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Die Frau vom Leuchtturm - Roman

Titel: Die Frau vom Leuchtturm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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nicht richtig. Morgen nehme ich mich zusammen.«
    Dann stiegen um mich herum beruhigend die Luftblasen auf, und ich lag da wie ein Hummer im Kochtopf und sortierte gemächlich meine ungeordneten Gedanken.
     
    Eine Stunde später war ich gebadet, gekämmt und hatte den Großteil des Drecks von meinen Händen entfernt - bis auf das klebrige Zeug aus der Reifen-Sprühdose, das sich einfach nicht lösen wollte. In Bademantel und Hausschuhen ging ich in die Küche hinunter, um mich um das Abendessen zu kümmern. Es war noch früh, aber ich hatte einen Riesenhunger.
    Der schmale Vorrat an Lebensmitteln, den ich am vorigen Abend in dem Minimarkt eingekauft hatte, lag in dem großen, fast leeren Kühlschrank wie eine kleine,
wenig appetitanregende Insel. Ich wog die Alternativen ab - entweder Rührei mit Toast oder pochierte Eier ohne Toast - und überlegte dann, ob ich noch zum Supermarkt fahren sollte, was ich ursprünglich für den Nachmittag vorgehabt hatte.
    Aber es würde zu lange dauern, zuerst einzukaufen, dann nach Hause zu fahren und schließlich zu kochen.
    »Verdammt!«, schimpfte ich, an niemand im Besonderen gerichtet. »Ich habe jetzt Hunger.«
    Ich schalt mich selbst, weil ich den ganzen Tag vertrödelt hatte, trottete wieder nach oben und zog frische Jeans und meinen dicksten Pullover an. Zuerst, beschloss ich, würde ich zu Krabb’s fahren und eines ihrer berühmten Hummergerichte essen. Und anschließend würde ich mit meiner Einkaufsliste in den Supermarkt einfallen.
     
    Als ich auf den Parkplatz bei Krabb’s fuhr, fiel mir auf, dass ich mich nicht erinnern konnte, wann ich zum letzten Mal ernsthaft übers Essen nachgedacht hatte.
    Ich parkte unter der blitzenden Neonreklame des Restaurants, die eine Krabbe darstellte. Dann blieb ich noch einen Moment in dem grellen, rosafarbenen Licht sitzen und überprüfte meine Empfindungen. Der vertraute Schmerz in meiner Magengrube war noch da, aber er war nicht so stark wie noch gestern.
    Gestern schien der Schmerz nur für die gewaltige Leere zu stehen, die ich in meinem Inneren spürte.
    Doch heute Abend, wurde mir klar, hatte der Schmerz leicht nachgelassen. Und zumindest einen Teil des leeren Gefühls konnte ich auf meinen Hunger schieben. Ich freute mich tatsächlich auf das Essen.

    Und wie meine Begegnung mit den Eiern im Kühlschrank bewiesen hatte, war irgendetwas zu essen nicht genug gewesen.
    Gestern noch hätten mir die faden Eier ausgereicht.
    Heute stand mir der Sinn nach etwas Köstlichem. Aber das war noch nicht alles. Heute hatte ich Spaß gehabt, hatte an meinem Moped herumgebastelt und war auf die Insel hinausgefahren. Ich hatte ein normales Gespräch mit einem alten Bekannten geführt. Meine Gedanken waren zwar nie sehr weit von Bobby entfernt gewesen, aber ich war auch nicht in Tränen ausgebrochen. Tatsächlich hatte ich sogar häufiger an Dan gedacht als an Bobby.
    Vielleicht, überlegte ich, hatte Laura ausnahmsweise Recht gehabt. Doch dann fiel mir ein, dass Damon zuerst auf die Idee gekommen war, dass ich Manhattan verlassen sollte. Immer noch kein Punkt für Laura.
    Das Wichtigste war, entschied ich, dass ich anscheinend in Freedman’s Cove besser zurechtkam als in der Stadt.
    Und das war Fortschritt genug für einen Tag.
    Ich nahm mir vor, Damon anzurufen und ihm die guten Neuigkeiten mitzuteilen, sobald ich wieder zu Hause war. Dann stieg ich aus dem Wagen und ging ins Krabb’s, um zu Abend zu essen.
    Krabb’s Seafood House ist ein lang gestrecktes Restaurant im Stil der 50er Jahre mit chromeingefassten Resopaltischen. Die durchlöcherten Lampenschirme sind wie Raketenspitzen geformt und scheinen auf bequeme Sitznischen hinunter, deren Vinylpolster den Farbton von gekochtem Hummer aufweisen. Ob die Farbe Zufall oder Absicht war, ist unklar, denn Mr.
Krabb, der Begründer des Restaurants, ist schon lange tot und hat es nie verraten.
    Zum Glück wird die schockierend hässliche Ausstattung des Restaurants durch den spektakulären Blick über den Hafen, den seine gewaltigen Panoramaglasfenster bieten, aufgewogen. Und das Essen ist durchweg ausgezeichnet, wenn auch im Allgemeinen einfache Gerichte im Stil amerikanischer Schnellrestaurants überwiegen.
    Die übergroße, in Plastik geschweißte Speisekarte des Krabb’s beinhaltet neben dem Obligatorischen - Krabben, Fisch und Hummer, alles frittiert, gebacken, gegrillt oder in reichhaltigen Suppen gegart - die üblichen Standardgerichte wie Steaks, Koteletts und Nudelgerichte. Auch

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