Die Frau ohne Gesicht
wollte sie die Hilfe eines Profis, der die Fragen der Medien beantwortete, und für alle Fälle auch einen Anwalt.
»Arthur wird für ein paar Tage im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen. Und ich werde zum Freiwild für die Regenbogenpresse werden. Sie werden mein ganzes Leben unter die Lupe nehmen, jeden Arztbesuch ausspionieren, um nach Hinweisen zu suchen, ob ich geistig gestört bin oder ob das alles wirklich passiert ist. Und Arthur wird alles abstreiten. Aber ich habe die Aufenthalte im Frauenhaus als Beweis, und ärztliche Atteste über die Verletzungen.«
Lia konnte ihr eine Medienassistentin, eine Anwältin und obendrein eine Kosmetikerin versprechen, die dafür sorgen sollte, dass Sarah gepflegt aussah. Auch das hatte Mari am Abend zuvor bedacht.
»Und kann auf dem Video zum Schluss die Nummer einer Krisenstelle für Frauen eingeblendet werden?«, fragte Sarah.
»Ja, natürlich«, antwortete Lia, »da gebe ich dir mein Wort darauf.«
30.
Der große Bildschirm an der Wand von Maris Arbeitszimmer flackerte auf.
»So wird es ablaufen«, sagte Mari.
Lia und die Studio-Mitarbeiter betrachteten die jetzt erschienene Tabelle, in der mit Datum und Uhrzeit aufgelistet war, wann die Enthüllungen über Arthur Fried publik gemacht werden sollten und welche Aufgabe jeder von ihnen dabei hatte.
Wie ein Feldzug. Alles ist bedacht.
Lia saß zum ersten Mal mit dem ganzen Team zusammen. Sie betrachtete die Gruppe, die sich auf die Einsatzliste konzentrierte.
Maggie im lockeren, geblümten Kleid, eine gepflegte Dame. Rico in Schlabberjeans und T-Shirt. Der gut gelaunte Berg im üblichen weiten Overall. Paddy trug zu Ehren des Tages ein Jackett zu Jeans und Pullover. Und Mari, elegant und selbstsicher im engen Rock, wie die Chefin eines großen Unternehmens, die sich anschickt, mit ihrer Crew eine Firma zu erobern.
Sie waren alle verschieden und bildeten doch ein einheitliches Team. Lia fühlte sich den anderen unterlegen. Von ihrem Können, aber auch von ihrer Haltung her.
Dieses Team sollte Arthur Fried und seine Partei Fair Rule stürzen.
Sie wären fähig, einen internationalen Superkonzern zu stürzen. Es würde mich nicht wundern, wenn sich hier im Studio-Archiv schon ein solcher Fall fände.
Das erste Datum war in fünf Tagen, am 11. Dezember. Dann sollte es mit der Enthüllung Nummer eins losgehen. Bis dahin musste Lia einen angesehenen Journalisten ausfindig machen, dem sie Informationen über den Steuerbetrug in Frieds Firmen zuspielen sollte. Er würde die Informationen nur mündlich erhalten, zugleich aber erfahren, wo er die Fakten nachprüfen konnte. Zudem bekam er die Story nur unter der Bedingung, dass er sie in der vom Studio gewünschten Form veröffentlichte.
Eine Woche später würde Enthüllung Nummer zwei an der Reihe sein. Ein von Mari angeheuerter Privatdetektiv würde der Polizei die Beweise dafür übergeben, dass die Fair Rule rassistische Vereine unterstützte.
Mari sagte, sie werde für diese Aufgabe einen Mann einsetzen, der gute Beziehungen zur Polizei habe und daher rasch erfahren würde, was die Amtsgewalt unternahm.
»Wenn die Polizei nichts tut, spielen wir die Informationen einem Reporter zu.«
In diesem Fall würde Mari jemanden aussuchen, der für einen anderen Medienkonzern arbeitete als der Journalist, an den Lia die Angaben über den Steuerbetrug weiterleiten würde. Sie mussten verschiedene Medien einsetzen, damit nicht der Eindruck entstand, es handle sich um eine zentral gesteuerte Kampagne gegen Fried.
Die Enthüllung Nummer drei sollte kurz vor Weihnachten an die Medien gehen. Zu diesem Zweck würden Rico und Berg rechtzeitig ein Video mit Sarah Hawkins’ Bericht produzieren.
Es musste mit einer nicht identifizierbaren Kamera an einem Ort gefilmt werden, der nicht aufzuspüren war. Auch Sarah Hawkins durfte nicht wissen, wohin sie gebracht worden war. Die Hintergrundgeräusche mussten so bearbeitet werden, dass selbst Tonexperten der Polizei nicht feststellen konnten, wo die Aufnahme entstanden war.
»Das kriege ich hin«, versprach Rico.
Er hatte bereits geübt, indem er bei einem alten Britney-Spears-Video die Frequenzen der Hintergrundgeräusche entfernt hatte.
»Britney klingt umso besser, je mehr andere Geräusche man löscht«, sagte er.
Lia lachte, und Rico zwinkerte ihr vergnügt zu.
Schon vor der Veröffentlichung des Videos sollte Sarah Hawkins in ein Hotel gebracht werden. Wenn Arthur Fried begriff, dass jemand ihn bloßstellte, würde er
Weitere Kostenlose Bücher