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Die Frau vom Leuchtturm - Roman

Titel: Die Frau vom Leuchtturm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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des Geschreis ein hochgewachsener blonder Mann in einer abgetragenen Lederjacke und Jeans war. Er stand zwanzig Meter entfernt von mir und beugte sich über etwas, das in dem mit Regenwasser gefüllten Rinnstein lag.
    Das Gebrüll und mein erster verblüffter Aufschrei hatten Menschen aus der Bäckerei gelockt. Ich spürte, wie freundliche Hände mir aufhalfen. Besorgte Stimmen fragten mich, ob ich in Ordnung sei, und debattierten untereinander, ob man die Polizei rufen solle.
    Als ich wieder auf die Straße sah, trat der blonde Riese gerade von einem anderen Mann weg, der am Gehsteigrand hockte und sich die Rippen hielt. Der Blonde schrie noch eine letzte Drohung, der andere kam torkelnd auf die Beine und stolperte, die Arme immer noch fest um die Brust geschlungen, davon. Sein abstoßendes, mit Bartstoppeln überzogenes Gesicht war leichenblass.

    Und dann stand ohne Vorwarnung mein Held in der Lederjacke vor mir wie ein hinreißender Racheengel, der einem Actionfilm aus Hollywood entsprungen war.
    Er hielt mir meine Brieftasche entgegen und beugte sich leicht vor, um meine angeschlagene Nase genauer zu betrachten.
    Ich versuchte zu lächeln, doch das tat zu weh; daher schenkte ich ihm so etwas wie ein schiefes Grinsen, legte den Kopf zur Seite wie ein verletzter Papagei und suchte nach angemessenen Dankesworten.
    Unterdessen hatte die kleine Menge der Gaffer zufrieden festgestellt, dass man sich um mich kümmerte, und zerstreute sich wieder über die Gehwege von Manhattan.
    »Sie sollten vielleicht zum Arzt gehen«, meinte mein wunderschöner Retter mit einer angenehmen Bassstimme, in der ein Näseln wie aus dem Mittelwesten mitschwang.
    Heftig schüttelte ich meinen pochenden Schädel. »Mir geht es gut«, murmelte ich mit schmerzendem Kiefer. »Ich will bloß nach Hause.«
    Er musste gesehen haben, dass ich zu schwanken begann, denn plötzlich war mir sehr schwindlig. Ehe ich umfallen konnte, fühlte ich seine starke Hand, die meinen Arm stützte. »Also gut, nach Hause«, sagte er und hielt mich mit einer Hand mühelos aufrecht, während er mit der anderen meine wundersamerweise unbeschädigte Croissant-Tüte an sich nahm. »Ist das so nah, dass wir laufen können, oder soll ich ein Taxi rufen?«
    Wir waren gelaufen, weil ich darauf bestand. Besser gesagt, er ging, während ich mich schwer auf ihn stützte und neben ihm her stolperte.

    Zehn Minuten später saß ich in meiner kleinen Wohnung an dem chromblitzenden Cafétisch aus den 50er Jahren, und er legte behutsam ein mit Eis gefülltes Handtuch auf meine verletzte Nase. Ich unterwarf mich der angenehmen Behandlung wie eine zerbrochene Puppe und starrte töricht in das umwerfendste eisblaue Augenpaar, das ich je gesehen hatte. Stumm staunte ich darüber, wie das Sonnenlicht, das durch das Fenster fiel, sein weizenblondes Haar mit Gold übergoss.
    Die ganze Szene war derart melodramatisch, dass ich fast damit rechnete, dass Geigenmusik erklingen und das Sausen in meinen Ohren untermalen würde. Natürlich fühlte ich mich unglücklich, und zwar weit mehr, als die oberflächlichen Prellungen und Kratzer, die der Räuber mir beigebracht hatte, rechtfertigten. Denn ich konnte mir nur vorstellen, wie ich in den Augen meines Helden aussah: dreckig, blutverkrustet und mit einem Riss im Knie meiner Jogginghose.
    Und falls mein beschmutztes Äußeres noch nicht ausreichte, um meinen netten neuen Freund schreiend davonlaufen zu lassen, dann hatte ich ihm mit der Naivität, mit der ich mitten auf einer belebten Straße in Manhattan ganz offen meine Brieftasche gezeigt hatte, auch noch demonstriert, dass ich eine vollkommene Idiotin war.
    Also wartete ich darauf, dass das goldene Götterbild seine obligatorische Erste Hilfe beendete, dann eilig eine Entschuldigung murmelte und hastig den Rückzug antrat.
    Doch stattdessen pflegte er ausführlich meine zerschlagene Nase und mein aufgekratztes Knie und kochte mir heißen Tee. Dabei erfuhr ich, dass sein Name Robert
Jonathan Hayward lautete - »aber Sie können mich ruhig Bobby nennen« - und er Handelspilot war. Er erklärte, ursprünglich stamme er aus Colorado. Und als ich nach seinem Akzent aus dem Mittelwesten fragte, verriet er mir, dieses lakonische Näseln sei etwas, das sich alle Berufspiloten im Cockpit zulegten, wenn sie über Funk sprachen. Damit niemand am Boden ahnte, dass sie meistens die Hosen voll hätten, setzte er grinsend hinzu.
    Ich hatte gelacht, was mir Tränen in die Augen trieb, denn mein armer,

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