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Die Frau von dreißig Jahren (German Edition)

Die Frau von dreißig Jahren (German Edition)

Titel: Die Frau von dreißig Jahren (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Ihnen fordere als die, die Sie mir bisher gebracht haben und deren Umfang von mir eigentlich besser gewürdigt werden sollte ... Aber es muß sein ... Sie dürfen nicht in Frankreich bleiben. Es Ihnen zu gestatten, hieße das nicht, Ihnen heilige Rechte einräumen?« fügte sie hinzu und legte die Hand des jungen Mannes auf ihr klopfendes Herz. »Ja«, erwiderte Arthur und stand auf.
    Er wies auf Monsieur d'Aiglemont, der jenseits eines Hohlweges an dem Treppengeländer des Schlosses erschien und seine Tochter in den Armen hielt. Er war hinaufgestiegen, um die kleine Hélène herunterspringen zu lassen. »Julie, ich sage Ihnen nichts von meiner Liebe, unsere Seelen verstehen sich ohnedies. So tief, so geheim mein Glück auch war, Sie haben es geteilt. Ich fühle, ich weiß, ich sehe es. Nunmehr erhalte ich die köstliche Gewißheit der dauernden Gemeinschaft unserer Herzen, aber ich werde fliehen ... Ich habe die Mittel, diesen Mann zu töten, mehrmals zu genau berechnet, als daß ich dauernd der Versuchung widerstehen könnte, wenn ich in Ihrer Nähe bliebe.« – »Ich habe den gleichen Gedanken gehabt«, sagte sie, und ihr verstörtes Gesicht drückte schmerzliche Überraschung aus. Jedoch sprachen so viel Tugend, so viel Selbstsicherheit und so viele in geheimen Kämpfen über ihre Liebe errungene Siege aus ihrem Ton und ihrer Gebärde, daß Lord Grenville von Bewunderung ergriffen war. Selbst der Schatten des Verbrechens mußte aus diesem unschuldigen Gewissen schwinden. Das religiöse Gefühl, das auf dieser schönen Stirn vorherrschte, mußte immer die unwillkürlichen bösen Gedanken verjagen, die von unserer unvollkommenen Natur herrühren und die uns sowohl die Größe als die Gefahren unseres Schicksals offenbaren.
    »Dann hätte ich mir Ihre Verachtung zugezogen, und die würde mich gerettet haben«, sagte sie, indem sie die Augen niederschlug. »Ihre Achtung verlieren, heißt das nicht sterben ?«
    Die beiden heroischen Liebenden verharrten noch einen Augenblick in Stillschweigen, bemüht, ihren Kummer niederzuzwingen: ihre Gedanken, ob schlecht oder gut, waren getreulich dieselben; sie verstanden sich ebensogut in ihren geheimen Freuden wie in ihren verborgensten Schmerzen.
    »Ich darf nicht murren, das Unglück meines Lebens ist mein Werk«, sagte sie und hob ihre tränenfeuchten Augen zum Himmel.
    »Mylord«, rief der General von seinem Platz aus und deutete ins Tal, »hier sind wir uns zum erstenmal begegnet! Sie erinnern sich vielleicht nicht mehr? Sehen Sie, dort unten, bei den Pappeln!«
    Der Engländer antwortete mit einem hastigen Kopfnicken.
    »Ich mußte jung und unglücklich sterben«, sagte Julie. »Ja, glauben Sie nicht, daß ich leben werde. Der Kummer wird ebenso tödlich sein wie die schreckliche Krankheit, von der Sie mich geheilt haben. Ich halte mich nicht für schuldig. Nein, die Gefühle, die ich für Sie hege, sind unauslöschlich, ewig, wenn auch sehr unfreiwillig, und ich will tugendhaft bleiben. Doch will ich meiner Gattinnenehre und Mutterpflicht ebenso wie den Forderungen meines Herzens treu sein. Hören Sie«, sagte sie mit vor Erregung zitternder Stimme, »ich werde diesem Manne nicht mehr gehören, niemals mehr!« Und mit einer Gebärde, die ihren Abscheu und die Aufrichtigkeit des Gesagten unterstrich, wies Julie auf ihren Mann. »Die Gesetze der Gesellschaft verlangen es, daß ich ihm sein Leben angenehm gestalte, ich werde ihnen gehorchen. Ich werde seine Dienerin sein; meine Aufopferung für ihn soll grenzenlos sein; doch von heute ab bin ich Witwe. Ich will weder in meinen Augen noch in denen der Gesellschaft eine Dirne sein. Wenn ich nicht d'Aiglemont gehöre, so will ich auch keinem andern gehören. Sie werden von mir nur das besitzen, was Sie mir entrissen haben. Das ist das Urteil, das ich über mich selbst gesprochen habe«, sagte sie, indem sie Arthur mit Stolz ansah. »Es ist unwiderruflich, Mylord. Wenn Sie einer verbrecherischen Regung nachgeben sollten, so würde d'Aiglemonts Witwe in ein Kloster gehen, entweder in Italien oder in Spanien. Das Unglück hat gewollt, daß wir von unserer Liebe gesprochen haben. Vielleicht waren diese Geständnisse unvermeidlich; aber es soll das letzte Mal sein, daß unsere Herzen so heftig schlugen. Morgen werden Sie vorgeben, einen Brief erhalten zu haben, der Sie nach England zurückruft, und wir werden uns trennen, um uns niemals wiederzusehen.« Nachdem Julie so gesprochen hatte, fühlte sie, erschöpft von der

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