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Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition)

Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition)

Titel: Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Muellner
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»Vielleicht sollten
wir uns mehr auf unsere Arbeit und weniger auf Umbertos Intimbereich konzentrieren
und die letzte Nacht dort belassen, wo sie hingehört – in die Vergangenheit.«
    »Gut gesprochen!« Andy kam gerade auf die Brücke. »Worum
geht es überhaupt?«
    »Ja, passt schon. Wir haben die Sache mittlerweile
abgeschlossen und zu den Akten gelegt«, gab Jacqueline zurück.
    »Zu den Akten? Was ist denn das für ein verstaubter Ausdruck?«,
wollte Andy wissen.
    Karen konnte in seinem Gesicht lesen, dass er die Frage
ernst meinte.
    »Dinge«, begann Jacqueline, »die man vor langer Zeiten
erledigt hat oder, wie in vielen Ämtern früher üblich, wenn man den
Überlieferungen der Historiker glauben darf, die man nicht erledigen wollte, legte
man auf einen Stapel Papier –  zu den Akten. Dort blieben sie dann auch häufig
liegen – auch wenn sie noch nicht erledigt waren.«
    »Danke für die Nachhilfe, Jacky.« Andy grinste. »Hoffe, wir
sind über Nacht nicht vom Kurs abgekommen.«
    Karen sah zu dem Monitor hinüber, der die Flugbahn anzeigte.
Der kleine rote Punkt lag dort, wo er seit ihrem Abflug immer gelegen hatte, genau
auf der zarten grünen Linie, die sich wie ein verirrter Faden durch das
unendliche Schwarz zwischen Erde und Mars spannte. Sie verdrehte ihre Augen,
als wollte sie damit sagen, was diese Frage wohl für eine logische Rechtfertigung
hätte. »Wir sind exakt dort, wo wir sein sollten.«
    »Ich dachte nur«, sagte Andy, »mein Nachbar«, er wies mit dem
Kopf auf Lamin, »hat in der Nacht so furchtbar geschnarcht, dass ich schon
fürchtete, die Zugluft hätte uns womöglich vom Kurs abgebracht.«
    »Sehr witzig«, konterte Jacqueline
und zog ihre Mundwinkel nach unten.
    Das Schiff raste mit annähernd
zweiundfünfzigtausend Meilen pro Stunde durch Raum und Zeit. Vom Standpunkt eines
Betrachters im Schiff schien es jedoch still zu stehen. Winziger als ein
Sandkorn hing es in der unendlichen Schwärze des Alls, irgendwo zwischen der
Umlaufbahn der Erde und der des Mars am Ende der Einsamkeit. Die einzige
Bewegung, die die Crew an Bord bewusst wahrnahm, war die Rotation des Schiffes,
um den gemeinsamen Schwerpunkt mit der Raketenstufe, die das Schiff aus dem
Erdorbit gebracht hatte und mit der es seitdem durch ein eineinhalb Kilometer
langes Kabel verbunden war. Auf diese Art gelang es an Bord eine Schwerkraft zu
simulieren, die etwa einem Drittel der Erdgravitation und damit ziemlich exakt jener
des Mars’ entsprach. Dies hatte neben unzähligen medizinischen Vorteilen noch
den positiven Aspekt, dass nicht alles, was nicht niet- und nagelfest war, sich
einfach an Bord verselbstständigte und unkontrolliert umherschwebte.
    Karens Lunge krampfte sich zusammen, als gelte es, einen
Sauerstoffmangel abzuwehren, als sie an die abgeatmete, von Kohlendioxid
gereinigte Luft dachte, die die Besatzung nun schon seit beinahe hundertzwanzig
Tagen am Leben hielt. Schwer kämpfte ihre Psyche gegen das immer unerträglicher
werdende Gefühl der Einsamkeit; ob auf der Brücke, in ihrer Koje oder am Observation(Obs)-Deck.
Die Einsamkeit stalkte sie mit unerbittlicher Ausdauer; verfolgte sie auf jedem
ihrer Schritte, bei all ihren Aktivitäten und legte sich wie ein Leichentuch
über ihre Träume. Als ihr Dienst zu Ende war, sofern man bei einer Kommandantin
überhaupt davon sprechen konnte, machte sie sich auf die Suche nach Nancy. Auf
der Obs-Plattform war sie nicht, auf dem Mannschaftsdeck in ihrer Koje auch
nicht. Schließlich fand sie sie ein Deck tiefer im Trainingsraum, wo sie
verbissen ihre Beine trainierte, damit diese auch nach einer eventuellen Rückkehr
vom Mars in der Lage wären, sie auf der Erde zu tragen.
    »Was gibt’s, Sonnenschein?«, presste Karen gekünstelt hervor.
    »Nicht viel«, gab Nancy vergnügt zurück. »War gestern mit
einer Freundin shoppen. Hab’ ein paar schicke Schnäppchen erwischt – letzter
Schrei aus Novosibirsk. Dann waren wir noch auf einen Cocktail in meiner
Lieblingsbar. Und am Abend – was heißt am Abend, bis in die frühen Morgenstunden
– hab ich mich mit meinem Freund vergnügt, solang bis seine Kondition nicht
mehr mit der meinen mithalten konnte.« Die Geologin strahlte. »Sonst noch
Fragen?«
    Tief atmete Karen aus, wusste nicht, ob sie darüber Lachen
oder ihrer obsessiven Depression nachgeben und einfach drauf losheulen sollte.
Sie schaute Nancy an. »Schön wär’s.«
    Nancys Beine waren großartig in Form ebenso wie ihre Brüste,
durchfuhr es

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