Die Frauen des Journalisten (German Edition)
Notizbuch, drehte den Stift hin und her.
„...und dafür eine so entsetzliche Rache? Ich kann das nur als solches bezeichnen, eine andere Erklärung gibt es für mich bis hierher nicht. Die Frau muss krank sein.“
Michael stand mit den Händen in den Hosentaschen vor dem Waschbecken, abwesend.
Du kannst immer noch jede haben, dachte Röder, als er ihn so betrachtete, du hast dich kaum verändert in all den Jahren, ein wenig reifer, aber sonst. Oft habe ich dich um deine Unabhängigkeit beneidet.
„Bei ihr zu Hause ist dir auch nie etwas aufgefallen, irgendetwas Ungewöhnliches?“
„Nein, alles normal, kleine Wohnung, gemütlich...“, antwortete er langsam. „Du sagst, sie muss krank sein, für mich gibt es dafür keinen Anhaltspunkt, nichts, was auf ein psychisches Fehlverhalten hinweisen würde.“
Während dessen hatte Röder seine Sachen wieder in seiner Tasche verstaut.
„Na gut, lassen wir es erst mal so stehen. Paul ist jetzt in Leipzig. Warten wir ab, was er dort zusammen trägt. Hast du eigentlich mal wieder was von Irene gehört, wie es ihr jetzt geht?“
Wortmann sah ihn erstaunt an.
„Wie kommst du darauf, gerade hier? Schon seltsam, ich musste auch einige Male an sie denken, so ohne Beschäftigung, wie ich jetzt bin.“
Dann schüttelte er den Kopf .
“Ich weiß nichts über sie.“
„Wolfgang, du musst hier nicht untätig sein. Schreibe. Egal worüber, dir wird schon etwas einfallen. Nur lass dich nicht hängen. Kommst du mit den Beamten zurecht?“
„Sicher, sie sind alle korrekt. Eine ist sogar nett, Frau Mücke. Sie hat sogar schon eine ähnliche Andeutung über das Schreiben gemacht wie du.“
„Na also, denk drüber nach!“
Die beiden Freunde verabschiedeten sich. Röder klopfte nach der Wache, Michael blieb gedankenverloren zurück.
***
Eine Zeit lang war alles gut gelaufen, fast. Irenes Gesundheitszustand besserte sich nur sehr langsam. Trotzdem konnte Wortmann sein Studium wie geplant beenden. Seine Diplomarbeit war ausgezeichnet und so wurde er ohne Probleme bei der Leipziger Volkszeitung eingesetzt.
In der ersten Zeit nach dem schrecklichen Unfall musste Irene wieder laufen lernen. Ihr gelang das sehr gut. Sie hatte einen starken Willen. Sie wollte unbedingt wieder ohne Hilfsmittel gehen können. Selbst Wortmann wunderte sich, wie groß ihr eigener Wille war, wie geduldig sie alle therapeutischen Maßnahmen mitgestaltete. Trotzdem, fast eineinhalb Jahre vergingen, bis sie wieder ein normales Leben führen konnte. Was blieb, war ein leichter Gehfehler, den aber kaum jemand bemerkte. Nur diejenigen, die Irene schon vor dem Unfall gekannt hatten, bemerkten ihn. Sie fand sich damit ab, ging wieder arbeiten. Endlich verdienten nun beide Geld.
Wortmann meldete sich für eine Neubauwohnung an. Das Leben in der kleinen, engen Studentenwohnung sollte bald ein Ende haben. Und so war es auch, das junge Paar brauchte nicht sehr lange auf die neue Wohnung zu warten. In der Redaktion war Wortmann sehr beliebt, er hatte sich schnell eingearbeitet. Nach noch nicht mal einem Jahr bei der Zeitung zog das Paar in sein neues Zuhause ein. Für neue Möbel bekamen sie einen kleinen Kredit und vielleicht würden sie auch bald ein Auto haben. Sie würden eine richtige kleine Familie werden. Für ihn, Wortmann, sah die Zukunft gut aus und vielleicht war ja irgendwann auch an einen Umzug nach Berlin zu denken. Schließlich waren die Umstände, die ihn gezwungen hatten in Leipzig zu bleiben, nicht mehr vorhanden.Vorerst aber fehlte ihm nichts.
Noch bevor Irene aus der Klinik entlassen worden war, teilten ihr die Ärzte mit, dass sie keine Kinder mehr bekommen konnte. Ob sie darunter litt, konnte niemand erkennen, auch Wortmann nicht. Beide vermieden es darüber zu reden. Irene war wieder wie früher. War sie das wirklich? Nachts, wenn sie nicht schlafen konnte, weinte sie oft. Leise, er sollte nicht gestört werden, sollte es nicht bemerken. Doch er bemerkte es. Wenn Wortmann versuchte mit ihr darüber zu sprechen, unterbracht sie ihn meist. Darüber gab es nichts zu sagen, es ließ sich ja nicht ändern. Michael dagegen empfand diesen Umstand ihrer Kinderlosigkeit nicht als Belastung. Wenn er in sich hineinhörte, so war da kein Wunsch nach einem Kind. Ihm bereitete seine Arbeit Freude, sie füllte ihn aus. Was wollte er mehr?
Wortmann kam fast immer spät nach Hause. Er war dann müde und abgespannt. So fiel ihm nicht auf, dass in Irene etwas vorging. Sie veränderte
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