Die Frauen des Journalisten (German Edition)
sich leise zur Musik. Tanzen, laute Musik, ein Bier mit Freunden trinken, sehnsüchtig sah er zum nahen Tanzlokal hinüber. Vorbei, wer weiß für wie lange.
An der Wohnungstür klopfte es laut. Michael sah zum Radio. Nein, zu laut war das nicht. Vorbei mit der Stimmung, ganz auf sich bezogen zu sein. Laut rief er: „Komme.“ Er ging zur Tür, schaltete das Licht wieder ein und öffnete. Vor der Tür stand Frau Lorenz, die unter ihm wohnte, mit Tränen in den Augen. Er sah sie fragend an. Sie konnte kaum sprechen.
„Michael Sie müssen sofort ins Krankenhaus, ihre Frau hatte einen Unfall.“ Michael schreckte zurück.
„Was für einen Unfall? Was ist passiert?“
„Ich kann nicht mehr sagen. Die Polizei sagt doch Außenstehenden nichts. Fahren Sie doch gleich los.“
Als er im Krankenhaus ankam, wurde Irene gerade für eine Operation vorbereitet. Eine Krankenschwester hatte ihr bereits eine starke Beruhigungsspritze gegeben. Michael musste warten. Nach ungefähr zwei Stunden kam eine Schwester und bat ihn in das Zimmer von Oberarzt Dr. Kersten. Wortmann folgte wortlos der Schwester.
„Nehmen Sie bitte Platz Herr, Wortmann. Ich habe gerade Ihre Frau operiert und möchte Sie über ihren Zustand informieren. Wir haben alles getan, damit ihre Frau wieder gesund wird. Die Operation war schwierig, aber sie wird wieder gehen können. Wir konnten das Bein erhalten. Zu dem hat ihre Frau eine schwere Gehirnerschütterung erlitten, so dass es eine Weile dauern wird, bis sie sich an alles genau erinnern kann. Nun zu der Schwangerschaft. Es tut mir sehr leid Herr Wortmann, wir konnten das Kind nicht retten. Der Schock, den ihre Frau erlitten hat, unterbrach die Versorgung des Kindes. Dazu die Operation. Es war nichts mehr zu machen...“
Seltsam, er hatte keinerlei Empfindungen während der Arzt die Situation erklärte. Nichts, weder Schmerz noch Wut, weder Trauer noch Angst. Nichts.
„Herr Wortmann, haben Sie noch Fragen, haben Sie alles verstanden?“, fragte Dr. Kersten und blickte ihn zweifelnd an.
„Ja, sicher. Nein, ich habe keine Fragen.“
„Die Polizei wird noch mit Ihnen sprechen wollen, weil es doch ein Verkehrsunfall war. Bitte melden Sie sich auf dem Revier.“
„Ja, sicher. Kann ich sie jetzt sehen?“
„Kommen Sie morgen wieder, Herr Wortmann. Ihre Frau schläft jetzt. Sie können hier nichts tun, versuchen Sie zur Ruhe zu kommen.“
„Gut, ich komme morgen wieder.“ Er ging.
Der Oberarzt schloss die Tür hinter ihm.
***
Bald nach ihrer Strafanzeige gegen Wortmann war Claudia über die Autobahn nach Leipzig abgefahren. Von Seiten der Justiz gab es keinerlei Einwände, solange sie sich an die Vorladungstermine hielt. Gegenüber der Heimleitung des Pflegeheimes hatte sie dringende Familienangelegenheiten vorgeschoben.
Nun saß sie also in ihrem kleinen schwarzen Auto und fuhr nach Hause. In Gedanken war sie bei Wortmann. Ein triumphierendes Lachen kam plötzlich aus ihrem Mund, so als wollte sie damit zum Ausdruck bringen, endlich, endlich bist du dort, wo du hingehörst, hinter Gittern. Sie bereute nichts. Alles war so gelaufen, wie sie es geplant hatte. Heute Morgen war sie ziemlich früh von Rangsdorf losgefahren. Inzwischen war es hell geworden und sie verspürte Hunger. An der nächsten Raststätte werde ich anhalten, dachte sie. Wenige Kilometer weiter fuhr sie dann auf den Parkplatz einer Raststätte. Um diese Zeit war die Raststätte nicht mehr sehr stark besucht. Die meisten Autofahrer hatten wohl ihr Frühstück bereits eingenommen.
Claudia holte vom Buffet etwas Obst und ein kleines Stück Kuchen. Das Wichtigste war jetzt der Kaffee. Sie setzte sich mit ihrem Tablett etwas abseits an ein Fenster. Von diesem Platz konnte sie alles überblicken und trotzdem ihren Gedanken freien Lauf lassen. Sie dachte voraus, war bereits bei ihrer großen Schwester. Lächelnd dachte sie; bestimmt sitzt sie wieder an ihrem Lieblingsfenster und schaut in den Park. Auf dem Tisch vor sich ihren Kaffee und ein Glas Wasser.
Claudia sah auf die Uhr über der Kasse, bald würde es auch Mittagessen geben. Alles war jetzt gut. Noch eine gute Stunde, dann konnte sie die Schwester in ihre Arme schließen.
„Gerne würde ich wieder in deiner Nähe wohnen, aber leider geht es noch nicht. Wir müssen diese Zeit jetzt noch
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