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Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition)

Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition)

Titel: Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Muellner
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Südpol und ›Noctis Labyrintus‹. Da staunen
Sie, was? Das ist auch ein Grund zum Staunen. Wo gibt es denn heute noch so
etwas? Ein Team, das so zusammengeschweißt ist, das für einen anderen oder eine
andere einsteht, wenn es wirklich eng wird. Und oft wurde es verdammt eng, das
können Sie mir glauben, denn die anderen Crewmitglieder hatten natürlich auch
ihre Agenden zu erledigen. Dazu kam noch, dass sich nahezu rund um die Uhr
jemand um Karen kümmern musste.«
    »Bemerkenswert.«
    »Das war schon eine Crew, eine bessere können Sie sich nicht
wünschen. Über die lasse ich kein schlechtes Wort kommen, junger Freund, also
sparen Sie sich gleich die Mühe nach eben solchen zu suchen. – Es weiß auch
keiner, was aus Karen geworden wäre, wäre ihr nicht die Crew so aufopfernd und
zeitintensiv zur Seite gestanden.«
    »Aber…? Karens Leiden war doch nur psychischer Natur.«
    »Was heißt denn hier ›nur‹? – Die letzten seiner weißen
Haare stellten sich wie stumme Demonstranten auf. Schätzen Sie sich glücklich,
wenn ihrer Psyche noch nie etwas gefehlt hat, denn es ist das Schlimmste, was
sie sich überhaupt vorstellen können.«
    Robert betrachtete, als würden seine Augen einer
Halluzination folgen, Danielle, die im Begriff war, die Bestellung an ihrem
Tisch abzuliefern. »Was wurde eigentlich aus Karen?« Dabei fixierte er die
Augen der Kellnerin, als wäre die Frage für sie bestimmt.
    »Alles schön der Reihe nach, mein Freund. Als sie mit dem
CRV im Marsorbit waren, musste die Crew, samt der kranken Karen ins ERV, das
sich schon seit vier Monaten in der Umlaufbahn befand, umsteigen.«
    »Was ist ein ERV?«
    »Also!« Der Alte holte tief Luft. »Zuerst waren Adam und
Eva, dann Kain und Abel, dann Buzz und Neil, dann Clinton und seine
Praktikantin und dann kamen CRV und ERV.«
    Robert sah ihn verständnislos an.
    »Also das CRV war schon vorab auf die Marsoberfläche, in
unmittelbare Nähe der Landestelle, geschickt worden – unbemannt. Die Mars One
hätte nicht mehr genug Brennstoff, Sauerstoff, Wasser und genügend Lebensmittel
an Bord gehabt, um die Crew wieder heil zurückzubringen. So wurde jene Variante
gewählt, die minimal umständlicher und auch minimal teurer war, wobei das Adjektiv
›minimal‹ in Bezug auf die Kosten natürlich relativ zu sehen ist – Sie
verstehen?«
    Robert nickte.
    »Gut, also für die Mittelschulabgänger und die Journalisten
erkläre ich es noch einmal.«
    Robert hob seine Hand und hielt sie ihm wie ein Stoppschild
vor die Nase.
    »Okay, tut mir leid, tut mir leid, Robert. Mein altes
Leiden. Entschuldigung! Ich sagte Ihnen bereits, nicht persönlich nehmen! –
Noch bevor die Crew auf dem Mars landete, befand sich an der Landestelle das
CRV und im Marsorbit das ERV, voll mit Vorräten und allem, was der Crew ein
Überleben auf dem sieben Monate dauernden Rückflug zur Erde ermöglichte. Die
Crew lässt also die Mars One an der Landestelle zurück, besteigt eben dort das
CRV, eine Kapsel gerade so groß um die Mannschaft, ein paar persönliche Dinge
und das kostbarste natürlich, nämlich – ?«
    »Das Marsgestein«, sagte Robert und schlug ein Bein über das
andere.
    »Ganz recht. – Also. Das CRV bringt die Crew ins Orbit, dort
gilt es dann noch ein aufregendes Rendezvous- und Docking-Manöver mit dem ERV
durchzuführen. Anschließend verfrachtet die Crew ihre wertvolle Fracht und sich
selbst ins ERV und ab geht’s Richtung Erde.«
    »Entschuldigung, wenn ich unterbreche. Worin liegt
eigentlich die gesamte Komplexität der Raumfahrt, wenn es so einfach ist, wie
Sie erzählen?« Roberts Augen leuchteten.
    »Junger Freund!« Der Alte setzte jenes Lächeln auf, das
außer einer kaum spürbaren Dosis Mitleid keine weiteren, auf das menschliche
Gemüt positiv wirkende Inhaltsstoffe enthielt. »Der Grund, warum die Sache so
einfach klingt, liegt einzig und allein in der Tatsache, dass ich die Dinge so
stark vereinfache, damit auch technisch weniger Versierte in der Lage sind,
meinen Ausführungen zu folgen. Aber es gelingt mir nicht immer.«
    »Kein Grund zur Bescheidenheit«, warf Robert ein. »Heute
gelingt es ihnen ganz hervorragend.«
    Der Alte verzog seine Lippen zu einem dezenten Lächeln. – »Nachdem
die Crew also an das ERV angedockt und in dieses umgestiegen war, trennten sich
die beiden Raumschiffe voneinander, blieben aber über ein eineinhalb Kilometer
langes Kohlefaserkabel miteinander verbunden. Auf diese Weise konnten sie das
CRV als Gegenpol

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