Die Frauen, die er kannte: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)
auf das Haus, schob den Sitz so weit wie möglich nach hinten und setzte sich zurecht. Plötzlich fiel ihm auf, dass er an diesem Morgen noch keinen Gedanken an Alkohol verschwendet hatte. Ein gutes Gefühl, das er feierlich mit einem Schluck Wasser aus der Flasche begoss.
Eine Viertelstunde später verließ Valdemar im Anzug das Haus und entfernte sich eilig. Vermutlich war er auf dem Weg zur Arbeit. Soweit Trolle es bisher beobachtet hatte, trug er bei der Arbeit immer einen Anzug, und seine schnellen Schritte deuteten darauf hin, dass er spät dran war. Er ging zum Fältöversten und verschwand bald darauf aus Trolles Blickfeld. Normalerweise wäre Trolle ausgestiegen und ihm gefolgt, aber jetzt war er nicht mehr hier, um etwas über Valdemar herauszufinden, sondern um die Frau im dritten Stock zu beschützen. Sie, die inzwischen vermutlich allein zu Hause war. Er würde dafür sorgen, dass das auch weiterhin so blieb. Sebastian hatte gesagt, sie würde Stockholm bald verlassen. Und es lag in Trolles Verantwortung, dass sie auch wirklich fahren konnte. Trolle beäugte die anderen parkenden Autos, suchte nach einer Bewegung. Konnte keine entdecken. Noch immer war alles ruhig. Er nahm sein Handy.
A nna Eriksson holte ihren Koffer aus dem Schrank. Sie hatte die ganze Nacht wach gelegen. An Schlaf war nicht zu denken gewesen. Die Situation war so absurd, dass sie nicht mehr wusste, was sie glauben sollte. Aber sie war sich sicher, dass Sebastian die Wahrheit gesagt hatte: Sie war in Gefahr. Noch hatte sie kein klares Bild von der Situation, aber dass die Lage ernst war, hatte sie sehr genau verstanden. Das hatte ihr Sebastians bleiches, flehendes Gesicht verraten und später auch der kurze Bericht ihrer Tochter über die Morde.
Anna hatte Vanja direkt angerufen, nachdem Sebastian gegangen war, weil sie ihre Zweifel daran hatte, dass Sebastians Bericht wirklich der Wahrheit entsprach. Es hätte ja auch sein können, dass er sie aus persönlichen Gründen loswerden wollte.
Vanja hatte gestresst gewirkt und nur kurz mit ihr sprechen können. Anna tat so, als beunruhigte sie das, was sie in der Zeitung gelesen hatte, und versuchte, so viel wie möglich aus Vanja herauszubekommen, ohne ihr eigentliches Anliegen zu verraten. Das gelang ihr nicht sonderlich gut, denn Vanja nahm das Dienstgeheimnis und die Fähigkeit, Privates und Berufliches zu trennen, sehr ernst.
Das Wenige, was Anna erfuhr, machte ihr jedoch Angst.
Ja, Sebastian arbeitete wieder bei der Reichsmordkommission.
Und ja, der Fall hatte etwas mit ihm zu tun, auf eine sehr ernste Weise.
Vanja war einsilbig gewesen, und Anna konnte nicht weiter nachhaken, ohne dass es einen merkwürdigen Eindruck gemacht hätte. Doch schon eine kurze Bemerkung hatte ihr verraten, dass Sebastians Bericht der Wahrheit entsprach.
«Ich begreife nicht, warum er überhaupt noch an diesem Fall mitarbeiten darf!»
«Warum? Solange er nicht selbst in den Fall verwickelt ist?»
«Aber das ist es ja gerade! Er ist es! Ich kann nur nicht erzählen, wie. Du würdest mir das ohnehin nicht glauben … Niemand würde es glauben.»
Also stimmte es. Anna versuchte das Gespräch zu beenden, ohne sich ihre plötzliche Panik anmerken zu lassen.
«Niemand würde es glauben.»
Sie glaubte es.
Sie wusste es sogar.
Anna hatte sofort ihre Mutter angerufen. Ihr eine Geschichte aufgetischt. Ihre Mutter war verwundert gewesen, hatte sich aber darüber gefreut, dass Anna kommen wollte.
Dann die Arbeit. Dort hatte sie erzählt, dass sie gerne ein bisschen Urlaub nehmen würde. Familiäre Umstände vorgeschoben. Es funktionierte. Sie war eine geschätzte Mitarbeiterin, und man machte sich eher Sorgen um sie, als ihren Urlaub in Frage zu stellen.
Sie beruhigte die Kollegen. Sie musste nur eine Angelegenheit mit ihrer alten Mutter regeln, aber das konnte eben ein Weilchen dauern.
Anschließend hatte sie zu packen begonnen. Kleidung für eine Woche zusammengesucht. Valdemar angerufen und ihn gebeten, früher nach Hause zu kommen. Sie wollte nicht allein sein. Sie sagte, dass es ihrer Mutter nicht so gut ginge und sie vorhätte, eine Zeitlang zu ihr zu fahren. Valdemar schlug vor, sie zu begleiten, aber sie lehnte ab. Es war ja ihre Mutter, und sie hatten sich schon so lange nicht mehr gesehen. Es war auch nichts Ernstes. Ein guter Anlass, einmal von der Arbeit wegzukommen und sie zu besuchen … Er kaufte ihr die Lüge ab. Schien überhaupt nichts zu bemerken.
Wahrscheinlich lag es daran,
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