Die Frau vom Leuchtturm - Roman
in meinem Inneren enthielt sich klugerweise jeder Bemerkung.
»Außerdem muss ich jetzt an Damon denken«, setzte ich etwas lauter hinzu, für den Fall, dass sie mich noch hörte.
Dan ist hier und kümmert sich zusammen mit dir um Damon, ließ sich die kleine Miss Praktisch überraschenderweise vernehmen. Darüber solltest du mal nachdenken, Fräulein Neunmalklug.
»Ach, halt den Rand«, fauchte ich. Ich war es leid, dass sie mir ketzerische Gedanken in den Kopf setzte.
Was glaubst du eigentlich, wie Bobby sich in dieser Situation verhalten hätte? Er konnte Damon nie leiden .
»Bobby wäre mitgekommen und für mich da gewesen«, fauchte ich zurück.
So wie damals, als Tante Ellen gestorben ist?
Ich versuchte die Stimme zu verdrängen und mich auf schöne Erinnerungen an Bobby zu konzentrieren. Es erschütterte mich, dass ich nicht gleich ein klares Bild von seinem Gesicht erzeugen konnte. Und ich hörte, wie die Stimme mich irgendwo in einem dunklen Winkel meines Kopfes auslachte.
»Verdammt! Jetzt sieh dir an, was du angestellt hast«, zischte ich. »Verschwinde und lass mich in Ruhe.«
Miss Praktisch verstummte erneut. Ich rutschte tiefer in die Wanne hinein, schloss die Augen und nahm mir vor, sobald ich fertig war, im Krankenhaus anzurufen und mich nach Damons Zustand zu erkundigen.
20. Kapitel
Das Essen verlief ruhig und entspannt.
Nachdem ich in der Wanne die Eiseskälte aus meinen Knochen vertrieben hatte, kehrte ich, angelockt von den köstlichen Düften, die unter der Badezimmertür hindurchzogen, im Bademantel in den Wohnraum zurück. Die pflaumenfarbenen Satinvorhänge vor den Panoramafenstern am Ende des Raums waren zurückgezogen und boten einen atemberaubenden Blick auf die nächtliche, verregnete Stadt, die ein paar Meilen entfernt auf der anderen Seite der Bucht lag.
»Ich hoffe, du hast Hunger.« Dan trat aus der anderen Tür und führte mich zu einem kleinen Tisch, der mit einer schneeweißen Decke und mit blitzendem Kristall und Silber eingedeckt war.
»Hmmm«, antwortete ich und erlaubte ihm, mir den Stuhl zurechtzurücken und mir eine Serviette in den Schoß zu legen.
»Wunderbar«, gab er zurück. »Mein Name ist Dan, und ich werde Sie heute Abend bedienen.« Mit einer geschmeidigen Bewegung öffnete er die Tür eines Servierwagens und holte einen knackigen, mit winzigen Shrimps aus der Bucht garnierten Salat hervor. »Frisch gemahlener Pfeffer?«, fragte er und hielt eine große, hölzerne Pfeffermühle hoch.
»Gern.« Ich lachte, als er mit einer schwungvollen
Handbewegung meinen Salat mit Pfeffer bestäubte und dann ein Kristallglas mit einem klaren südafrikanischen Riesling füllte.
»Sag mir nicht«, meinte ich, kostete den Wein und leckte mir die Lippen, um ihm meine Zufriedenheit zu bekunden, »dass du Oberkellner im Four Seasons warst, ehe du dein künstlerisches Talent entdeckt hast.«
»Nicht ganz«, gestand er zögernd, »aber als ich bei den Marines war, habe ich einmal einen ganzen Monat lang die Böden in der Offiziersmesse geputzt.«
»Aha, wusste ich es doch!«, rief ich aus. »Irgendwo musst du dir dieses elegante Auftreten ja angeeignet haben.«
Wir lachten beide, und dann nahm er seinen Salat aus dem Servierwagen und ließ sein Weinglas an meines klingen.
»Auf Damon!«, lautete Dans Trinkspruch.
Mein Lächeln verflog, und ich setzte unvermittelt mein Glas auf dem Tisch ab. »Oh Gott«, stöhnte ich. »Damon! Ich muss noch im Krankenhaus anrufen …«
Ich wollte aufstehen, aber Dan streckte den Arm über dem Tisch aus und drückte mich wieder auf meinen Platz. »Ich habe vor fünf Minuten telefoniert und mit Alice gesprochen«, erklärte er. »Seit du zuletzt bei ihm warst, hat sein Zustand sich nicht verändert. Aber die Vermittlung im Hotel hat Anweisung, Anrufe aus dem Krankenhaus durchzustellen, egal zu welcher Zeit.«
»Tut mir leid«, entschuldigte ich mich und sah auf meinen wunderbaren Salat hinunter. Mit einem Mal war mir der Appetit vergangen.
»Du musst etwas essen, Sue«, drängte mich Dan.
»Ich weiß«, antwortete ich bedrückt. »Es kommt mir nur nicht richtig vor, dass ich es so genieße.«
Er taxierte mich. »Ich frage mich, was Damon zu dieser Bemerkung gesagt hätte«, überlegte er.
Darüber dachte ich einen Moment nach. »Damon?« Unwillkürlich lächelte ich wieder. »Mein Gott, Damon ist so vollkommen respektlos, er würde wahrscheinlich so etwas Ähnliches sagen wie ›Mädel, wenn du diese süßen, rosigen kleinen Shrimps
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