Die Frauen des Journalisten (German Edition)
nachgehen, dann drehte er sich doch entschlossen um und ging in anderer Richtung weg.
Claudia folgte den Hinweisschildern zu einem Ausgang, von dem aus sie in eine kleine Parkanlage gelangte. Ohne irgendetwas um sich herum zu beachten betrat sie die Grünanlage. Während sie ging, fiel ihr unter einer dicken alten Rotbuche, deren Zweige stellenweise bis auf die Erde reichten, eine Bank auf. Dort ging sie hin und setzte sich. Der Wind bewegte die dunkelroten Blätter, so dass es sich anhörte als fiele ein leiser Regen. Alle anderen Geräusche erschienen dadurch bedeutungslos. Claudia saß einfach nur da, sah den Ameisen zu, die über den Sandweg liefen. Einmal sah es so aus, als wolle sie aufstehen, dann aber legte sie beide Hände vor ihr Gesicht, beugte sich weit zurück und begann hemmungslos zu weinen. Endlich, endlich lösten sich ihre quälenden Gedanken in Tränen auf.
Tage später besuchte Claudia die Freundin wieder. Irene schien sich erholt zu haben, aber sie war trotzdem verändert. Sie sprach wenig, lächelte, wenn Claudia sie etwas fragte.
„Irene, was soll denn nun werden? Wie lange musst du noch hier bleiben?“
„Ich weiß es nicht.“
„Du kannst mich doch nicht ganz allein lassen!“
Irene lächelte wieder nur. Später versuchte Claudia mit einem Arzt zu sprechen, aber es gelang ihr nicht. Sie sei keine Angehörige, ihre Freundin bekäme in der Klinik eine fachgerechte Betreuung.
***
Die beiden Frauen entfernten sich in Richtung Hauptbahnhof vom Hotel, und durch den Fußgängertunnel gelangten sie in das Zentrum.
Nach wenigen Schritten fragte Frau Marelli: „Leben Sie auch in Deutschland und wie haben Sie Wortmann kennen gelernt?“
„Ich werde Ihnen alles erzählen, aber zuerst das; vermutlich wissen Sie nicht, dass Wortmann in Untersuchungshaft ist.“
Fast erschrocken antwortete Elena: „Nein, natürlich nicht. Warum?“
„Das ist ja der Grund, weshalb ich hier bin und warum ich Frau Wortmann, oh bitte entschuldigen Sie, Frau Voigt sprechen wollte. Es hat mit einer Bekannten von ihr zu tun.“
Während die beiden Frauen an einer gepflegten Grünanlage entlang Richtung Opernhaus gingen, berichtete Dominique davon, wie sie Wortmann kennengelernt hatte und warum er inzwischen in einer JVA saß. Hinter dem Gewandhaus betraten sie wenig später einen Park. Duftende Jasmin- und Holunderbüsche standen hier unter alten Bäumen. Rosen begannen auf einigen Beeten zu blühen. Neben einer ruhigen Straße standen Bänke, vor neugierigen Blicke geschützt, zwischen den Büschen. Auf einer dieser Bänke ließen sich die beiden Frauen nieder.
„Das ist alles bestimmt sehr unangenehm für diesen Michael Wortmann.“, erwiderte Elena nachdenklich, als Dominique ihren Bericht beendet hatte.
„Und ich verstehe, warum sie ihm helfen möchten. Sie können mir glauben, dass Irene damit nichts zu tun hat, aber sie wird Ihnen bestimmt helfen die Angelegenheit aufzuklären, wenn ich ihr erzähle, wohin er durch diese Claudia gekommen ist. In den vielen Wochen, in denen ich sie hier begleitet habe, sind wir uns sehr nahe gekommen.“
„Erst in den letzten Tagen bin ich bei meinen Recherchen darauf gestoßen, dass die Polizei Frau Voigt damals völlig verwirrt von einem fremden Grundstück geholt hatte. Dann verlor sich ihre Spur. Ich freue mich sehr, dass es ihr inzwischen wieder gut geht. Ist sie nun völlig geheilt?“
„Genau genommen ist sie immer noch krank, nur mit Medikamenten kann sie ein annähernd normales Leben führen. Darauf sind wir alle eingestellt und für sie ist es wichtig, dass sie nicht mehr allein ist.“
Nach einer kurzen Pause fügte sie noch lächelnd hinzu: „Anders als Herr Wortmann, verdanke ich Irene sehr viel.“
„Wie meinen Sie das?“
Lachend: „Das ist auch eine lange Geschichte, aber eine, die glücklich endet.“
Dominique sah sie fragend an.
„Warum soll ich Ihnen die Geschichte, meine Geschichte, eigentlich nicht erzählen? Sie wissen ja schon soviel über uns.“ Und nach einer Pause begann sie verhalten: „Es ist eine deutsche Nachkriegsgeschichte.“
Die Zeit war vergangen, ohne dass die beiden Frauen darauf geachtet hatten. Dominique wusste nun, wie Elena und Hermann Voigt ein Paar geworden waren und wie es Irene in den Jahren nach der Wiedervereinigung ergangen war.
„So gibt es also auch Schönes zu berichten. Am Schlimmsten hat es wohl Frau Voigt getroffen.“ Sie hatte sehr leise gesprochen, wie zu sich selbst.
„Ich
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