Die Frauen der Calhouns 05 - Megan
wiederholte sie. »Und das war’s?«
»Ihm gefällt’s. He, Hund!« Als der Welpe die Stimme seines Herrn hörte, drehte er sofort den Kopf zu Nathaniel und bellte einmal. »Sehen Sie?«
Lachend barg Megan die Wange an dem weichen Fell. »Ja. Aber ist das nicht ein wenig einfallslos?«
»Ganz im Gegenteil. Wie viele Hunde kennen Sie, die Hund heißen?«
»Das stimmt auch wiederum.« Sie stellte das schwarze Fellknäuel auf den Boden und versetzte ihm einen kleinen Klaps. »Nun lauf. Aber komm nicht auf dumme Gedanken und zerkau die Papiere.«
Nathaniel warf einen bunten Gummiball in den Raum hinein. »Das wird ihn vorerst beschäftigt halten«, sagte er und kam um den Tisch herum, um Megan beim Aufheben der Quittungen zu helfen.
»Irgendwie scheinen Sie mir nicht der Typ für einen tapsigen Welpen zu sein.«
»Wieso nicht? Ich wollte immer einen Hund haben.« Er ging in die Hocke und begann Quittungen aufzuklauben. »Als Kind habe ich mit einem von Hunds Vorfahren gespielt, drüben bei den Bradfords. Auf einem Schiff kann man jedoch keinen Hund halten. Dafür habe ich mir einen Vogel angeschafft.«
»Einen Vogel?«
»Einen Papagei. Den habe ich vor ungefähr fünf Jahren aus der Karibik mitgebracht. Noch ein Grund, weshalb ich Hund lieber mitnehme. Vogel würde ihn wahrscheinlich auffressen.«
»Vogel?« Sie blickte auf, doch das Lachen erstarb ihr in der Kehle. Wieso war dieser Mann immer näher, als sie annahm? Und warum brachten seine ruhigen, forschenden Blicke ihre Nervenenden jedes Mal zum Vibrieren, so als würde er sie berühren?
Nathaniel ließ seinen Blick auf ihren Lippen haften. Das zögerliche Lächeln umspielte noch immer ihre Mundwinkel. In dieser Scheu, kaschiert von hochmütiger Selbstsicherheit, lag etwas sehr Reizvolles. Doch ihre Augen blickten jetzt nicht kühl, sondern vielmehr wachsam, neugierig. Keine Einladung, befand er. Aber fast. Und sehr, sehr verlockend.
Um zu sehen, wie weit er gehen konnte, steckte er ihr eine lose Strähne hinters Ohr. Sie schoss von dem Stuhl hoch wie eine Rakete.
»Sie sind ganz schön schreckhaft, Megan.« Erst klappte er den Deckel der Zigarrenkiste zu, dann richtete er sich auf. »Allerdings ist es schmeichelhaft zu wissen, dass ich Sie nervös machen kann.«
»Das tun Sie nicht.« Sie mied seinen Blick, während sie das behauptete. Sie war noch nie eine gute Lügnerin gewesen. »Ich würde diese Unterlagen gern mitnehmen, wenn Sie nichts dagegen haben. Sobald ich alles sortiert habe, melde ich mich bei Ihnen. Oder bei Holt.«
»Einverstanden.« Das Telefon begann zu klingeln. Er ignorierte es. »Sie wissen ja, wo Sie uns finden.«
»Wenn ich die Bücher in Ordnung gebracht habe, entwerfen wir ein auf Ihre Bedürfnisse zugeschnittenes Ablagesystem.«
Was für eine Frau! Grinsend setzte er sich auf die Schreibtischkante. »Ganz, wie Sie wollen. Sie sind der Boss, Engelchen.«
Viel zu heftig ließ sie den Deckel des Aktenkoffers zuschnappen. »Nein, Sie sind der Boss. Und das ›Engelchen‹ können Sie sich sparen.« Damit marschierte sie hinaus und stieg in ihren Wagen.
Geschickt steuerte sie durch den Stadtverkehr. Doch als sie am Fuße der kurvigen Straße ankam, die zu The Towers hinaufführte, bremste sie den Wagen am Straßenrand ab.
Sie brauchte einen Moment Ruhe, um sich zu sammeln, bevor sie irgendjemandem gegenübertreten konnte. Mit geschlossenen Augen lehnte sie den Kopf an die Nackenstütze zurück. In ihrem Bauch flatterten aufgeregte Schmetterlinge, die sich weder mit Vernunft noch mit Willenskraft beruhigen ließen.
Diese Schwäche ärgerte sie maßlos. Nathaniel Fury ärgerte sie maßlos. Trotz aller Anstrengung, trotz der langen Zeit reichten ein paar forschende Blicke, um sie mit Wucht daran zu erinnern, dass sie noch immer eine Frau war. Und das Schlimmste … Sie war sich sicher, dass er genau wusste, was er mit ihr anstellte.
Sie war schon einmal auf ein attraktives Gesicht und schöne Worte hereingefallen. Anders als ihre Familie ließ Megan selbst ihre Jugend und Unerfahrenheit nicht als Entschuldigung gelten. Nein, damals hatte sie auf ihr Herz gehört, hatte fest an das »Glücklich-bis-ans-Lebensende« geglaubt. Aber heute nicht mehr. Märchen wurden nicht wahr, es gab keine edlen Prinzen, keine Schlösser in den Wolken. Heute wusste sie, dass nur die Realität existierte, die eine Frau für sich selbst und ihr Kind schuf.
Sie hatte keine Zeit für solchen Unsinn wie einen rasenden Pulsschlag und Schmetterlinge
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