Die Frau vom Leuchtturm - Roman
ich.
»Der Sturm wird seine volle Kraft erst morgen Vormittag entwickeln«, sagte er. »Wir kommen vielleicht sogar besser weg, als wenn wir bis nach Sonnenaufgang warten.« Dan nahm mich in die Arme und hielt mich fest. »Keine Sorge, ich bringe dich zu Damon.« Er lächelte. »Ich glaube, es ist für euch beide das Beste, wenn ihr euch so bald wie möglich seht.«
Ich reckte mich und küsste ihn leidenschaftlich. Dann wischte ich mir eine Träne aus dem Augenwinkel und räusperte mich. »Dan Freedman, hat dir eigentlich schon mal jemand gesagt, dass du ein großartiger Kerl bist?«
Zum ersten Mal, seit ich ihn kannte, errötete Dan heftig. »Na ja, man hat mir immerhin schon mal gesagt, dass ich ein teuflisch gutes Salatdressing mache«, sagte er und schlug bescheiden die Augen nieder.
Eine Viertelstunde später ging Dan nach draußen und fuhr mit dem Mercedes weg.
Wir hatten kurz diskutiert und den Kaffee getrunken, den wir nach dem Abendessen nicht mehr geschafft hatten, und schließlich hatten wir einen groben Plan für unsere nächtliche Fahrt nach Boston entworfen: Dan würde kurz nach Hause fahren, um eine Reisetasche zu packen, und wollte dann zu einer Tankstelle an der Interstate fahren, die die ganze Nacht über geöffnet hatte, volltanken und sich nach den Straßenverhältnissen erkundigen.
Unterdessen wollte ich ebenfalls packen und reisefertig sein, wenn er mich in einer halben Stunde abholte.
Oben in meinem Zimmer warf ich Make-up, Unterwäsche und andere notwendige Kleinigkeiten in eine Reisetasche, als das altmodische schwarze Telefon auf meinem Nachttisch läutete. Mit der Vermutung, das müsse Dan sein, der in letzter Minute noch etwas wegen der Fahrt besprechen wollte, nahm ich den schweren Hörer ab und meldete mich.
Durch das uralte Telefon, dessen Schnur in einer Buchse in der Wand meines Zimmers steckte, kam die Fernverbindung aus Boston erstaunlich klar durch, fast ganz ohne die elektronische Störung, durch die man unten auf dem schnurlosen Apparat kaum etwas hatte verstehen können. Zum Teufel mit der Technik des Weltraumzeitalters, dachte ich.
»Gott sei Dank erreiche ich dich, Sue«, sagte eine leise, aber vertraute Stimme.
»Damon, bist das wirklich du?« Ich strahlte glücklich. »Gott, du klingst wunderbar. Hör zu, ich werfe gerade noch ein paar Sachen in eine Tasche, und dann komme ich noch heute Nacht zu dir …«
»Hör mir jetzt genau zu, Sue..« Damons Stimme klang merkwürdig schrill, und mit einem Mal hatte ich Angst, es könne doch nicht alles in Ordnung sein.
»Bist du okay?«, erkundigte ich mich vorsichtig.
»Um Gottes willen, halt einfach den Mund und hör mir bitte zu«, fauchte er und bestätigte damit meinen Verdacht, dass etwas nicht stimmte.
»Ist Dr. Cahill bei dir?«, unterbrach ich ihn, bevor er noch etwas sagen konnte.
Damons Stimme sank zu einem kaum hörbaren Flüstern herab. »Rede mir nicht von diesem Drachen«, schimpfte er. »Ich bin ihr in einem Rollstuhl entwischt, als sie gerade nicht hinsah, mit gebrochenen Beinen und allem. Aber ich zweifle nicht daran, dass die gute Ärztin inzwischen ein Suchkommando aufstellt.«
Am anderen Ende der Leitung trat ein kurzes Schweigen ein, gefolgt von mühsamen Atemzügen. »Ich glaube nicht, dass sie länger als ein paar Minuten brauchen werden, um mich zu finden«, sagte Damon schwach, »also hör mir gut zu …«
»Wo bist du, Damon?«, verlangte ich zu wissen.
»Keine Ahnung«, antwortete er, und plötzlich klang seine Stimme gepresst vor Schmerz. »Irgendwo in einem Büro, auf der Entbindungsstation, glaube ich.« Damon stieß eine abgekürzte Version des idiotischen Kicherns aus, das sein Markenzeichen ist. »Wäre ich nie drauf
gekommen, wenn nebenan nicht die Neugeborenen kreischen würden wie abgestochene Ferkel.«
»Bist du verrückt geworden?«, schrie ich. »Du bist schwer verletzt, Damon. Du wirst dir noch wehtun. Ich will, dass du sofort auf dein Zimmer zurückfährst!«
Wieder gab er keine Antwort, und kurze Zeit hörte ich nur seinen keuchenden Atem und gelegentlich ein elektronisches Nebengeräusch in der Leitung.
»Bist du da, Damon?«
»Ja doch«, sagte er matt. »Und ich bin ganz bestimmt nicht verrückt, Sue. Seit Stunden versuche ich diesen Krankenhaus-Nazis zu erklären, dass ich Bobby gesehen habe … Aber jedes Mal, wenn ich den Mund aufmache, um jemandem davon zu erzählen, stecken die Bastarde mir noch eine Spritze ins Hinterteil. Ich musste dich einfach anrufen
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