Die Frauen der Calhouns 05 - Megan
reingerannt.« Schwer ließ er sich auf einen Stuhl fallen. »Coco, ich vermache dir alles, was ich besitze, einschließlich meiner Seele, für einen Eisbeutel.«
»Grundgütiger!«
Sie schob Holt beiseite und nahm Nathaniels Gesicht vorsichtig zwischen ihre Hände. Außer Blutergüssen und Schürfwunden verlief eine hässliche Platzwunde unter einem Auge. Das andere war blutunterlaufen und schwoll inzwischen zu. Sie brauchte keine Sekunde, um zu wissen, dass das »was«, in das er »reingerannt« war, eine Faust gewesen war.
»Keine Sorge, mein Liebling, darum kümmern wir uns schon. Holt, geh nach oben in mein Zimmer. Im Medizinschrank findest du eine Schachtel Schmerztabletten. Die habe ich noch von dieser schrecklichen Wurzelbehandlung.«
»Du bist ein Engel«, brachte Nathaniel hervor, bevor er erschöpft die Augen schloss und nur auf die Geräusche lauschte, wie Coco geschäftig in der Küche hantierte. Sekunden später zuckte er zurück und stieß zischend die Luft durch die Zähne, als er ein feuchtes Tuch an seinem Auge fühlte.
»Ich weiß, ich weiß«, murmelte Coco besänftigend, »es tut weh. Aber wir müssen die Wunde reinigen, damit sie sich nicht entzündet. Ich werde auch Jod darauftupfen, also sei tapfer.«
Er wollte lächeln, doch das erlaubte die aufgeplatzte Lippe nicht. »Ich liebe dich, Coco.«
»Ich liebe dich auch, mein Herz.«
»Lass uns zusammen durchbrennen. Noch heute Nacht.«
Als Antwort küsste sie sacht seine Augenbraue. »Du sollst dich nicht prügeln, Nathaniel. Das löst doch keine Probleme.«
»Ich weiß.«
Megan stürzte atemlos in die Küche. »Holt sagte …Oh mein Gott!« Sofort war sie an Nathaniels Seite und drückte seine Hand so fest, dass er nur mit Mühe einen Schmerzensschrei unterdrücken konnte. »Wie schlimm ist es? Du gehörst in ein Krankenhaus!«
»Ich hab schon schlimmer ausgesehen.«
»Holt sagte, dass die beiden Kerle …«
»Zwei?!« Coco hielt abrupt inne. »Du bist von zwei Männern angegriffen worden?« Alle Güte schwand aus ihren Augen, die jetzt wie blauer Stahl blitzten. »Also, das ist unerhört! Man sollte diesen Grobianen beibringen, wie man fair kämpft!«
Trotz seiner Lippe musste Nathaniel grinsen. »Das habe ich schon.«
»Ich hoffe, du hast sie anständig verdroschen.« Mit einem befriedigten Schnauben wandte sie sich wieder ihrer Arbeit an Nathaniels Gesicht zu. »Megan, Liebes, mach einen Eisbeutel für sein Auge zurecht. Das wird noch weiter zuschwellen.«
Megan gehorchte wortlos und fühlte sich in tausend Fetzen zerrissen. Wegen des Zustands seines Gesichts. Wegen der Tatsache, dass er sie keines Blickes würdigte.
»Hier.« Sie hielt den Beutel an sein Auge, während Coco seine Knöchel verarztete.
»Danke, das mache ich selbst.« Er legte die Hand auf den Beutel und ließ das Eis den Schmerz betäuben.
»Da oben in dem Regal ist Desinfektionsmittel«, wies Coco Megan an, und Megan holte es mit brennenden Augen.
Die Tür ging auf. Diesmal drängte sich eine ganze Schar in die Küche. Nathaniels anfängliche Verlegenheit über das Publikum wandelte sich in Belustigung über die maßlose Empörung der Calhoun-Sippe. Rachepläne wurden geschmiedet und verworfen, während das Jod in seinen Wunden brannte.
»Gebt dem Jungen doch Raum!«
Die Gruppe aufgeregter und wütender Großnichten und -neffen wich auseinander, um Colleen Platz zu machen, die majestätisch wie eine Königin durch die Mitte auf Nathaniel zuschritt. Direkt vor ihm blieb sie stehen und begutachtete ihn. »Haben dich wohl ziemlich durchgerüttelt, was?«
»Ja, Ma’am.«
Mit wachen Augen musterte sie ihn. »Dumont?«, fragte sie so leise, dass nur er es hören konnte.
Nathaniel versuchte sich vorsichtig an einer Grimasse. »Beim ersten Mal richtig geraten, Ma’am.«
Sie sah zu Coco. »Du scheinst in fähigen Händen zu sein. Ich muss einen Anruf erledigen.« Sie lächelte dünn. Es ist immer gut, Beziehungen zu haben, dachte sie, als sie auf ihren Stock gestützt den Raum verließ. Diese Beziehungen würde sie jetzt nutzen, um Baxter Dumont klarzumachen, dass er sich soeben selbst die Schlinge um den Hals gelegt hatte. Ein falscher Schritt, und seine Karriere würde zu einem abrupten und höchst unangenehmen Ende kommen.
Niemand vergriff sich an Colleen Calhouns Familie. Absolut niemand.
Nathaniel sah Colleen nach, dann nahm er die Tablette, die Coco ihm hinhielt, und würgte sie hinunter. Die Bewegung jagte eine neue Schmerzwelle durch seine
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