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Die Frauen der Calhouns 05 - Megan

Die Frauen der Calhouns 05 - Megan

Titel: Die Frauen der Calhouns 05 - Megan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Körper zu spüren als nur auf ihren Handrücken. Was wohl geschehen mochte, wenn sie sich jetzt umdrehte, das Gesicht ein wenig anhob und …
    Entsetzt darüber, welche Richtung ihre Gedanken einschlugen, stellte sie sich hastig eine knifflige Mathematikaufgabe.
    »Viertel Kraft voraus«, wies Nathaniel an und schlug das Ruder ein paar Grad nach backbord.
    Die Richtungsänderung ließ Megan leicht schwanken. Als sie ihr Gleichgewicht wiedergefunden hatte, drehte Nathaniel sie zu sich um, sodass sie ihn jetzt ansah. Sein forsches Grinsen ließ sie sich fragen, ob er wusste, welche Bilder ihre Fantasie ihr vorgegaukelt hatte.
    »Siehst du die Punkte da auf dem Bildschirm aufleuchten, Kevin?«, fragte er, ohne die grauen Augen von Megans Gesicht zu wenden. Hypnotische Augen, dachte sie benommen. »Weißt du, was sie bedeuten?« Und seine Lippen waren ihren auch viel zu nah … »Das sind Wale.«
    »Wo? Wo sind sie, Nate?« Aufgeregt rannten die Kinder zum Fenster.
    »Haltet weiter Ausschau. Wir stellen die Motoren gleich ab. Sehen Sie nach backbord«, sagte er zu Megan. »Es lohnt sich.«
    Noch immer wie betäubt, trat sie von ihm weg. Jetzt, da die Schiffsmotoren abgestellt waren, war der Wellengang viel deutlicher zu spüren. Oder war sie einfach nur zu durcheinander? Mit fahrigen Fingern kramte sie in ihrer Tasche nach Fernglas und Kamera.
    »Sieh nur, Mom!« Kevin hüpfte auf und ab. »Da hinten sind sie!«
    Mit ehrfurchtsvollem Staunen beobachteten sie, wie der massige Körper sich aus dem Wasser hob, höher und höher, schimmernd und stark, ein Wesen aus einer anderen Welt. Megan hörte die begeisterten Ausrufe der Fahrgäste aus dem unteren Deck, und auch ihr stockte der Atem in der Kehle.
    Ja, es war wie ein Wunder, dass ein so großes und faszinierendes Geschöpf unter den Schaumkronen der See lebte. Megan legte die Hand über den Mund, als der Wal sich wieder ins Wasser zurückfallen ließ und das Krachen des aufspritzenden Wassers laut wie Donner rollte. Sie war so ergriffen von dem Naturschauspiel, dass sie ihre Kamera völlig vergaß.
    »Da, jetzt steigt seine Partnerin auf.«
    Nathaniels Stimme holte sie aus ihrer Verzückung. Hastig hob sie den Fotoapparat und drückte immer wieder den Auslöser.
    Die Kinder jubelten begeistert, als die Wale Wasserfontänen aus ihren Atemlöchern stießen. Lachend hob Megan Jenny auf den Arm, damit die Kleine mehr sehen konnte. Jeder wartete ungeduldig darauf, endlich mit dem Fernglas an die Reihe zu kommen. Genau wie die Kinder presste auch Megan das Gesicht an die Scheibe, um dem Zug der Wale folgen zu können. Dann ließen die Wale ihren Gesang hören und tauchten mit einem kräftigen Schlag der gewaltigen Schwanzflosse ab.
    Noch zweimal suchte und fand die »Mariner« eine Walherde. Die Ausflügler würden von einem außergewöhnlichen Erlebnis berichten können, das nicht vielen Menschen zuteil wurde. Noch lange, nachdem das Boot längst wieder den Hafen ansteuerte, sah Megan weiterhin auf das Wasser hinaus, in der Hoffnung, vielleicht doch noch einen dieser wunderbaren Meeresbewohner zu sichten.
    »Sie sind bewegend schön, nicht wahr?«
    Mit leuchtenden Augen drehte sie sich zu Nathaniel um. »Unglaublich. Ich ahnte ja nicht … Kein Foto, kein Film wird ihnen gerecht.«
    »Stimmt, es gibt nichts Besseres als die eigene Erfahrung.« Er hob fragend eine Augenbraue. »Wie geht’s dem Magen?«
    »Gut.« Lachend streckte sie ihm die Handgelenke hin. »Noch ein kleines Wunder. Ich hätte keinen Penny darauf verwettet.«
    »Es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde, Horatio …«
    Zum Beispiel einen Piraten ganz in Schwarz, der Shakespeare zitiert, dachte sie. »Ja, scheint so. Da vorn liegt schon The Towers .« Sie lächelte. »Backbord.«
    »Sie lernen schnell«, meinte er anerkennend und machte sich daran, die »Mariner« in die ruhigen Wasser der Bucht zu steuern.
    »Wie lange fahren Sie eigentlich schon zur See?«
    »Praktisch mein ganzes Leben. Mit achtzehn bin ich durchgebrannt und zur Handelsmarine gegangen.«
    »Durchgebrannt?« Sie lächelte. »Auf der Suche nach dem großen Abenteuer?«
    »Auf der Suche nach Freiheit«, verbesserte er sie und ließ das Schiff sanft an den Pier anschlagen.
    Megan fragte sich, was einen achtzehnjährigen Jungen dazu bewegte, nach Freiheit zu suchen. Sie erinnerte sich zurück an sich selbst in diesem Alter, ein Kind mit einem Kind. Sie hatte damals ihre Freiheit achtlos fortgeworfen. Heute, neun Jahre später, bereute sie es

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