Die Frauen, die er kannte: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)
andere Gedanken.
Nach einigen Minuten kam sie zurück. Sie hatte sich sein Hemd überzogen, ohne es zuzuknöpfen. Ihr rotes Haar leuchtete, und sie sah aus wie eine Frau aus einem französischen Film. Feminin und unwiderstehlich. Fast kam es ihm so vor, als hätten sie den gleichen Film gesehen. Sie setzte sich aufs Bett, zog die Beine an und sah ihn an.
«Das ist ja eine riesige Wohnung.»
«Ich weiß.»
«Warum benutzt du sie nicht?»
«Deinetwegen.»
Ihre Augen leuchteten auf wie die eines Kindes an Heiligabend.
«Wirklich?»
«Nein, aber du hörst ja sowieso nicht auf mich, egal was ich sage.»
Sie boxte ihn spielerisch in die Seite und ignorierte seine Boshaftigkeit. Wie immer. Das schien keinerlei Wirkung auf sie zu haben.
«Wir werden hier schon Ordnung reinbringen, das verspreche ich.»
« Wir werden hier gar nichts reinbringen. Meinetwegen kannst du ein paar Tage hier wohnen bleiben. Aber dann musst du wieder umziehen.»
«Natürlich. Wir lassen das alles ruhig angehen. Und wenn du mich nicht hierhaben willst, fahre ich sofort wieder.» Sie setzte sich rittlings auf ihn und küsste ihn auf den Mund.
Sie musste denselben Film gesehen haben.
«Das ist gut. Ich möchte nämlich nicht, dass du hier wohnst.»
Sie lächelte über seinen Versuch und hörte schon wieder nicht richtig zu. «Aber warum denn nicht? Du machst dir doch Sorgen um mich. Wenn ich hier bin, hast du mich im Blick. Außerdem brauchst du mich.»
«Ich brauche niemanden.»
«Nun lüg doch nicht, Liebling. Du brauchst jemanden. Das sieht man dir schon von weitem an.»
Er wusste nicht, was er noch antworten sollte. Sie hatte recht. Er brauchte jemanden, aber wohl kaum sie. Sie auf gar keinen Fall. Ohne seine Antwort abzuwarten, ging Ellinor in die Küche und kochte für sie beide Kaffee. Er blieb im Bett liegen und lauschte den Geräuschen, die sie machte. Als sie in seiner Küche nach dem Kaffee suchte, pfiff sie vor sich hin.
Das hatte noch nie jemand getan.
Aber das war noch lange nicht das Schlimmste.
Das Schlimmste war, dass es ihm gefiel.
E dward Hinde möchte mit dir sprechen.»
Annika steckte ihren Kopf zu Haraldssons Tür hinein. Er saß in einem der beiden Besuchersessel und sah von der Mappe auf, in der er gerade gelesen hatte. «Lövhaga 2014, Visionen und Ziele» stand auf der Vorderseite. Haraldsson hatte gerade mal die ersten zwei Seiten des dreißig Seiten umfassenden Dokuments gelesen. Vor ihm auf dem Tisch lag ein Collegeblock, auf dem er die Formulierungen notierte, die er nicht verstand, oder die Abschnitte, über die er sich noch mehr Hintergrundwissen und Information zulegen musste. Er hatte schon fast eine halbe DIN-A4-Seite vollgeschrieben. Im Prinzip war ihm ein Viertel des Textes unbegreiflich. Deshalb war er unerhört froh über die Gelegenheit, seine Notizen beiseitezulegen und sich wichtigeren Dingen zuzuwenden.
«Wirklich?»
«Ja, einer der Aufseher hat gerade angerufen. So schnell wie möglich.»
«Dann gehe ich sofort los.»
Haraldsson sprang aus seinem Sessel auf und verließ das Zimmer. Endlich. Er hatte schon oft wieder zu Hinde gehen wollen. Auf einen spontanen Besuch. Doch es war ein schwieriger Balanceakt, denn er durfte weder übereifrig wirken, noch den Kontakt zu Hinde verlieren. Jetzt hatte Hinde den ersten Schritt gemacht. Die Initiative ergriffen. Das verhieß Gutes. Haraldsson hatte wirklich auf ein baldiges Treffen gehofft, denn er konnte den Besuchsantrag von der Reichsmordkommission nicht länger hinauszögern. Er war wohl oder übel gezwungen, ihnen ihr Plauderstündchen zu genehmigen. Aber Haraldsson wollte die Chance haben, als Erster dranzukommen. Die Nuss zu knacken. Was für eine Vorstellung, wenn Hinde ihm etwas Entscheidendes mitteilen würde! Wenn er morgen nicht nur seinen Hochzeitstag feiern könnte, sondern auch in der Zeitung lesen, dass der Serienmörder, der Stockholm in Angst und Schrecken versetzt hatte, nun dingfest gemacht worden war. Dass unbestätigten Angaben zufolge von der Gefängnisdirektion der entscheidende Hinweis gekommen war. Im Idealfall würde er sogar namentlich erwähnt. Gestern war Expressen auf die Verbindung zwischen Edward Hinde und den neuen Morden gestoßen. Sie hatten zwar nichts darüber geschrieben, dass Hinde involviert war, doch anscheinend war die ähnliche Vorgehensweise gegen die Opfer an die Öffentlichkeit gesickert. Der Aspekt des Nachahmungstäters wurde heute überall ausgebreitet, das hatte Haraldsson im Internet
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