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Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition)

Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition)

Titel: Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Muellner
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zu
einem Zeitpunkt, als die Straße bereits auf Grund des schlechten Zustandes als
unpassierbar galt. Der Dschungel und die Wüste hatten sich das zurückgeholt,
von dem sie dachten, dass es ihnen gehörte, Erdbeben hatten die Strecke
zerrissen, zerklüftet, und, wo die Natur nicht wütete, dort tat es der Mensch. Damals
arbeitete er als Techniker auf dem Gebiet der Radioastronomie, später dann als
Trainer bei kleineren und größeren Zulieferbetrieben für die Raumfahrt. Er machte
sich dafür stark, den Marsplan eines gewissen R. Zubrin weiterzuverfolgen, bis
er reif war für die technische Umsetzung. Da wurde erstmals Ares Limited auf
ihn aufmerksam. Sie wollten ihn ursprünglich als Trainer einstellen. Aufgrund
seines Fachwissens und seiner Coolness waren seine Vorgesetzten jedoch bald der
Ansicht, dass sie damit nur ein gigantisches Potential verschenkten. In
Diskussionen verlor er nie ein lautes Wort, meist gar keines; er lieferte die
technischen Argumente und ließ diese für sich sprechen. Karen wusste, dass sie
für die bevorstehende Reise keinen besseren Techniker finden hätte können.
    Aufgekratzt und außer sich vor Freude schien der Leiter vom
Atlantica 3 Raumdock zu sein, als das Shuttle an der Rampe festgemacht hatte
und Karen ihm ihre Hand zur Begrüßung hinstreckte.
    »Willkommen auf Atlantica 3«, sagte Walter Schwartz. Sein Gesicht
strahlte vor Begeisterung, die an seinem ersten Arbeitstag vor über vier
Jahrzehnten kaum größer gewesen sein konnte. Es verlor auch nichts von seiner
Herzlichkeit, als ihm Karen kräftig die Hand drückte.
    »Ich danke Ihnen«, sagte Karen knapp und ihre Augen
versuchten das aussichtslos anmutende Kunststück, mit ihren Gedanken Schritt zu
halten; denn diese waren bereits an der Luftschleuse, wo die Mars One lag und
Techniker und Stauer ein- und ausströmten.
    »Ich will Sie gar nicht mehr länger auf die Folter spannen,
Ms McDonnel, darum bitte ich Sie und Ihre Crew gleich, mir zu folgen. Ich
bringe Sie zu Ihrem Schiff.«
    »Das ist sehr aufmerksam«, gab Karen zurück und fragte sich
gerade, ob Mr Schwartz telepathische Fähigkeiten besaß oder einfach nur
ungemein einfühlsam im Umgang mit Menschen war. Amüsiert betrachtete sie seine
spärliche Haarpracht, die sich hufeisenförmig um seinen Nacken legte, als sie
ihm durch das Dock folgte. Angenehm und leicht sollte es normalerweise sein,
sich bei nur einem Drittel der Erdanziehungskraft zu bewegen, doch nach der
stundenlangen Schwerelosigkeit hatte sie das Gefühl, in einem bleischweren
Taucheranzug zu stecken. Dennoch folgte sie Mr Schwartz, der trotz seines nicht
gerade gertenschlanken Körpers wie auf Wolken zu gehen schien, wie ein Schatten.
Einen Viertelkreis, schätzte Karen, hatten sie mittlerweile innerhalb des weiß
ausgekleideten Torus zurückgelegt, als ihr Gastgeber abrupt anhielt und sie
freudestrahlend ansah. Mit seiner rechten Hand wies er auf das Schott. ›Das‹
Schott, das die Station vom Schiff trennte, das Schott, das das letzte sein würde,
das die Crew von der ihnen bekannten Zivilisation sehen würde, das Schott, das
das Tor zu einem neuen Lebensabschnitt, zu einem neuen Abenteuer und zu einer
neuen Welt war.
    »Bitte!«, sagte er einladend, »nach Ihnen.« Karen wusste,
dass es ihr laut Vorschrift nicht zustand, als erste das Schiff zu betreten. Er
schien den fragenden Blick und das kaum wahrnehmbare Zögern in ihrer Bewegung bemerkt
zu haben, machte aber selbst keinerlei Anstalten, ihr voranzugehen; erneut
nickte er ihr aufmunternd zu und wies mit auffordernder Geste auf den Eingang
des Schiffes – ihres Schiffes.
    Tief in ihren Gehirnwindungen, dort wo die unauslöschlichen,
lebensnotwendigen Informationen abgespeichert und fein säuberlich nach
Themengebieten geordnet lagen, hatte sich auch die Gesamtheit der Pläne des Schiffs
eingebrannt; immer verfügbar, stets abrufbereit, inklusive aller
Notfallroutinen und Evakuierungsprozeduren.
    Es war nur noch ein kleiner letzter Schritt für sie, auf dem
teils steinigen, teils holprigen Weg, als sie nun das Schiff betrat. Obwohl sie
zum ersten Mal an Bord des tatsächlich funktionstüchtigen Raumschiffs stand,
fühlte sie sich wie in einer vertrauten Umgebung. Sie ging an den Stauräumen
vorbei, kletterte die Leiter eine Etage höher zum Hauptdeck, wo sich die
sternförmig angelegten Kojen befanden, von hier noch einen Niedergang hinauf zur
Brücke, wie das Kommandodeck früher auf den Hochseeschiffen geheißen hatte.
Durch die sparsam

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