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Die Frau von dreißig Jahren (German Edition)

Die Frau von dreißig Jahren (German Edition)

Titel: Die Frau von dreißig Jahren (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Der Befehlshaber stand mit über der Brust verschränkten Armen am Fuße des Hauptmastes; er war waffenlos, nur eine Axt lag zu seinen Füßen. Um sich gegen die Sonne zu schützen, trug er einen großen breitkrempigen Filzhut, der sein Gesicht beschattete. Wie Hunde, die zu Füßen ihres Herrn liegen, heftete die Mannschaft, Soldaten und Matrosen, abwechselnd die Augen auf ihren Kapitän und das Handelsschiff. Als die beiden Briggs aneinanderstießen, wurde der Korsar aus seiner Träumerei gerissen, und er sagte einem jungen Offizier, der neben ihm stand, zwei Worte ins Ohr. »Die Enterhaken!« rief der Leutnant. Und die ›Sankt Ferdinand‹ wurde von der ›Othello‹ mit wunderbarer Schnelligkeit geentert. Den Befehlen gehorchend, die der Korsar leise erteilt und der Leutnant wiederholt hatte, begaben sich die zu den verschiedenen Diensten bestimmten Männer hintereinander, wie Seminaristen, die zur Messe gehen, auf das erbeutete Schiff, um den Passagieren und Matrosen die Hände zu binden und sich der Schätze zu bemächtigen. Im Nu waren die mit Piastern gefüllten Tonnen, die Lebensmittel und die Mannschaft der ›Sankt Ferdinand‹ auf die Brücke der ›Othello‹ transportiert. Der General glaubte unter dem Bann eines Traumes zu stehen, als er mit gebundenen Händen, als wäre er selbst eine Ware, auf einen Ballen geworfen wurde. Zwischen dem Korsaren, seinem Leutnant und einem Matrosen, der den Dienst des Bootsmanns zu versehen schien, fand eine Beratung statt. Als diese Unterredung, die nicht lange währte, beendet war, pfiff der Matrose seinen Leuten; auf einen Befehl, den er ihnen gab, sprangen sie alle auf die ›Sankt Ferdinand‹, kletterten in das Tauwerk und fingen an, sie ihrer Rahen, Segel, ihrer Takelage mit der gleichen Behendigkeit zu berauben, wie ein Soldat auf dem Schlachtfelde einen toten Kameraden auszieht, dessen Schuhe und Rock sein Begehren erregen. »Wir sind verloren«, sagte der spanische Kapitän, welcher die Gebärden der drei Schiffsoberen während ihrer Beratschlagung und die Bewegungen der Matrosen, die eine regelrechte Plünderung der Brigg vornahmen, mit den Augen verfolgt hatte, kaltblütig zum Marquis. »Wie denn?« fragte der General teilnahmslos. »Was sollen sie mit uns anfangen?« entgegnete der Spanier. »Sie sind jedenfalls zu der Einsicht gekommen, daß sie die ›Sankt Ferdinand‹ in den Häfen von Frankreich und Spanien schwer losschlagen können, und werden sie versenken, damit sie ihnen nicht weiter zur Last ist. Was uns angeht, glauben Sie denn, sie werden sich unsere Beköstigung aufladen, wo sie doch nicht wissen, in welchen Hafen sie einlaufen können?«
    Kaum hatte der Kapitän diese Worte beendet, als ein markerschütterndes Geschrei erscholl, dem ein dumpfes Geräusch folgte, welches von mehreren ins Wasser fallenden Körpern herrührte. Er drehte sich um und sah die vier Kaufleute nicht mehr. Acht wild aussehende Kanoniere hatten die Arme noch hochgehoben, als der General sie mit Grauen anstarrte. »Habe ich es Ihnen nicht gesagt?« bemerkte der spanische Kapitän ungerührt. Der Marquis erhob sich hastig; das Meer hatte sich schon wieder geglättet, er konnte nicht einmal die Stelle sehen, wo seine unglücklichen Gefährten untergegangen waren; sie sanken wohl jetzt mit gebundenen Füßen und Händen in die Tiefe, wenn die Fische sie nicht etwa schon gefressen hatten. Einige Schritte von ihm entfernt schlossen der verräterische Steuermann und der Matrose der ›Sankt Ferdinand‹, der die Stärke des Pariser Kapitäns gerühmt hatte, Freundschaft mit den Korsaren und bezeichneten ihnen mit dem Finger diejenigen von den Leuten der Brigg, die sie würdig erachteten, der Mannschaft der ›Othello‹ einverleibt zu werden; den übrigen wurden, obwohl sie schreckliche Flüche ausstießen, von zwei Schiffsjungen die Füße gebunden. Nachdem die Auswahl beendet war, bemächtigten sich die acht Kanoniere der Opfer und warfen sie ohne Umstände ins Meer. Die Korsaren beobachteten mit boshafter Neugier die verschiedenen Arten, wie diese Männer fielen: ihre verzerrten Gesichter und Todesqualen; doch ihre Züge drückten weder Spott noch Erstaunen, noch Mitleid aus. Es war für sie ein ganz belangloser Vorgang, an den sie gewöhnt waren. Die älteren von ihnen betrachteten mit finsterem, beharrlichem Lächeln die Fässer voller Piaster, die am Fuße des Hauptmastes aufgestellt waren. Der General und der Kapitän saßen auf einem Warenballen und tauschten

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