Die Frauen des Journalisten (German Edition)
das sehr genau prüfen.“
„Ich bin da ganz deiner Meinung, Robert. Sobald es verbindliche Rechtsgrundlagen gibt, wird man sehen. Hier werden die Entscheidungen getroffen, wir werden nichts verpassen.“
Nach einer kurzen Pause: „Meinst du, dass der Zeitpunkt jetzt günstig wäre für eine Reise nach Leipzig?“
Robert kam zurück zur Couch, blieb aber stehen.
„Warte noch, Vater, auch dafür kommt der richtige Zeitpunkt. Vieles wird sich dort verändern. Vielleicht Ende nächsten Jahres. Jetzt läuft noch alles in den alten eingefahrenen Bahnen einer Diktatur ab. Hab noch Geduld.“
Robert hatte leise gesprochen, fast zärtlich. Der Vater nickte dankbar und zog den Sohn zu sich auf die Couch herunter.
Die deutsche Einheit nahm Gestalt an. Den neuen Bundesländern wurden einfach die Strukturen der der alten BRD übergestülpt. Darunter erstickte langsam was gewesen war. Von heute auf morgen galten andere Gesetze, egal, ob die Menschen sie verstanden oder nicht. Die DDR war der BRD beigetreten. Gleichzeitig breitete sich eine Euphorie bei vielen Menschen aus, die den Verstand auszuschalten schien. Binnen kürzester Zeit verschuldeten sich ganze Bevölkerungsgruppen. Manchmal schien es, als würden die Menschen ihr altes Leben, das ihnen jetzt unwürdig erschien, komplett wegwerfen wollen. Sichtbarer Beweis dafür waren die halbjährlich sich auftürmenden riesigen Sperrmüllberge in den Straßen. Weg mit dem DDR-Müll. Im Gegenzug gab es dann Plastikgeld in Form von Kreditkarten, ungedeckt, erst mal nehmen, bezahlt wird später.
„Robert, wenn ich das sehe, ist mir klar, dass die Verschuldung dieser Menschen in kürzester Zeit das gleiche Niveau des Westens erreicht haben wird. Mit dem wesentlichen Unterschied, dass die Arbeitsplatzsituation hier deutlich anders aussieht.“
„Was lässt du das so an dich heran, Vater. Hättest du keinen so direkten Bezug nach Leipzig, würde es dich eher kalt lassen.“
***
„ Sie haben Besuch , Herr Wortmann. Eine Dame wartet auf Sie.“
Die Justizvollzugsbeamte hatte ihre Augenbrauen bedeutungsvoll hochgezogen und lächelte schelmisch.
„Eine Dame? Wie sieht sie denn aus? Ich kenne keine Dame, die mich besuchen könnte.“, antwortet Wortmann fast wie nebenbei.
„Nun kommen Sie schon, sehen Sie selbst nach.“
Frau Mücke mochte Wortmann und er wusste das, deshalb ließ er sie zappeln. Schließlich stand er langsam auf, sah der Beamten tief in die Augen, deutete auf die Tür.
„Bitte, Sie zuerst.“
Als die Tür zum Besucherraum geöffnete wurde, sah er sofort, wer da auf ihn wartete. Er blieb regungslos in der Tür stehen, nur wenige Sekunden, sein Gesicht ließ keine Regung erkennen. Sie war aufgestanden, wartete bis er zu ihr an den Tisch herüber kam. Dominique Enright sah überwältigend aus. Sie trug ihr Haar ein wenig kürzer und die Haarfarbe war eine Nuance heller, als sie sich zuletzt gesehen hatten. Die Haarfarbe passte wunderbar zu dem blassgrünen Kostüm, das sie trug.
„Ich hatte dir doch gesagt, dass es nicht gut für dich ist, wenn du wieder zurück gehst.“, begann sie, so als führten sie ein eben angefangenes Gespräch fort, das nur kurz unterbrochen worden war.
„Hallo, Dominique, schön dich zu sehen.“
Er hatte ein ironisches Lächeln um seine Mundwinkel.
Nun saßen sie sich gegenüber, einen breiten Tisch zwischen sich und nur ihren Augen konnte man ansehen, wie sie unter der Situation litten.
„Dominique, warum bist du hergekommen? Du kannst nichts für mich tun. Ich weiß bis jetzt selbst nicht, warum ich hier bin und was ich dagegen tun kann.“
„Bekommst du die Hilfe, die nötig ist?“
„Ja, ein Freund vertritt mich, wir sind Schulfreunde und ich vertraue ihm voll.“
„Michael, darf ich mit ihm Kontakt aufnehmen? Ich würde gern irgendwie helfen.“
Michael musste leise lachen.
„Was ist?“
„Du hast zum ersten Mal meinen Namen deutsch ausgesprochen. Dominique, mach dir nicht so viele Gedanken um mich, das hilft mir nicht und dir auch nicht. Wenn du willst, kannst du gern mit Wolfgang Röder sprechen, ich habe nichts dagegen. Er weiß, wer du bist. Ruf ihn einfach an.“
Dominique schrieb sich die Telefonnummer auf, dann hob sie wieder ihr Gesicht und er konnte die Tränen in ihren Augen sehen.
„Nicht Dominique, das ist es nicht wert.“
„Ich weiß, aber dich hier zu sehen....“
Plötzlich fiel ihm ein, wie er ihr und sich helfen konnte.
„Wo wohnst du denn hier?“, fragte
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