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DIE FRAUEN DER DIKTATOREN

DIE FRAUEN DER DIKTATOREN

Titel: DIE FRAUEN DER DIKTATOREN Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Ducret
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Nähmaschine in der Ecke. So schmutzig das Äußere der Hütte ist, so adrett wirkt sie im Innern. Sosso ist die meiste Zeit nicht da, fährt zu Treffen der Kommunistischen Exilpartei Russlands. Dass er eine Familie hat, vergisst er vollkommen. Und Kato kennt in Baku nur wenige Menschen. Von Fremden umgeben, fühlt sie sich in der großen Stadt bald recht einsam.
    Die einzigen Bekannten, die das junge Paar dort hat, sind die Allilujews. Auch bei ihnen hat sich Stalin in Tiflis gelegentlich versteckt. Der Vater der Familie ist Direktor der Elektrizitätswerke und besitzt eine hübsche Villa am Kaspischen Meer. Als die beiden Familien einmal einen gemeinsamen Spaziergang am Strand machen, passt die kleine Nadja mit ihren sechs Jahren nicht auf. Sie wagt sich zu weit vor, eine riesige Welle erfasst sie und reißt sie mit sich. Das weiße Kleidchen tanzt in der Strömung auf und ab. Stalin, der nicht schwimmen kann, zögert keine Sekunde und stürzt sich ins Wasser, um sie zu retten. Diese Episode wird sein späteres Leben prägen.
    Im August klagt Kato immer öfter über die schlechte Luft in Baku. Sie ist stark geschwächt: Da sie noch stillt, schläft sie wenig. Die schlechte Ernährung, die Hitze und die ständige Angst vor der Verhaftung tun ein Übriges. Es geht nicht mehr anders: Sie muss nach Tiflis zurück. Stalin begleitet sie im Zug dorthin. Doch als sie zu Hause angekommen ist, verschlechtert ihr Zustand sich weiter. Die Ärzte stellen Typhus bei ihr fest. Offensichtlich hat sie auf einer Bahnstation, wo der Zug haltmachte, vergiftetes Wasser getrunken. Schübe hohen Fiebers schütteln sie, die Familie befürchtet das Schlimmste. Stalin, der sofort wieder seinen revolutionären Geschäften nachging, kann nur verzweifelt zusehen, wie es mit ihr zu Ende geht. Tun kann er nichts. Sie nimmt ihm das Versprechen ab, sie nach orthodoxem Ritus bestatten zu lassen. Dann verlangt sie nach einem Priester. Am 22. November 1907 stirbt Kato mit siebenundzwanzig Jahren in Stalins Armen. Der Schmerz bricht ihm fast das Herz.
    Die Trauerfeier findet in derselben Kirche statt, in der sie etwa ein Jahr früher geheiratet haben. Stalin versucht, sich nichts anmerken zu lassen. Doch als man ihn neben dem Leichnam seiner Frau fotografiert, kann er sich nicht länger beherrschen. Tränen strömen über sein gezeichnetes Gesicht, die Familie seiner toten Frau umringt ihn. Seine Freunde haben ihm die Mauser-Pistole weggenommen, die er sonst stets bei sich trägt. „Ich konnte sie nicht glücklich machen“, sagt er immer wieder, während man ihn zum Friedhof führt. „Dieses Geschöpf war das Einzige, welches mein Herz aus Stein erweichen konnte. Nun ist es tot, und mit ihm ist jedes warme Gefühl für die Menschheit in meinem Herzen erstorben“ [6] , sagt er, als er am Grab ankommt, niedergeschlagener als je zuvor. Dort legt er die Hand aufs Herz und sagt: „Alles ist so trostlos hier drin, so unsagbar trostlos.“ Als man den Sarg in die Grube senkt, wirft er sich darüber. Es sind mehrere Männer nötig, um ihn wieder herauszuziehen. Er wiegt schwer wie ein Toter.
    Die Agenten der Ochrana, der zaristischen Geheimpolizei, warten schon in der Nähe. Als er begreift, dass ihm die Verhaftung droht, flüchtet er über die Friedhofsmauer und läuft davon. Ein letztes Mal hat er seine Frau allein gelassen.
    Ein Playboy aus Georgien
    Solvy, Frühling 1908. Tatjana Sukhowa sitzt mit anderen Exilanten in ihrem Wohnzimmer, als jemand berichtet, dass ein neuer Zug mit Verbannten angekommen sei. Unter den Neuen ist auch ein Genosse aus Baku, Ossip Koba, ein Berufsrevolutionär. Kurze Zeit später tritt er bei ihr ein. Er hat sich bei seinen Genossen bessere Kleidung besorgt und trägt hohe Stiefel, Gehrock und ein Hemd aus schwarzem Satin. Dazu eine Astrachanmütze und einen weißen Umhang, den er nachlässig über seine Schultern geworfen hat. Schick auf kaukasisch eben.
    Stalin war kurz nach Katos Tod verhaftet worden, doch es gelang ihm, mit den kaiserlichen Behörden einen etwas weniger unwirtlichen Verbannungsort als Sibirien auszuhandeln. Und so findet er sich in dem kleinen Ort wieder, der seit dem Mittelalter als Station für Pelzhändler dient. Solvy ist ein recht staubiges Fleckchen, vor allem im Frühling. Ein holzgebautes Herrenhaus, eine Poststation und eine Kirche aus dem 16. Jahrhundert. Hier leben etwa ein Dutzend Exilanten im Gemeindehaus. „Was für ein Segen“, denkt Tatjana unwillkürlich, als sie Stalin sieht.

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