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Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition)

Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition)

Titel: Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Muellner
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mich, Danielle. Ich darf dich auf einen Drink
einladen?« Die Frage klang jedoch mehr nach Feststellung.
    Sie sah auf die Uhr über der Theke. Beinahe schon halb
zwölf. »Ich denke, ich könnte ein Glas von dem Chardonnay vertragen.« Sie goss
sich selbst ein und setzte sich neben ihn an die Bar, sodass sich ihre Knie
beinahe berührten.
    »Du bist wunderschön«, sagte er und war gleich darauf
entsetzt, ihr seine Worte so unmotiviert entgegengeschleudert zu haben.
    »Danke.« Nicht einmal die kleinste Spur von Verlegenheit fand
sich in ihrem Gesicht, während sie ihren Blick nicht von seinen Augen ließ. »Mir
hat es heute imponiert, was du dem Alten gesagt hast, dass du ihm Paroli
geboten hast, ihm die Grenzen aufgezeigt hast, die er nicht hätte überschreiten
sollen.«
    Robert schmunzelte. Er legte
seine Hand auf ihren Oberschenkel und sie ließ es geschehen.
    Was für eine intelligente
Schönheit diese Danielle doch war, dachte er, als er in seiner Koje lag und
versuchte sich vorsichtig jenem Gedankenexperiment zu nähern, das ihm der Alte gleichsam
aufoktruiert hatte. Schon als er sich von Danielle verabschiedet hatte, keimte
in ihm diese furchtbare Vorahnung, dass es wieder eine schlaflose Nacht werden würde.
Doch das sonst so gnadenlose Schicksal, das ihn in seinem Leben schon mehr als
oft enttäuscht hatte, enttäuschte ihn in dieser Nacht nicht. Erst gegen sechs
Uhr morgens, als er zweihundertneunundzwanzig gezählt hatte, sank er in einen
flachen, unruhigen Schlaf.
    Robert wusste nicht, was er seinem Gesprächspartner am Abend
erzählen sollte. Er hatte zwar die ganze Nacht kein Auge zugetan und doch hatte
er es auch nicht wirklich geschafft, sich diese Situation vorzustellen,
geschweige denn, in diese hineinzuversetzen. Er fühlte eine Spur von Unbehagen,
als er nach dem Abendessen die Lounge betrat. Den Alten brauchte er nicht lange
zu suchen, da ihm Danielle, aufmerksam wie immer, sofort an den richtigen Tisch
verwies.
    »Wo bleiben Sie denn, Mann? Ich dachte schon, Sie seien über
Bord gegangen.« Die Stimme des Alten hatte einen nicht eindeutig zuzuordnenden
Tonfall und so konnte Robert nicht sagen, ob er dies nun ernst meinte oder
nicht.
    »Ich …«, begann Robert.
    »Sachte, sachte, mein lieber Robert. Bevor Sie mir nun
erzählen wollen, dass Sie es nicht geschafft haben, sich in Karens Lage zu
versetzen, lassen Sie mich Ihnen die Geschichte weiter erzählen.«
    Gerade wollte Robert zu seiner Verteidigung ansetzen, wollte
dem Alten erklären, dass er aufgrund seiner Vergangenheit und seiner Gene sich
vermutlich in gleicher Situation komplett anders verhalten hätte, dass es ihm
scheißegal gewesen wäre – zumindest zu diesem Zeitpunkt – was auf der Erde
geschähen wäre, dass er jeden einzelnen, der vielen Augenblicke auf dem Mars
bis zur Neige ausgekostet hätte, dass er den Kegel des Vulkans hinaufgefahren
wäre, solange noch ein Tröpfchen Wasser oder ein Molekül Sauerstoff an Bord des
Rovers gewesen wäre, und dass er sich keinen Deut um das Buch der Geschichte
geschert hätte. Doch der Alte wollte seine Verteidigung nicht hören, war vermutlich
gar nicht daran interessiert, wie ein anderer mit der gleichen Situation
umgegangen wäre. Und trotzdem hatte der Alte recht. Er – Robert – hatte es
nicht geschafft, die Sache aus Karens Sicht zu betrachten. Aus seiner Miene
verschwanden die steinernen Gesichtszüge, und angenehme Entspannung legte sich gleich
einem Narkotikum darüber.
    »Aber woher –?«
    »Menschenkenntnis, könnte ich jetzt behaupten, doch dann
wären Sie so klug wie zuvor. Oder ich könnte Ihnen sagen, dass ich die Sache
mit meinen deduktiven Fähigkeiten aus den dunklen Ringen um Ihre Augen
geschlossen habe.« Sein Gegenüber grinste wie Sherlock Holmes, nachdem er das
Geheimnis um den Hund von Baskerville gelüftet hatte.
    Dunkle Ringe, dunkle Ringe, …
    »Karen war fertig, ausgelaugt, am Ende. Doch ihre Mannschaft
ließ sie nicht im Stich. Sie taten alles für sie, erledigten Außeneinsätze,
sandten Berichte mit gefälschten Signaturen und vertraten sie bei den immer
unbeliebter werdenden Videoaufzeichnungen.« Er sah Robert an. »Und glauben Sie
es oder nicht, als die Crew mit ihrem CRV – was soviel heißt wie Crew Return
Vehicel – vom Mars abhob, hatten sie jeden einzelnen Auftrag, den sie im Rahmen
ihrer Mission durchzuführen hatten, zu hundert Prozent erledigt.«
    Faszination und Verblüffung und Freude strahlten aus Roberts
Gesicht.
    »Ja, auch den

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