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Die Frau vom Leuchtturm - Roman

Titel: Die Frau vom Leuchtturm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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seine Kabine gestürzt und hatten mit ihm gerungen, um ihn wieder ins Bett zu befördern. Ein eintreffender Krankenpfleger hatte mich praktisch aus dem Zimmer gestoßen, und dann bohrte sich eine Nadel in Damons nackten Oberschenkel, und sein panisches, schrilles Gekreisch wurde zu einem unzusammenhängenden Schluchzen und Plappern.
    Dan saß auf der anderen Seite der Resopaltischplatte, sah mich besorgt an und überlegte ganz offensichtlich, was er sagen sollte, um mich nicht noch mehr aufzuregen. »Ich weiß es nicht«, meinte er hilflos. »Bist du dir sicher, dass du ihn richtig verstanden hast? Du hast gesagt, er hätte sich ziemlich irrational verhalten.«
    »Bobby«, wiederholte ich langsam und versuchte vollkommen ruhig zu sprechen. »Damon hat gesagt, er hätte Bobby gesehen.« Ich trank von dem bitteren heißen Kaffee, der mir die Zunge verbrannte. »Was hat das zu bedeuten, Dan?«
    Dan wandte den Blick ab, und ich sah die Erleichterung in seinen Augen, als Alice die Cafeteria betrat und zu uns herüberkam. Sie ließ sich schwer auf den Stuhl
neben mir sinken und nahm dankbar den Becher Kaffee an, den Dan schon für sie besorgt hatte. Mir fiel auf, dass auf ihrer Wange ein langer Kratzer prangte.
    »Bedaure, was da oben passiert ist«, meinte sie, nachdem sie vorsichtig von der kochend heißen Flüssigkeit getrunken hatte. »Offenbar war er noch nicht so weit und hätte mit niemandem sprechen dürfen.«
    »Ist er …?« Ich suchte nach den richtigen Worten, um meine Frage nach Damons Zustand zu formulieren.
    »Er schläft wie ein Säugling«, gab sie zurück, ehe ich meine Gedanken sammeln konnte. »Größtenteils, weil ich ihm eine ordentliche Dosis Valium verpasst und ihn auf hundertprozentigen Sauerstoff gesetzt habe. In seinem geschwächten Zustand hat ihn diese Kombination umgehauen wie ein Betäubungsschuss für Elefanten.«
    Alice zögerte, und ich sah, dass sie überlegte, wie klug es gewesen war, Damon so kurz nach seinem wundersamen Aufwachen aus dem Koma kurzerhand wieder in Bewusstlosigkeit zu versetzen. »Normalerweise vermeidet man es in einer solchen Situation unter allen Umständen, den Körper des Patienten durch Medikamente zu belasten«, erklärte sie. »Aber die Alternative wäre gewesen, schwere Sekundärverletzungen zu riskieren, als er um sich geschlagen hat.«
    Sie tätschelte eine meiner zitternden Hände. »Keine Sorge. Seine Vitalzeichen sind immer noch kräftig, und ich glaube, wenn er sich ausgeschlafen hat, ist er in Ordnung.«
    »Gott sei Dank«, keuchte ich.
    »Also«, fuhr sie fort und sah mich aus ihren kühlen grünen Augen an, »was genau ist passiert, bevor ich ins Zimmer kam und Sie dabei angetroffen habe, wie Sie
Ihren kleinen Freund davon abhalten wollten, aus dem Bett zu springen?«
    Ich sah auf meine Hände hinunter und schüttelte hilflos den Kopf.
    »Als Sue ihn gefragt hat, ob er sich an den Absturz erinnere«, antwortete Dan an meiner Stelle, »geriet er plötzlich in große Aufregung und hat ihr erzählt, er habe ihren toten Freund gesehen. Er wirkte geradezu panisch.«
    »Und kurz davor hat er von einem sehr hellen Licht gesprochen«, warf ich ein. »Aber das schien ein positives Erlebnis gewesen zu sein.«
    Ich nahm noch einen Schluck von meinem Kaffee, der inzwischen leicht abgekühlt war, und dachte einen Moment nach. »Zuerst habe ich geglaubt, er hätte sich an die Lichter auf den Schiffen und den Rettungshubschraubern erinnert, die nach Überlebenden suchten.«
    Alice Cahill lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück und schaute in ihren Kaffeebecher. »Ich glaube nicht, dass seine Erinnerung sich darauf bezieht«, meinte sie langsam. »Ich habe so etwas schon häufiger gehört.« Sie hielt inne und prüfte mit dem Finger die Temperatur ihres Kaffees. »Wissen Sie noch, dass ich Ihnen erzählt habe, dass Damons Herz nicht mehr schlug, als er hier ins Krankenhaus eingeliefert wurde?«
    Ich nickte.
    »Ich bin mir nicht ganz sicher, wie lange er weg war - klinisch tot, wie wir es nennen -, bevor der Rettungshubschrauber gelandet ist«, fuhr die Ärztin besorgt fort. »Vielleicht nur eine oder zwei Minuten … Aber es könnte auch viel länger gewesen sein. Die Sanitäter von der Küstenwache hatten an diesem Morgen Probleme
mit ihren Überwachungsmonitoren. Wir werden es also nie genau erfahren. Damon könnte ebenso gut bis zu zehn Minuten klinisch tot gewesen sein - und ebenso lange wäre sein Gehirn nicht mit Sauerstoff versorgt worden …«
    »Zehn Minuten?«

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