    Nach der Scheidung, als sie allmählich genesen sei, habe sie keine Stelle mehr gefunden. Sie sei schließlich mehr als zehn Jahre nicht mehr berufstätig gewesen.
    Arthur Fried zahlte seiner Exfrau eine kleine monatliche Unterstützung, die gerade zum Leben

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