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Die Frau vom Leuchtturm - Roman

Titel: Die Frau vom Leuchtturm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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ist«, sagte ich, »dass sie das goldene Licht gesehen hat, Dan. Sie weiß, dass es da ist und auf sie wartet …«
    Dan runzelte die Stirn. »Und du konntest sie nicht überzeugen, wieder ins Licht zu gehen?«
    »Nicht ohne Ned Bingham.« Ich seufzte frustriert. »Verstehst du, Aimee glaubt, ihr Liebster sei irgendwie verloren gegangen, als die beiden … als sie gesprungen ist, und dass er gleich hinter ihr sein müsse. Und so wandert ihr Geist bis in alle Ewigkeit umher, wartet und sucht nach ihm.«
    Nachdenklich kaute Dan einen Moment lang auf seiner Unterlippe. »Wenn du ihr die Wahrheit über Bingham
sagen würdest«, schlug er vor, »würde sie das vielleicht befreien.«
    Zweifelnd schüttelte ich den Kopf. »Sie würde mir sicher nicht glauben«, gab ich zurück und dachte daran, dass ich selbst bis vor kurzer Zeit davon überzeugt gewesen war, Bobby könne unmöglich tot sein, und das trotz der überwältigenden Beweise für das Gegenteil.
    »Nein«, sagte ich. »Ich glaube, die Wahrheit über Ned Bingham würde Aimee nur noch weiter verwirren, so dass sie nie ins Licht findet.«
    Durch die beschlagene Windschutzscheibe tauchte die rote Leuchtreklame des Supermarkts auf. Dan sprach erst wieder, als wir auf den dicht besetzten Parkplatz eingebogen waren und eine Lücke zwischen einem neuen Explorer und einem rostigen Chevy-Pick-up gefunden hatten.
    »Und was ist nun mit Damon?«, fragte er, schaltete den Motor aus und wandte sich mir zu, als hätte er meinen nächsten Gedanken gelesen. »Konnte Aimee erklären, warum dein Freund im Licht eine so unangenehme und furchteinflößende Begegnung mit Bobby hatte?«
    Hilflos schüttelte ich den Kopf. »Das war das Enttäuschendste an unserem Gespräch«, antwortete ich. »Als ich Damons Nahtod-Erfahrung angesprochen habe, schien Aimee nicht wirklich zu verstehen, was ich von ihr wollte.«
    Ich wandte mich ab, um aus dem mit Schlamm bespritzten Seitenfenster zu sehen, und erinnerte mich an die unerwartete Reaktion des unglücklichen Gespensts auf meine Frage nach Damons furchteinflößender Begegnung mit Bobby.
    Dan wartete auf meine Antwort und tippte mit den
Fingerspitzen leise auf das Lenkrad. »Was hat sie gesagt, Sue?«, fragte er schließlich. In seiner Stimme lag ein kaum wahrnehmbarer, ungeduldiger Unterton.
    »Sie hat mich ausgelacht«, gab ich zögernd zurück, den Blick auf den unheilverkündenden, immer tiefer hängenden Himmel über dem Atlantik gerichtet.
    »Sie hat gelacht?«
    Langsam nickte ich, ohne ihn anzusehen. »Aimee hat darauf bestanden, nichts von dem, was Damon berichtet hat, könne jemals im Licht geschehen«, murmelte ich. Selbst in dem stillen Wagen war meine Stimme kaum zu hören. »Sie hat mir erklärt, das Licht sei ein Ort, an dem alles unfassbar friedlich und gut sei«, fuhr ich fort. Beklommen hörte ich meine eigene ausdruckslose Stimme. »Es ist das Eingangsportal zur anderen Seite, ein neutraler Ort des Willkommens und der Freude, an dem jeder irdische Schmerz vergessen ist.«
    Unvermittelt wandte ich mich Dan zu. »Sie hat über meine Frage gelacht und mir erklärt, Damon könne Bobby unmöglich im Licht begegnet sein«, flüsterte ich. »Das wäre nur denkbar, wenn sie im Leben die allerbesten, engsten Freunde gewesen wären.«
    Ich sah auf meine verkrampfte, blutleere Faust hinunter, die in meinem Schoß lag, und spürte, wie ich den kleinen Ball noch weiter zusammendrückte. »Aber wie ich dir schon sagte, sind Damon und Bobby niemals Freunde gewesen. Sie konnten einander nicht einmal leiden. Was hat das also zu bedeuten?«
    Dan runzelte die Stirn und dachte über meine Frage nach. Dann, plötzlich, verschwanden die Sorgenfalten, und ein breites Grinsen erhellte seine Züge. »Offensichtlich bedeutet es überhaupt nichts, Sue«, sagte er und
bog meine verkrampften Finger auf. Er nahm mir das zerdrückte Papiertaschentuch aus der Hand, entfaltete es und tupfte meine feuchte Wange damit ab. »Höchstens, dass Alice Cahill vielleicht doch Recht hatte.«
    Ich starrte ihn verständnislos an.
    »Verstehst du denn nicht?« Dan lachte. »Offenbar sind Damons Nahtod-Erfahrung im Licht und irgendein schlechter Traum oder ein mieses Gefühl über Bobby, das er entweder vorher oder nachher gehabt hat, in seiner Erinnerung durcheinandergeraten.«
    »Oh«, sagte ich. Seine Logik überzeugte mich nicht ganz.
    »Schau«, sagte Dan, sanfter jetzt, »lass uns Damons Worte jetzt nicht auf die Goldwaage legen. Wir dürfen nicht vergessen, dass

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