Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition)
verstümmeln versucht.«
Catherine nickte stumm.
15
Tage nach der Landung
»Wie geht’s denn unserer Patientin?«,
fragte Nancy, die nach der fünfzehntägigen Expedition erschöpft und zerzaust
und müde aussah. Ihr Anflug von guter Laune schwand sofort, als sie in die
Augen des Arztes sah.
Nicht so besonders, war Lamin gerade im Begriff zu sagen,
doch da war sie schon in Karens Kabine verschwunden.
Nachdem Umberto ebenfalls wieder zurück war, lag es nun an
ihm, die Arbeit zu erledigen, die die letzten zwei Wochen am Doktor hängengeblieben
war: Den wöchentlichen Statusbericht zur Erde zu senden. Dieser enthielt
ungefähr folgendes: »Kommandantin ist mit Rovercrew erfolgreich zurückgekehrt.
Fühlt sich etwas schwach. Dienstuntauglichkeit: Zwei Tage. Pilot stürzte
während der Fahrt mit dem Rover. Verletzungen im Gesicht. Ist auf dem Weg der
Besserung. Hundertsiebenunddreißig Kilogramm Gesteinsproben vom südöstlichen
Rand des ›Olympus Mons‹ Massivs mitgebracht. Exkursion in einer Höhe von
einundzwanzig Kilometer wegen widriger Windverhältnisse abgebrochen.« Damit
schickte er den Bericht ab.
Am folgenden Tag konnte Lamin sich des Eindrucks nicht
erwehren, Umberto sei nervös. Umberto und Nervosität, diese beiden Dinge
schienen sich bisher immer ausgeschlossen zu haben. Ebenso wie Umberto und
phlegmatisch. Warum ausgerechnet an diesem Tag nicht? Dann dämmerte es Lamin.
Umberto musste an jenem Tag zum ersten Mal persönlich eine Videobotschaft zu
Mission Control schicken, eine Aufgabe, die während des Fluges immer Karen
erledigt hatte.
Auch Andy war es aufgefallen, dass der Pilot an diesem Tag
gereizt, ja nahezu unausstehlich war. »Was ist los mit dir? Hast du etwa Panik
wegen dem Video?«
Umberto druckte herum, ehe er zu sprechen begann. »Si e no.
Vor dem Video nicht wirklich, nur davor, wie ich aussehe und dass die da unten
womöglich stupido Fragen stellen könnten.«
Andy platzte beinahe vor Lachen. »Was denn für Fragen? Du
hast doch gestern schon die Nachricht von deinem Unfall geschickt – also, was
soll das? Wenn einer von uns im fahrenden Rover gestürzt wäre, würde er sicher
auch nicht besser aussehen.«
Umberto sah ihn skeptisch an. »Ich hoffe, die Erdlinge sehen
das genau so.«
»Ich gebe dir noch einen Tipp. Schau zu Nancy oder zu
Jacqueline, vielleicht haben die etwas Make-up, mit dem sie dir zumindest deine
Gesichtsfarbe, wenn schon nicht deine Blutergüsse in den grünen Bereich bringen
können.«
»Grün?«, fragte Umberto verwundert. »Warum grün? Gesichter
sind doch nicht grün, erst recht nicht auf dem Mars?«
»Das ist nur so eine Redensart,
mein Freund«, sagte Andy und klopfte dem drahtigen Italiener jovial auf die
Schulter.
15
Robert
Zubrin , 2093
Er machte ein langes Gesicht. Dann
schüttelte er den Kopf. »Also ich brauche jetzt unbedingt noch ein Bier.«
»Vielleicht sollten Sie es einmal mit grünem Tee versuchen,
der beruhigt auch, wenn Sie ihn richtig ziehen lassen.«
Robert winkte der Kellnerin, die auch sofort darauf
reagierte. »Also ich weiß nicht. Das hört sich für mich schon irgendwie …«
»Irgendwie was …?«
»… irgendwie seltsam an«, sagte Robert. »Ich dachte immer
bei den Auswahlverfahren wird auch die psychische Eignung der Kandidaten
überprüft.«
»So ist es ja auch, junger Freund. Und der Grund, warum bei
der Untersuchung nichts diagnostiziert wurde, war das simple Faktum, dass
Karens psychischer Zustand zu diesem Zeitpunkt vollkommen in Ordnung war.«
»Dann ist es mir erst recht schwer begreiflich, wie Karen so
einen massiven Zusammenbruch erleiden konnte.«
Sein Gegenüber betrachtete Robert regungslos. »Der einzige
Grund, warum es für irgendjemanden schwer begreiflich sein könnte, ist die
Tatsache, dass dieser Jemand keinerlei Menschenkenntnis oder Empathie hat.«
Robert zog die Augenbrauen hoch. Okay, die Leier gegen den Journalisten
hatte offensichtlich gerade wieder begonnen. »Entschuldigung! Entschuldigung!«,
warf er lautstark ein. »Unterstellen Sie mir bitte nicht schon wieder Dinge,
von denen Sie überhaupt nicht wissen, ob diese zutreffend sind oder nicht. Machen
Sie nicht den Fehler und teilen Sie Ihre Mitreisenden in Schubladen ein. Den
Spruch habe ich zumindest mal von jemandem gehört.« Robert war sauer und er
wusste ganz genau, dass das die Worte des Alten gewesen waren, die er gerade
zitierte.
»Aber ich …«
»Nichts aber. Dieses überhebliche Dieser-Jemand-Geschwafel.
Mir unterstellen
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