Die Frau vom Leuchtturm - Roman
»Und vielleicht lassen wir einen Eimer heißes Wasser kommen, in den du deine Füße stellen kannst, damit sie nicht wieder kalt werden.«
»Klingt himmlisch«, seufzte ich.
Wir schwiegen lange, während Dan den Wagen auf die Umgehungsstraße lenkte, die zum Flughafen führte.
»Die Ärztin hat doch mit dir gesprochen, als ich das erste Mal zu Damon hineingegangen bin«, sagte ich mit verzagter Stimme. »Sag mir die Wahrheit, Dan, glaubt sie wirklich, dass er das überleben wird?«
Dan dachte mehrere Sekunden lang über meine Frage nach. »Ich glaube, wenn jemand Damon durchbringen kann, dann sie«, antwortete er schließlich. Lächelnd strich er über meine Hand. »Sie hat mir erklärt, sie hätte das Gefühl, Damon sei ihr geschickt worden, um festzustellen, ob sie wirklich so gut ist wie ihr Ruf.«
Ich nickte beifällig. »Das klingt gut«, sagte ich. »Sehr gut sogar.«
Bei den »paar Zimmern«, die die Freedan Studios im Hyatt reserviert hatten, handelte es sich, wie sich herausstellte,
um eine der vier VIP-Suiten im Penthouse. Die Freedan-Suite bestand aus zwei sehr großen Schlafzimmern, von denen jedes sein eigenes Bad besaß, und einem weitläufigen Wohnraum, in dem nichts fehlte: Konferenztisch, Fax, Computer mit Internetanschluss, Bar und alle anderen vorstellbaren Annehmlichkeiten. Die gesamte Suite war mit englischen Antiquitäten aus dem späten 18. Jahrhundert im japanischen Stil eingerichtet, und an den exklusiv mit Seide und Reispapier bezogenen Wänden hingen Originalgemälde von Dan.
Er hatte aus dem Wagen angerufen, daher wurden wir vom Direktor des Hyatt persönlich empfangen und nach oben geleitet. Er informierte uns auch darüber, dass der Chefkoch des Viersternerestaurants unsere Bestellung beim Zimmerservice erwarte.
»Okay«, sagte ich, als der Hoteldirektor, der überhaupt nicht erstaunt darüber gewirkt hatte, dass mein gut aussehender Freund mit meiner zerzausten Wenigkeit im Schlepptau auftauchte, gegangen war, »ich bin beeindruckt.«
»Gut«, gab Dan verschmitzt zurück. »Ich hatte mich schon gefragt, womit man bei einem übersättigten Mitglied der New yorker Kulturschickeria noch Eindruck schinden kann.«
Trotz des traurigen Anlasses, der uns zusammen nach Boston geführt hatte, fühlte ich mich zum ersten Mal an diesem Tag wohl. Inzwischen war ich in Dans Gesellschaft vollkommen unbefangen. Und es fühlte sich ganz normal an, mich auf das mit kostbarem Brokat bezogene Sofa fallen zu lassen und müde die Schuhe abzustreifen. »Kein Wunder, dass die arme Debbie Carver - Entschuldigung, Olson - so nostalgisch dreinschaut, wenn
sie von dir redet«, zog ich ihn auf und sah mich in der luxuriösen Suite um.
Dan trat an die Bar und suchte im Kühlschrank nach einem Bier. Er öffnete es und nahm einen tiefen Schluck direkt aus der Dose. »Du hast mir nie erzählt, dass du mit Debbie geredet hast«, meinte er vorwurfsvoll. »Möchtest du etwas trinken?«
Ich bat um einen Weißwein. »Oh ja, Debbie und ich haben uns kürzlich sehr nett unterhalten«, gestand ich, während er eine kleine Flasche Sauvignon fand und mir ein Glas davon einschenkte.
Er brachte mir den Wein und ließ sich mir gegenüber in einen Sessel fallen. »Interessant«, sagte er vollkommen ernst. »Hat sie dir auch erzählt, dass ich ihr vor ein paar Jahren eine Stelle in meiner Firma angeboten habe?«
Verblüfft blickte ich auf, denn ich hatte eigentlich nur einen Witz machen wollen. »Und sie hat abgelehnt?«, fragte ich.
Er nahm noch einen Schluck von seinem Bier. »Debbie meinte, wenn sie für mich arbeiten würde, dann würde jeder in der Stadt glauben, wir hätten eine Affäre. Und natürlich hatte sie damit Recht. Aber das hat die ganze Stadt früher auch schon geglaubt, also habe ich sie gefragt, wo der Unterschied wäre. Weißt du, was sie mir geantwortet hat?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Sie sagte, sie hätte nichts dagegen, wenn die Gerüchte wahr wären«, antwortete Dan. »Da sie es aber nicht seien, würde sie überhaupt kein Liebesleben mehr haben, wenn sie den Job annähme. Also meinte sie: ›Danke, alter Kumpel, aber nein danke.‹«
Ich lächelte. »Langsam beginne ich zu verstehen,
warum du Debbie so gern gemocht hast«, sagte ich und nippte an meinem Wein.
»Ich mag sie immer noch«, verbesserte er mich, »und daran wird sich auch nie etwas ändern. Sie ist ein wunderbarer Mensch.«
»Und was ist mit deinem aktuellen Liebesleben?«, erkundigte ich mich neugierig. »Schließlich
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