Die Frauen der Calhouns 05 - Megan
Sloan und Trent, über und über mit Staub bedeckt, herangetrabt kamen. »Ich dachte, ihr wolltet eine Wand herausbrechen oder so was.«
»Sind wir ja dabei. Aber zuerst mussten wir ein paar alte Schränke aus dem Weg räumen. Sieh nur, was wir gefunden haben.«
Sie sah leicht angewidert auf das Teil, das er in der Hand hielt. »Ein verschimmeltes altes Buch. Das ist wirklich hübsch, Liebling. Aber jetzt geh wieder mit Trent im Baukasten spielen.«
»Das ist nicht einfach nur ein Buch«, verkündete Trent aufgeregt, »sondern Fergus’ Haushaltskladde. Aus dem Jahr 1913.«
»Oh!« Mit plötzlich hämmerndem Herzen riss Amanda Sloan das Buch aus der Hand.
Megans Neugier war geweckt. Sie schaute Amanda über die Schulter. »Ist das wichtig?«
»In dem Jahr starb Bianca.« Sloan schlang Amanda den Arm um die Taille. »Die Geschichte kennst du doch, Meg. Dass Bianca in einer lieblosen Ehe gefangen war. Sie traf Christian Bradford, verliebte sich in ihn und beschloss, Fergus zu verlassen und die Kinder mitzunehmen. Aber Fergus deckte ihren Fluchtplan auf. Sie stritten sich oben im Turm, und Bianca stürzte aus dem Fenster.«
»Und er zerstörte alles, was an sie erinnerte.« Amandas Stimme klang brüchig. »All ihre Kleider, ihre kleinen Schätze, Bilder von ihr. Alles, bis auf die Smaragdkette. Weil Bianca sie versteckt hatte. Jetzt haben wir das Collier. Und das Porträt, das Christian von ihr malte.« Sie holte tief Luft. »Eigentlich passt es, dass wir jetzt das hier von Fergus haben. Eine Auflistung von Profit und Verlust.«
Trent streckte den Arm aus und blätterte eine Seite um. »Er scheint auch knappe Notizen am Rand angefügt zu haben. Seht nur, hier zum Beispiel. Eine Art Tagebuch.«
Mit gerunzelter Stirn las Amanda ihnen eine kurze Passage laut vor.
»Unwirtschaftliches Haushalten in der Küche. Habe die Köchin entlassen. B. geht zu nachgiebig mit der Dienerschaft um. Heute neue Manschettenknöpfe erstanden. Diamanten, größer als die von J.P. Getty. Eine gute Wahl für die Oper am Abend.«
Amanda schnaubte abfällig. »Das zeigt, was für ein Mann er war.«
»Liebling, hätte ich geahnt, dass du dich so aufregst, hätte ich es gar nicht erst hervorgeholt.«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, die Familie wird es aufbewahren wollen.« Trotzdem legte sie das Buch ab. An ihren Fingern klebte plötzlich mehr als nur Staub und Schimmel. »Ich zeige Megan gerade ihr neues Reich.«
»Das sehe ich.« Mit zusammengekniffenen Augen musterte Sloan seine Schwester. »Was ist aus dem Entspannen geworden?«
»So entspanne ich mich am besten. Also warum lässt du mich nicht in Ruhe, damit ich mich endlich entspannen kann?«
»Sehr gute Idee.« Amanda küsste ihren Mann und schob ihn gleichzeitig zur Tür hinaus. »Husch, hinweg mit euch.« Noch während sie die Männer zur Tür hinausscheuchte, begann das Telefon nebenan in ihrem Zimmer zu klingeln. »Lass mich wissen, wenn du etwas brauchst«, rief sie Megan über die Schulter zurück zu und eilte in ihr Büro.
Mit sich und der Welt zufrieden, schloss Megan die Tür und rieb sich die Hände. Dann steuerte sie auf ihren Aktenkoffer zu. Sie würde Nathaniel Fury den wahren Sinn des Wortes »Ordnung« beweisen.
Drei Stunden später ließ das Getrappel von jungen Füßen Megan aufblicken. Offenbar hatte jemand Kevin den Weg zu ihrem neuen Büro gezeigt, und da kam er auch schon zur Tür hereingestürmt.
»Hi, Mom!« Er warf sich in ihre Arme, und jeder Gedanke an Zahlen schwand sofort aus ihrem Kopf. »Wir haben mit Sadie und Fred getobt, und dann haben wir Krieg in dem neuen Fort gespielt. Und wir durften alle Blumen in Suzannas Gewächshaus gießen.«
Megan schaute auf die pitschnassen Turnschuhe ihres Sohnes. »Euch selbst habt ihr gleich mitgegossen, wie ich sehe.«
Der Junge grinste. »Wir haben eine Wasserschlacht gemacht. Ich hab gewonnen.«
»Ach, mein Held.«
»Zum Mittagessen gab es Pizza. Carolanne – sie arbeitet für Suzanna – hat gesagt, ich sei ein Fass ohne Boden. Und morgen muss Suzanna einen Garten anlegen, da können wir dann nicht mitkommen, aber vielleicht können wir mit dem Boot rausfahren und uns die Wale ansehen. Wenn du willst. Du willst doch, oder, Mom? Ich hab Alex und Jenny nämlich schon gesagt, dass du mitkommst.«
Lächelnd betrachtete sie sein leuchtendes Gesicht. So glücklich hatte sie ihren Jungen noch nie gesehen. Hätte er sie gefragt, ob sie morgen nicht mit ihm in Kenia auf Löwenjagd gehen wolle, sie hätte
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