Die Frauen von Bramble House
der ist ein ganz andrer Typ.«
»Oh-oh! Ein ganz andrer Typ als was? Heh?« Es war wieder die Frau, die zum Angriff überging, das Muttertier, das das männliche Junge im Wurf verteidigt. Und sie fuhr halb aus ihrem Stuhl hoch. »Sie sind lieber vorsichtig mit dem, was Sie behaupten.«
Lizzie schluckte. »Schön, was ich meinte war, daß Charlie ein gesetzter, ruhiger Junge ist, der nie hinter den Mädchen hergewesen ist.«
»Eben! Vielleicht weil er gleich das Passende nebenan hatte.«
»Halten Sie Ihren Mund!«
Sämtliche Augen im Raum waren jetzt auf Peggy gerichtet. Sie saß kerzengerade auf der Stuhlkante. »Charlie Conway ist wirklich was andres als Ihr Sohn. Und es war Ihr Sohn, Andrew … der … der, also er ist der Vater. Ich habe nie was mit irgendeinem andern Jungen gehabt. Und ich bin nie mit einem Jungen gegangen, bis ich ihn beim Schulfest letzte Weihnachten getroffen habe. Und seit damals … also, er ist hinter mir hergewesen. Er ist in meine Schule gekommen und war immer wieder auf dem Heimweg hinter mir her.«
»Das stimmt, Ma. Ich hab ihn gesehn, ich meine, gesehn, wie er am Schultor gewartet hat, und einmal hab ich ihn quer übers Feld laufen sehen zu …« Es war Minn, die sich nun eingeschaltet hatte.
»Du hältst jetzt gefälligst deinen Mund, Minn!«
»Warum sollte ich? Bloß weil er für euch euer supergescheiter Junge ist? Der kann doch gar nichts Schlimmes machen, nicht wahr? Aber ich …«
»Sei still, Minn!« jetzt redete ihr Vater zu dem Mädchen. Und sie sah ihn an, und ihre Lider zuckten, als kämpfe sie gegen Tränen an; aber in ihrer Stimme war davon nichts zu merken: »Ihr wißt, daß ich die Wahrheit sage. Immer war es nur ›unser Andrew, unser Andrew, unser Andrew‹ … Unser Andrew geht auf die Grammar School … Unser Andrew wurde für dies und das ausgewählt …«
Als die Frau auf ihrem Stuhl herumfuhr, rief ihr Mann: »Das reicht! Das reicht wirklich! Außerdem hat sie recht. Sie hat eigentlich immer recht, müssen Sie wissen.« Er grinste jetzt und blickte Lizzie direkt an. »Familien, Familien … Also, besser wäre es, wenn wir jetzt den Jungen holen, damit er dazu Stellung nimmt, wie?« Er sah über die Schulter wieder zu seiner Tochter zurück. »Geh und hol ihn her. Bestimmt ist er im Schuppen und bastelt an seinem Rad rum.«
»Ich wette, dort ist er nicht. Wetten, der ist abgezischt?« warf Minn ein.
Eine Bewegung Ihrer Mutter veranlaßte das Mädchen, aus der Küche zu rennen. Und der Vater lehnte sich auf dem Stuhl zurück, kreuzte die Arme über der Brust und sagte: »Was für ein Schlamassel. Es hat alles so ausgesehn, als ob er es weit bringen könnte, wissen Sie. Und er hätte es auch geschafft, bestimmt. Er ist gescheit. O doch, gescheit, das ist er. Gut mit Zahlen und künstlerisch begabt. Ich hab ihn schon als Konstruktionszeichner gesehen, oder als Buchhalter. Die sind die Kerle, die das gute Geld machen, die Buchhalter. Aber wenn er jetzt ’ne Blage auf dem Hals hat, also, dann sieht die Sache ganz anders aus, was? Er wird nicht mehr auf der Schule bleiben können.«
»Er bleibt!« fuhr seine Frau dazwischen. Und mit trotzigem Mund wiederholte sie: »Er bleibt!«
»Und wer kommt für das Kind auf, heh?«
»Was ist bloß mit deinem Kopf los, Mann? Wieso glaubst du denn schon, daß es von ihm ist?«
»Also, was meinst denn du?«
»Warum soll er überhaupt für ein Kind sorgen? Die da haben Geld!« Sie blickte nun Lizzie direkt an. »Euch gehört doch ›Funnell’s Garage und Autosalon‹, oder etwa nicht? Gleich am Marktplatz. Also braucht ihr ja nicht grad jeden Penny umzudrehn.«
»Das ist im Moment ohne Bedeutung.« Lizzies Stimme klang steif und förmlich. »Was allerdings wichtig ist, und zwar sehr, ist dies: Meine Tochter bekommt kein uneheliches Kind. Die beiden müssen heiraten.«
Der Mann und die Frau schauten einander an, als hätte sie der Blitz getroffen. Und anscheinend war es wirklich ein Schock, denn Mrs. Jones beugte sich jetzt ein wenig über den Tisch zu Lizzie herüber und sagte: »Aber er ist doch erst siebzehn, er ist doch noch viel zu jung, um eine solche Verantwortung zu tragen.«
Und diesmal schlug Lizzie wirklich ein wie der Blitz. Ihre Hand fuhr durch die Luft, wie um Peggy mit einzubeziehen. »Und meine Tochter ist gleichfalls zu jung, um die Verantwortung für ein vaterloses Kind zu übernehmen und für den Makel, den dieses Kind dann sein ganzes Leben lang zu tragen haben wird, ganz zu schweigen davon, wie
Weitere Kostenlose Bücher