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Die Frau vom Leuchtturm - Roman

Titel: Die Frau vom Leuchtturm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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dich zu sehen«, sagte er. »Verdammt schön!« In seinen Augen glitzerte alkoholisierter Überschwang, und er umfing meine Hände.
    »Weißt du, Sue, als du letztes Mal hier warst, habe ich mich ganz schön zum Narren gemacht«, gestand er schwer atmend. »Ich weiß nicht, was an diesem Tag in mich gefahren ist, dass ich von unserer Nacht auf dem Boot gesprochen habe …«
    Ich sah schon, wohin das führen würde, und war wirklich nicht in der Stimmung, ihn höflich zurückzuweisen. So machte ich meine Hände frei, griff nach der Speisekarte und hoffte, dass er den Hinweis verstehen und den Mund halten würde. Ich hatte mich heute ausgezeichnet geschlagen, und ich wollte nicht, dass er alles verdarb.
    »Ich wollte mich nur entschuldigen«, brummte er und brachte es fertig, verletzt auszusehen. »Zum Teufel, damals war ich noch mit Becky verheiratet … ich hatte kein Recht …«
    »Nicht nötig, dich zu entschuldigen, Tom. Ist ja nichts passiert«, sagte ich mit angestrengter Höflichkeit. »Das Haus sieht übrigens wunderbar aus«, setzte ich hinzu, um unauffällig das Thema zu wechseln. »Da hast du wirklich großartige Arbeit geleistet.«

    »Oh, findest du wirklich?«, fragte er ein wenig lallend. »Das macht mich richtig glücklich, Sue. Weißt du, ich schaue immer besonders gut nach dem alten Kasten, weil, na ja … weil wir beide schon vor langer Zeit ein Pärchen waren«, erklärte er bedeutungsschwanger.
    Über meine Speisekarte hinweg betrachtete ich seine verquollenen Augen und seinen leicht schlaffen Kiefer, der dabei war, Fett anzusetzen. Ich fragte mich, ob Alkohol der Grund für die Scheidung gewesen war oder ihre Folge darstellte. Er wirkte, als wolle er noch persönlicher werden, also schnitt ich ihm das Wort ab.
    »Ich bin halb verhungert«, sagte ich und sah mich nach einem Kellner um. Tom erhob sich halb und schnippte galant mit den Fingern wie ein lateinamerikanischer Playboy in einem alten Fred-Astaire-Film. Als Antwort kam eine Kellnerin mittleren Alters grollend an den Tisch geschlendert und starrte uns wütend an. Rasch gab ich meine Bestellung auf - gegrillten Hummer und einen grünen Salat -, und sie ging wieder.
    Tom schien endlich meinen unausgesprochenen Hinweis zu verstehen, denn er begann sich tollpatschig aufzurappeln. »Ich schätze, ich lasse dich lieber in Ruhe essen«, sagte er und wartete darauf, dass ich ihn zum Bleiben aufforderte.
    »War nett, dich wiederzusehen, Tom.« Zögernd überließ ich ihm noch einmal meine Hand.
    »Ruf mich an, wenn du dich eingerichtet hast«, sagte er und drückte sie plump-vertraulich. »Dann führe ich dich mal richtig schön zum Abendessen aus.«
    Ich lächelte gezwungen. »Vielleicht besser zum Lunch«, gab ich zurück.
    Die mürrische Kellnerin brachte meinen Salat, so
dass er sich bewegen musste. Am liebsten hätte ich sie umarmt, als er zurück in die lärmende Sportbar tappte. Doch dann blieb mir fast das Herz stehen, als er auf halbem Weg innehielt und zu meinem Tisch zurückkehrte.
    »Fast hätte ich es vergessen«, meinte er grinsend. »Das war ein guter Witz, den du Debbie erzählt hast.«
    Ich hatte den Mund bereits voller Salat und Krabb’s köstlichem Roquefort-Dressing, daher zog ich nur theatralisch die Augenbrauen hoch wie ein Straßenpantomime.
    »Na, dass Dan Freedman Anstreicher ist«, erinnerte mich Tom.
    Ich kaute schneller, schluckte und spülte den Salat mit einem großen Schluck Wein hinunter. »Verstehe ich nicht«, sagte ich, und so langsam schlich sich offener Ärger in meine Stimme. »Was ist daran so komisch?«
    Jetzt war es an Tom, verwirrt dreinzuschauen. »Du hast wirklich keine Ahnung, oder?«
    »Nein, Tom, ich habe wirklich keine Ahnung. Aber du wirst mich sicher gleich aufklären.«
    Tom tat einen weiteren Schritt auf mich zu und schaute sich dann um, als fürchtete er, jemand könne mithören, welches Geheimnis er mir enthüllen würde. »Freedan!«, sagte er dann leise. »Dan Freedman ist Freedan! Deswegen war deine Bemerkung so komisch, er wäre Anstreicher. Debbie dachte, du machst einen Witz.«
    »Oh!« Eine bessere Antwort fiel mir nicht ein.
    »Vergiss nicht, mich anzurufen!« Tom winkte mir zu und ging davon.
    Gedankenverloren spießte ich einen weiteren, mit Roquefort-Sauce getränkten Salatbissen auf und sah Tom nach, der in die Sportbar zurückkehrte.

    »Idiotin!«, murmelte ich, an mich selbst gerichtet, und steckte die tropfende Gabel mit Salat in den Mund. Wie hatte ich nur so blöd sein können?

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