Die Frauen, die er kannte: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)
Handschuhe …
Seine Gedanken wurden vom Klingeln seines Handys unterbrochen. Es war der Koch, der gerade bei ihnen zu Hause angekommen war. Wo sie denn stecken würden? Haraldsson seufzte, das hatte er völlig vergessen. Er erklärte, dass eine Notsituation eingetreten sei und sie das kulinarische Erlebnis dieses Abends deshalb leider verpassen müssten. Verständlicherweise war der Koch wütend. Haraldsson müsse die volle Summe zahlen. Das Essen, den Wein, die Reise und die Arbeitszeit. Nur dass er es wisse! Haraldsson protestierte nicht, bat um Entschuldigung und legte auf.
«Wer war das?», fragte Jenny.
«Das war ein Koch, der heute Abend bei uns zu Hause für uns kochen sollte.» Es war schön, ausnahmsweise mal die Wahrheit sagen zu können. Nicht vorher nachdenken und sich anpassen zu müssen.
«Hattest du das organisiert?»
«Ja, aber irgendwie hat heute nichts so geklappt, wie ich es geplant hatte. Es tut mir sehr leid.»
«Aber es ist doch nicht deine Schuld!»
«Nein, aber trotzdem …»
«Du bist der Beste.»
Sie beugte sich zu ihm hinüber und küsste ihn auf die Wange. Er lächelte, aber in Gedanken war er schon längst wieder beim Wesentlichen.
Ja, die Flasche und das Glas würde er überstehen. Aber was würde passieren, wenn sie die Zelle durchsuchten und das Foto von Jenny fanden? Wie sollte er das erklären? Er hoffte fast, dass Hinde es mitgenommen hatte. Aber wenn man Hinde fangen würde, falls man Hinde fangen würde, und ein Foto von der Frau des Gefängnisleiters bei ihm fände … Dann musste er ganz einfach überrascht tun. Sich selbst wundern, wie um alles in der Welt Hinde da drangekommen sei. Es würde ein Mysterium bleiben …
Victor Bäckman erwartete sie auf dem Parkplatz, als sie ankamen. Er warf einen fragenden Blick auf Jenny, aber Haraldsson erklärte nur, dass sie heute ihren Hochzeitstag hätten und wenigstens ein bisschen Zeit miteinander verbringen wollten. Victor kaufte es ihm ab. Er hatte gerade wichtigere Sachen im Kopf. Sie gingen gemeinsam zum Gebäude.
«Wir haben seine Zelle durchsucht und eine Flasche Brechmittel und ein Rote-Beete-Glas gefunden. Beide leer.»
«Wie ist er denn da drangekommen?», fragte Haraldsson so unverfänglich wie möglich.
«Ralph muss sie ihm gegeben haben.»
«Ja, so muss es wohl gewesen sein», erwiderte Haraldsson erleichtert.
«Aber das ist nicht das Schlimmste.» Victor sah äußerst bekümmert aus. «Wir haben auch ein Modem gefunden.»
«Was bedeutet das?»
«Er hatte uneingeschränkten Kontakt zur Außenwelt. Wir durchsuchen gerade seinen Computer, um zu sehen, ob wir etwas über die Flucht finden. Allerdings ist er mit einem Passwort geschützt, es kann also eine Weile dauern.»
Haraldsson hörte kaum mehr hin. Kontakt zur Außenwelt. Das würde sicher einiges erklären, wenn es darauf ankam. Victors Verantwortungsbereich, nicht seiner. Es sah ganz so aus, als würde die Sache glimpflich ablaufen. Er wagte es nicht, nach dem Foto zu fragen. Vermutlich hatten sie es nicht gefunden, sonst hätte Victor bestimmt davon erzählt.
Plötzlich fiel ihm auf, dass der Sicherheitschef stehen geblieben war und ihn auffordernd ansah.
«Was?»
«Die Klinik hat den Krankenwagen immer noch nicht geortet, habe ich gesagt. Was sollen wir machen?»
«Wir kontaktieren die Polizei und sagen, dass wir einen möglichen Fluchtversuch zu melden haben.» Haraldsson spürte, wie sicher er klang, als er das Kommando übernahm. Keine weiteren Fehler. Victor nickte, und sie gingen gemeinsam in den Bürotrakt.
Es dauerte nicht lange, bis aufgeweckte Journalisten, die ohnehin schon an Lövhaga interessiert waren, mitbekommen hatten, dass jemand ausgebrochen war. Manchmal war die Polizei undicht wie ein Sieb. Auch der Zusammenhang zu dem verschwundenen Krankenwagen war schnell hergestellt, und schon war der Zirkus im Gange. Haraldsson war eine Weile nicht erreichbar, begriff dann aber, dass es wohl doch gut wäre, wenn sie mit ihm sprechen konnten, damit er die Kontrolle über das, was gesagt wurde, behielt. Er gab Anweisung, dass die Presse grundsätzlich an ihn verwiesen werden sollte. Es war, als hätte er ein paar Schleusentore geöffnet.
Die Telefone klingelten ununterbrochen, und Annika stellte einen Anrufer nach dem anderen durch.
Zahllose Gespräche.
Immer dieselbe Antwort.
Ja, er konnte bestätigen, dass ein Krankenwagen, der einen Patienten in Lövhaga abgeholt hatte, vermisst wurde.
Ja, vieles sprach dafür, dass es sich
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