Die Frauen des Journalisten (German Edition)
er schroff.
„In einem Hotel im Zentrum, warum?“
„Mein Haus steht leer, du könntest dort wohnen, bis...“, er brach ab.
Ihr Gesicht begann zu strahlen.
„Ja gern, das wäre wunderbar.“
„Na gut, ich unterrichte Röder und er wird dich hinbringen. Wie lange kannst du bleiben?“
„Lass Michael, darüber wollen wir heute nicht sprechen. Alles wird sich finden.“
Sie griff nach seinen Händen, die vor ihm auf dem Tisch lagen.
Er öffnete seine Hände nicht, senkte die Augenlider, seine Armmuskeln spannten sich.
„Du musst jetzt gehen, wir sehen uns bald wieder.“
Danach war er sofort aufgestanden, verließ den Besucherraum ohne sich noch einmal umzudrehen. Dominique hatte ihm nachgesehen und war dann auch gegangen.
Das Taxi brachte Dominique zurück zu ihrem Hotel. Sie wollte jetzt nicht allein sein, weil sie wusste, allein würde sie sich ihrer Traurigkeit hingeben. Das aber wollte sie auf jeden Fall vermeiden. Sie nahm ihr Notizbuch aus der Handtasche und wählte gleich an der Rezeption die Telefonnummer von Röder. Es war inzwischen später Nachmittag und Röder war allein in der Kanzlei.
„Röder.“
„Guten Tag, Herr Röder. Hier ist Dominique Enright, ich würde Sie gern sprechen. Ich wohne zur Zeit im Hotel Adlon und es wäre nett, wenn Sie herkommen könnten.“
Röder konnte zuerst kaum antworten, so unerwartet traf ihn dieser Anruf. Ihm fiel keine vernünftige Antwort ein außer:
„Sie, Sie sind in Berlin, wirklich?“
„Ja wirklich, glauben Sie es nur und überzeugen Sie sich.“, Dominique musste lachen.
„Ich würde in der Lobby auf Sie warten.“
Röder hatte sich gefangen.
„Ja, natürlich, ich werde mich beeilen. In einer halben Stunde kann ich bei Ihnen sein, ist das in Ordnung?“
„Fein, ich freue mich, Sie endlich persönlich kennen zu lernen.“
Seit fast genau einer Woche wohnte Dominique jetzt im Haus von Wortmann. Sie, die New Yorkerin kam sich in dem kleinen Haus und in der kleinen Siedlung vor, als habe man sie in ein kleines künstliches Dorf versetzt. Trotzdem war sie von Anfang an verliebt in das Haus und den kleinen Garten, schließlich erinnerte hier alles an Wortmann. Sie schlief in seinem Bett, benutzte seine Küche und sein Auto, las seine Bücher, hörte seine Musik. Manchmal war ihr abends so, als würde er jeden Moment zur Tür herein kommen und sie begrüßen; ´Guten Abend, Dominique´.
Röder hatte ihr alles über die Verleumdungen und diese Frau erzählt. Zu Hause hatte sie in der deutschen Presse einiges über den Fall Wortmann gelesen. Fast nichts stimmte mit den Schilderungen Röders überein. Es waren Entstellungen gewesen, die einer Vorverurteilung gleich kamen. Davon hatte sie schon drüben nichts geglaubt, die Arbeitsweise von Journalisten war ihr hinreichend bekannt.
Vorerst hatte sie mit Röder nicht darüber gesprochen, ob und wie sie Michael helfen könnte.
Sie wollte sich zuerst ihre eigenes Bild entwickeln lassen. Was ging in einer jungen Frau vor, die einem Mann das antat? Es gelang ihr nicht, sich in die junge Frau hinein zu versetzen. Sie selbst wäre ja niemals zu so etwas fähig gewesen. In ihr reifte der Wunsch die Frau persönlich zu treffen.
Eines Morgens dann setzte sich Dominique in Michaels Auto und fuhr zu dem Haus, in dem Claudia wohnte. Zuerst saß sie eine Weile in ihrem Auto auf der anderen Straßenseite, etwas abseits von dem Haus und betrachtete es. Dann stieg sie aus, ging hinüber bis zur Haustür, sah sich die Namen an der Klingelanlage an. Sie hob ihre Hand fast mechanisch, aber bevor der ausgestreckte Zeigefinger die Klingel berühren konnte, ließ sie die Hand wieder fallen. Als sie sich langsam umdrehte, ging von innen die Tür auf. Dominique stand wie erstarrt. Sie hatte die Geräusche im Haus nicht bemerkt. Ein junger Mann kam heraus, sah sie kurz an und ging dann weiter.
Was soll das, was willst du hier? - fragte sie sich. Schnell stieg sie in ihr Auto und fuhr sofort los. Wenige Minuten später erreichte sie das Seniorenheim in dem Frau Metzler arbeitete. Sie suchte nach einer abgelegenen Parkmöglichkeit und stieg wieder aus. Das Heim lag oberhalb eines kleinen Sees, an dessen Ufer ein breiter Weg zum Spaziergang einlud. Über einen, im weiten Bogen abfallenden Weg, erreichte man die Uferpromenade.
Dominique war auf einen alten Mann zugegangen, der auf einer Bank an der Promenade saß. Nach obenhin abgeschirmt von zwei großen Rosenbüschen, war er zuerst gar nicht zu sehen
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